André Heller über Afrika! Afrika! in Regensburg, neue Ideen und alte Gedanken
- Details
- Kategorie: Kultur & Szene
- | filterVERLAG
André Heller wurde 1947 in Wien geboren. Er zählt zu den einflussreichsten und erfolgreichsten Multimediakünstlern der Welt. Bekannt ist der 67-Jährige vor allem für seine weltbekannte Show "Afrika! Afrika!". Mit dieser kehrt er nun auch zurück auf die Bühnen.
André Hellers Verwirklichungen umfassen Gartenkunstwerke, Museumsbauten, Wunderkammern, Bücher und Dichtungen, Schauspiel und Prozessionen ebenso wie die Erneuerung von Zirkus und Varieté oder Millionen verkaufter Schallplatten als Chansonnier eigener Lieder. Aber auch große fliegende und schwimmende Skulpturen, den avantgardistischen Vergnügungspark Luna Luna, Filme, Feuerspektakel und Labyrinthe sowie Theaterstücke und Shows, die vom Broadway bis zum Wiener Burgtheater, von Südamerika bis in die Mongolei ihr Publikum fanden. Der heute 67jährige André Heller lebt in Wien, der Lombardei, in Marokko und auf Reisen.
Von Afrika! Afrika! können Sie offenbar nicht die Finger lassen...
Ich hatte mit dem Thema eigentlich schon seit Jahren abgeschlossen und ihm einen Ehrenplatz in den Depots meiner Erinnerung geschaffen. Anfang 2011 erreichte mich dann ein Schreiben meines Freundes Georges Momboye, der bei den bisherigen Produktionen von Afrika! Afrika! als Chef-Choreograf wirkte. Er schrieb mir sinngemäß: "Bitte tu etwas. Die wunderbaren Künstler benötigen, neben dem sicheren Einkommen, wieder dringend jene Art von Anerkennung, die ihnen durch die hohe Qualität der Afrika!Afrika!-Produktion tagtäglich zukam." Und so tat ich was. Ich habe auf meinen Reisen in fast alle afrikanischen Länder viele neue eindrucksvolle Talente entdeckt, die den Westen erstaunen werden. Mit geholfen hat auch Youssou'N'dour. Der erfolgreichste und einflussreichste afrikanische Musiker hat sofort die Sinnhaftigkeit unseres Projekts erkannt. Seit April 2012 ist der Sänger auch Minister für Fremdenverkehr und Freizeit der Republik Senegal.
Sie haben Afrika! Afrika! nochmal komplett neu inszeniert. Was hat sich verändert?
Es ist ein sagenhaftes Theaterereignis mit einem Bühnenbild aus LED. Das ist eine völlig neue, technisch Innovation, die Beyonce für sich entwickeln ließ und uns freundlicherweise zugänglich machte. So kann ich hinter den Künstlern Welten entstehen lassen oder Stürze durch Träume, die es so auf einer Bühne noch nie gegeben hat.
Und sie haben noch mehr, noch bessere Künstler dabei...
Es ist eine völlig neue Generation, die ihr Können zeigt. Die haben sich 80-90 Prozent der Sachen selbst beigebracht durch Anregungen, die sie via Youtube von alten Afrika! Afrika!-Sequenzen aufgeschnappt haben. Auf dem schwarzen Kontinent selbst ist unsere Show längst ein Mythos. Es haben sich dort tausende junge Leute überlegt, dass das für sie Arbeitswelt und Sprungbrett sein könnte. Neben dem Effekt, dass es sich bei Afrika! Afrika! um eine sehr intensiv energetische Show handelt, hat es inzwischen eine nicht unbedeutende politische und soziale Dimension.
Wie kommt man als Multimedialer Künstler dazu, so eine Show wie Afrika!Afrika! zu entwickeln ? Ich kam 1968 zum ersten Mal nach Kenia und Tansania. Ab 1972 war ich jedes Jahr in Afrika. Mittlerweile habe ich mir in Marokko eine eigene kleine Welt geschaffen, in der ich den Großteil meiner Zeit verbringe. Wie überall auf der Welt gibt es dort unheimlich viele junge Menschen, die mit ihren künstlerischen Talenten stattfinden wollen. Doch es gab noch keine Plattformen dafür. Ich war in den frühen 80er Jahren auch der erste, der chinesische Artisten in den Westen brachte. Heute touren davon etwa hunderte Truppen weltweit. Und so gibt es mittlerweile auch gut ein Dutzend afrikanische Shows, die es vor Afrika!Afrika! nie gab. Es war sozusagen eine Anstoßförderung. Ich wollte zeigen, dass es dort eine unheimliche Vielfalt, Exzentrik und Traumbesessenheit gibt, die einer Leistung einer Anna Netrebko oder eines Robbie Williams in nichts nachsteht. Man muss denen die gleiche Qualitätsumgebung schaffen, wie man es den Rolling Stones oder Lady Gaga bereitet. Das war und ist mein Bestreben.
Immerhin ist Afrika! Afrika! mit gut vier Millionen Besuchern einer der größten Erfolge im internationalen Show-Business der letzten 20 Jahre...
Ich habe viele Dinge in meinem Leben getan, an den unterschiedlichsten Orten dieser merkwürdigen Welt. Aber ich habe selten etwas erlebt, dass so eine Wirkung auf das Publikum hat wie Afrika!Afrika! Die FAZ schrieb einmal, "dass der Besuch vom Arzt verschrieben werden sollte, um Menschen aller Orten glücklich zu machen". Im April endet diese letzte Tour. Dann wird es Afrika!Afrika! in Europa nie wieder geben. Wer es jetzt nicht sieht, wird es nie wieder sehen.
Außer er fährt nach Afrika selbst....
Das ist noch ein großer Wunsch von mir. Wir stehen in Verhandlungen für ein riesengroßes Open Air in Afrika. Da werden mit Sicherheit 200-300.000 Menschen kommen. Das wäre ein unvergessliches Projekt für alle Beteiligten.
Aber es gibt auch noch ein Leben abseits von Afrika! Afrika! ...
Seit 20 Jahren beschäftige ich mich vor allem mit Gärten- und Museumsbauten. Inszenierte Landschaften, die sehr erfolgreich sind. Ich baue gerade in den Vereinigten Arabischen Emiraten eine ganze Garten-Insel. Auch die Swarowski-Kristallwelten in Österreich oder der Paradies-Garten am Gardasee waren mein Werk. Inszenierungen in der Natur entstehen zu lassen, die Menschen als Tankstelle für Energie dienen, sind die Dinge, die mich am meisten beschäftigen. Auf acht Hektar am Fuße des Atlasgebirges mache ich in Marokko seit vier Jahren nichts anderes. Außerhalb von Marrakesch entsteht dort eine ganze Welt von Schönheit und Sinnlichkeit. Es ist ein weiterer Versuch, in einer Welt, in der sich alle fürchten und jeder überfordert ist, Orte zum Auszittern zu schaffen.
Sie sind ja nicht mehr der Jüngste. Kommt da genug kreativer Nachwuchs nach oder werden junge Menschen da heute zu leicht als "Spinner" abgetan und mit Ritalin gefüttert?
Ich glaube nicht, dass man Kreativität lernen kann. Man kommt auf die Welt und hat eine bestimmte Begabung oder den Sinn für Dinge.Was man lernen kann, ist konsequent zu sein in der Entwicklung dieser Begabung. Die darf natürlich nicht im Keim erstickt werden. Ich glaube, dass wir als Entwürfe zum Menschen geboren werden und wir uns dann ein Leben lang bemühen müssen, aus diesem Entwurf einen gelungenen Menschen zu machen. Das ist doch das Hauptprojekt. Mich interessiert nicht, ein Künstler zu sein, sondern mich interessiert es, mir und der Welt auf den Grund zu gehen. Das hat mir auch niemand beigebracht. Das war offenbar eine tiefe Sehnsucht meiner Seele, dies alles zu tun. Und solche Leute wird es zum Glück immer wieder geben. Die machen vielleicht nicht genau das, was ich mache. Aber man erkennt schon in deren Bemühen, dass sie versuchen, eine bestimmte Qualität und Verfeinerung in die Welt zu bringen. Im Grunde genommen möbliere ich mir die Welt aus Versatzstücken von dem, wonach ich ein tiefes Bedürfnis habe.
Es gibt kaum etwas, was Sie künstlerisch noch nicht gemacht haben in Ihrem Leben. Was würde Sie noch reizen? Was fehlt noch in Ihrem Lebens-Mosaik?
Man ist hier, um sich lernend zu verwandeln. Es fehlen einfach die noch weißen Flecken auf der eigenen Landkarte des Wissens. Ich bin immer bereit für neue Expeditionen. So wollen wir beispielsweise in Marokko auch ein Zentrum für alternative Medizin aus unterschiedlichsten Kulturen entstehen lassen. Das hat vielleicht weniger mit Kunst zu tun, aber mit dem Expeditionsgedanken "Gehe dorthin, wo Du noch nicht warst".
Afrika! Afrika! macht auf der Abschieds-Tournee am 18. und 19. Februar Station in Regensburg. Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Infos und Tickets auch unter www.afrikaafrika.de.