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Fünf Jahren stand Howard Carpendale nicht auf der Bühne, bevor es ihn im März wieder juckte. Eine lange Zeit für einen heute 68-jährigen Entertainer wie ihn ? und für seine Fans. Doch das Warten hat demnächst auch in Regensburg ein Ende. Der charmante Südafrikaner ohne Starallüren, der "immer einen Kaugummi im Mund hat, selbst beim Singen", exklusiv über sein Leben, die Musik, das Gastspiel am 20. Juli im Schloss St. Emmeram und natürlich auch die Fußball WM.

Gerade läuft die WM in Brasilien. Die letzte fand in Ihrer Heimat Südafrika statt. Der größte Fußball-Fan sind Sie wohl eher nicht...

Howard Carpendale: Das stimmt. Mich nervt, dass sich in Deutschland sportlich alles nur auf Fußball konzentriert. In England, Südafrika und den USA begeistern sich die Menschen genauso für Rugby, Football, Cricket und andere Sportarten. Aber hier gibt es erst einmal Fußball und dann kommt lange nichts.

Und dabei wären Sie selbst beinahe Sportprofi geworden und kein Sänger...

Bis zum Alter von zehn Jahren war ich ein übergewichtiger Junge, den viele Mitschüler gehänselt haben. Ich war lange, lange Zeit unglücklich in der Schule in Durban. Und dann machte ich plötzlich einen Schub. Mit zwölf Jahren war ich 1,85 Meter groß und kräftig. Sie haben mir das Rugby-Ei in die Hand gedrückt und ich bin einfach durch die gegnerischen Reihen marschiert und hab´ das Goal gemacht. Später habe ich es mal mit Kugelstoßen probiert. Aus reiner Neugierde, um zu sehen, ob ich den fünf Jahre alten Schulrekord knacken kann. Das hat nicht lange gedauert. In südafrikanischen Schulen wird man eh ganz anders im Sport gefördert als in Deutschland.

Wie läuft das dort?


Haben Sie damals ähnlich Zuspruch und Applaus gesucht wie später auf der Bühne?

Ja, vielleicht war es die Herausforderung, die mich damals gereizt hat. Und Bstätigung für das, was man tut.

Sie waren jetzt sechs Wochen am Stück auf Tour.  Wie hält man sich mit 68 Jahren für so etwas fit?  Hilft Ihnen dabei die Sport-Vergangenheit?

Ich fing bereits drei Monate vorher an, mithilfe eines ausgearbeiteten Fitness-Programms sehr intensiv zu trainieren. Wir hatten sogar ein Trainingsgerät dabei, das mich von Stadt zu Stadt begleitet hat. Aber zweieinhalb Stunden Bühnenshow jeden Abend sind Fitness genug.

Und dabei wollten Sie einmal sogar Cricket-Profi werden...

Mein Mannschaftskapitän im letzten Schuljahr war ein junger Mann namens Barry Richards (Foto) und wir haben gemeinsam den Plan gefasst, es als Profis zu versuchen. In Südarfika haben wir damals keine große Zukunft gesehen, da das Land ja ab den 70ern wegen der Apartheidspolitik von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen war. So gingen wir zusammen nach England. Aus Richards wurde der erfolgreichste südafrikanische Cricketspieler aller Zeiten. Er war unser Franz Beckenbauer in dieser Sportart. Irgendwann bin ich über seine Autobiografie gestolpert, und da las ich dann über mich: "Gut, dass sich mein Schulfreund Howard für eine andere Karriere entschieden hat."


Ja, sehr. Aber eigentlich war ich nie wirklich weg, nur eben woanders. Ich hatte damals einen Höhepunkt erreicht und das Gefühl, alles würde sich wiederholen. Ich habe einfach nur noch den Erfolg verwaltet. Das klingt ziemlich blöd, aber ich habe mich plötzlich einfach nicht mehr so involviert gefühlt wie früher. Und das habe ich vermisst. Die Produktion am neuen Album und die aktuelle Tour haben zu 100 Prozent den Carpendale wieder, der ich immer sein wollte.

Dieses Album entstand mit einem komplett neuen Team aus Songwritern und Produzenten....

Es war einfach unglaublich. Ich habe in den letzten Monaten so oft darüber gesprochen, wodurch die Bilder und die Momente dieses Entstehungsprozesses immer wieder präsent wurden. Die Zusammenarbeit hat in mir sehr viel Begeisterung ausgelöst, was mich inspiriert hat, neue musikalische Wege auszuprobieren. So intensiv und eng mit Textern und Produzenten zusammenzuarbeiten war eine besondere Erfahrung. Sie haben meinem Leben einen völlig neuen Kick gegeben. Ich brauche diese neuen Einflüsse.

Welchen neuen, musikalischen Pfad beschreiten Sie jetzt und wovon haben Sie sich beeinflussen lassen?

Ich höre erstmal alles, egal aus welcher Richtung es kommt. Man kann aus allem etwas schöpfen, mitnehmen und später verarbeiten. In der Musik sollte es keine Schubladen geben, da es gut tut, wenn sich Grenzen überschneiden. Ich glaube, dass man den frühen Carpendale schon in eine Schublade gesteckt hatte. Auf meinem neuen Album haben wir viel zugelassen, aber immer noch so, dass es Carpendale geblieben ist.

Das Album ist in Berlin entstanden. Hat Sie diese Stadt inspiriert?

Berlin hat sich fantastisch entwickelt und steht für Weiterentwicklung, Innovation und vor allem ist es sehr kosmopolitisch. Ich hatte ? wie Sie ja kürzlich auch ? zufällig Friedrich Liechtenstein getroffen. Ein typisches Beispiel, wie viel Kult und Zeitgeist in diesem Berlin steckt. Daher war es der richtige Ort zur richtigen Zeit für diese Produktion.

Wollten Sie damit bewusst den "sicheren Hafen" verlassen, um sich neuen Herausforderungen zu stellen? Carpendale 2014 ? ein Singer und Songwriter, kein Schlagersänger mehr?

Das klingt gut. Es war mir immer wichtig, Neues auszuprobieren und mich zu entwickeln. Ich habe mich nie sicher fühlen wollen. Und ich konnte es auch nicht. Es darf keinen Stillstand für einen Künstler geben. Jedenfalls gilt das für mich. Das heißt aber nicht, dass ich die früheren Songs nicht mehr singe oder gar in Frage stelle. Ganz im Gegenteil: Gerade für diese Tour hatten wir mehr denn je aus meinem gesamten Repertoire geschöpft. Nur beim 'Schönen Mädchen von Seite 1' tue ich mich etwas schwer. Man darf also gespannt sein.

Die Schlossfestspiele in Regensburg sind kein gewöhnlicher Tour-Ort, sondern bieten ein außergewöhnliches Ambiente. Gibt es da besondere Showelemente?

Die Show wird so besonders sein, dass ich da nichts explizit herausstellen möchte. Es wird alles geben ? von der Freude bis zum Gänsehautmoment. Ich werde keine 25 Hits einfach so hintereinander weg spielen, sondern eine Dramaturgie bieten. Das geht in Richtung Dean Martin oder Elton John, der ja in Regensburg zwei Tage nach mir auf der gleichen Bühne stehen wird. Es wird also ein ganz besonderes Konzert.

Kann man das überhaupt noch unterscheiden? Immerhin sind Sie jetzt schon 45 Jahre im Showgeschäft, wobei Sie mehr als 30 Millionen Tonträger verkauft haben...

Musik bedeutet mir alles. Aber es ist ja nicht die Musik allein, sondern das Entertainment. Ich liebe es, auf der Bühne zu stehen und das erleben zu dürfen, was einen Künstler zur Höchstleistung treibt. Und wenn ich da an einem lauen Sommerabend in so einem Schlosshof stehe, ist das schon ein magischer Moment ? da bin ich mir sicher.

Sind Sie nachdenklicher, intensiver geworden?


Eines hat sich aber über die Jahre nicht geändert. Das Carpendale-Publikum ist überwiegend weiblich...

Gott sei Dank. Wenn es 80 Prozent Männer wären, hätte ich ein Problem.


Was zieht Sie immer wieder auf die Bühne?


Wie soll ich das beschreiben? Jeder Künstler weiß, was es bedeutet, auf der Bühne zu stehen. Es ist Adrenalin pur, und es fasziniert mich auch nach so vielen Jahren immer noch, das Publikum zu unterhalten. Es mitzunehmen auf eine Reise der unterschiedlichsten Gefühle. Nach meinem vorläufigen Bühnenabschied hatte ich sehr darunter gelitten, genau das für eine so lange Zeit nicht mehr gefühlt zu haben.

Egal ob Segen für die Fans oder Fluch für andere - das heißt wohl, Sie werden uns noch lange erhalten bleiben?

Momentan denke ich nur an das Hier und Jetzt. Im Sommer nach dem Auftritt im Schloss St. Emmeram werde ich mich mit meinem Team zusammensetzen und abstimmen, was danach kommen wird. So wie ich mich momentan fühle, kann ich aber gar nicht aufhören. Ich mache weiter ? vorausgesetzt, man will den Carpendale immer noch erleben. Jetzt freue ich mich aber erst einmal auf Fürstin Gloria, ihr Schloss und die Festspiele.

Karten für das Konzert am 20. Juli im Rahmen der Schlossfestspiele 2014 gibt es unter www.odeon-concerte.de.




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