Was passiert, wenn wir plötzlich gezwungen sind, mit dem Fremden umzugehen? Mit Menschen und Kulturen, die wir nur aus Medienberichten kennen. Denen wir nicht frei gegenübertreten, sondern die wir an unseren eigenen Maßstäben und Werten messen. Antwort gibt das Stück „Die Lächerliche Finsternis“, das am Sonntag, 21.09., im Theater am Haidplatz Premiere feiert.
Zwei deutsche Bundeswehrsoldaten sollen sich in Afghanistan auf die Suche nach einem abtrünnigen Dritten machen. Ihre Suche führt sie durch die Wildnis am Hindukusch. In die Finsternis, in die die globalisierte Welt das Grauen ausgelagert hat. Die beiden Soldaten werden konfrontiert mit dem Fremden, mit verschiedenen Ethnien und religiösen Gruppierungen. Wie sie damit umgehen sollen? Den richtigen Weg findet keiner der beiden. Stattdessen ist ihr Weg gezeichnet von Unverständnis, Angst und Abwehr. Das Krisengebiet Afghanistan wird zur Projektionsfläche sämtlicher Klischees. Gleichzeitig zur Suche der Soldaten berichtet ein somalischer Pirat am Hamburger Landgericht von seinem Überfall auf das Frachtschiff MS Taipan. Der Absolvent des Diplomstudiums der Piraterie an der Hochschule von Mogadischu bittet um Verständnis dafür, habe er doch als Fischer kein Einkommen mehr, da die Meere leer gefischt seien.
Wolfgang Lutz zeigt in seinem Stück, dass ein unzureichendes Verständnis verschiedener Ethnien und religiöser Gruppen in einer Spirale aus Misstrauen und Gewalt endet. Relevanz hat diese Erkenntnis nicht nur für Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Entwicklungshilfe, sondern auch für das alltägliche Leben. Denn Menschen, die ihre Heimat aufgrund von Krieg verlassen haben, suchen Zuflucht bei uns. Und plötzlich werden wir mit dem „Fremden“, das wir immer in die Ferne geschoben haben, konfrontiert. Das „Fremde“, das wir nur aus Medienberichten und nicht aus eigener Erfahrung kennen. Von dem wir keine genaue Vorstellung haben und kein Wissen. Denn was wir aus den Medien entnehmen, ist stets vorselektiert – nicht neutral. Um dies zu verdeutlichen, vermischen sich in „Die Lächerliche Finsternis“ Fakten und Fiktion. So stark, bis der Zuschauer das eine vom anderen nicht mehr trennen kann. Denn Lotz möchte nicht eine bloße Medienkritik liefern. Er will vielmehr den Menschen aufrütteln, sich wertefrei mit dem „Fremden“ auseinanderzusetzen. Lotz Stück dreht sich nur an der Oberfläche um die Reise zweier Soldaten und das Schicksal eines Fischers aus Somalia. Schnell wird klar, dass hinter der Geschichte eine viel tiefere Bedeutung steckt. „Die Lächerliche Finsternis“ ist eine Reise in die Beweggründe der eigenen Seele, der Art und Weise unseres Denkens und unserer Wahrnehmung. Weshalb handeln wir, wie wir handeln?
Soldat Pellner kennt die Antwort: „Die Leute sehen etwas im Fernsehen und glauben es einfach und meinen dann zu wissen, dass der Hindukusch ein Gebirge ist. Ich aber war da, ich bin den Hindukusch hochgefahren. Es ist ein dunkler, langsam fließender Strom.“
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Bild1: Sebastian M. Winkler, Gunnar Blume, Ulrike Requadt
Bild2: Gunnar Blume, Frerk Brockmeyer, Sebastian M. Winkler
Bild3: Gunnar Blume, Michael Heuberger, Ulrike Requadt
Bild4: Frerk Brockmeyer
(c) Jochen Quast
Bild1: Sebastian M. Winkler, Gunnar Blume, Ulrike Requadt
Bild2: Gunnar Blume, Frerk Brockmeyer, Sebastian M. Winkler
Bild3: Gunnar Blume, Michael Heuberger, Ulrike Requadt
Bild4: Frerk Brockmeyer
(c) Jochen Quast