Der Apfel fällt nicht weit vom Art
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Im Alter von fünf Jahren bemerkte Arthur Ira Garfunkel, Nachkomme rumänischer Juden in New York, dass ihm der liebe Gott etwas ganz besonderes in die Wiege legte: Eine einzigARTige, unverwechselbare Stimme und eine Gabe, diese auf wunderbare Weise einzusetzen.
Art – das Management bat mich, Sie um 9 Uhr morgen anzurufen. Mit der Zeitverschiebung nach New York hätte das gepasst: „Wednesday morning 3 a.m.“ – ihr erstes großes Erfolgsalbum von Simon & Garfunkel…
Ich merke schon – Sie sind ein Scherzkeks. Ich bin immer recht früh wach – ich bin ja ein Familienvater. Aber zum Glück haben Sie sich für Uhr eastern time entschieden. Warten Sie kurz – ich muss nur schnell meine Frau küssen, die geht jetzt ins Büro (küsste sie unüberhörbar – Kim, die Mutter seiner beiden Söhne James & Beau – die Red.).
Familie und Kinder bedeuten Ihnen offenbar sehr viel…
Oh ja. Als ich 1990 zum ersten Mal Papa wurde, begann quasi der zweite Teil meines Lebens. Es ändert sich vieles. Was sag ich – es ändert sich alles. Natürlich war das Berühmtsein und der damit verbundene Ruhm damals eine Art Kick. Das Leben wird zur Party, es erleichtert Rechnungen zu bezahlen und man muss sich eigentlich keine großen Sorgen mehr machen. Aber Du lernst relativ schnell den Unterschied zwischen billiger Befriedigung und tiefer Erfüllung. Und so besteht meine Aufgabe in erster Linie darin, meine Söhne aufzuziehen und ihnen ein guter Papa zu sein. Es ist eine lebenslange Hingabe.
Aber von der Musik können Sie dennoch nicht die Finger lassen…
Natürlich. Vor allem am Wochenende zieht es mich dann raus auf die Straße. Andere würden es „Touren“ nennen. Aber es ist einfach meine Arbeit: Auf der Bühne zu stehen. Irgendwann erkennst Du, welche Bestimmung man auf der Erde hat. Mein Beitrag ist ganz klar definiert: Ich bin ein Sänger.
Damit wäre es fast vorbei gewesen – 2010 war Ihre begnadete Stimme plötzlich weg…
Es ist schon komisch – warum fragen alle immer danach. Über Jahrzehnte konnte ich mit meiner Stimme alle begeistern. Aber anscheinend sind immer die wenigen Jahre, in denen ich dieses Stimm-Problem hatte wichtiger. Vor sieben Jahren verlor ich auf einmal meine Stimme. Ich habe keine Ahnung, wie das geschehen konnte. Es war harte Arbeit, sie wieder zu gewinnen und zurück auf die Bühne zu bringen. Aber sie ist längst wieder da.
Notfalls ginge es ja auch ohne Stimme. In letzter Zeit bringen Sie ja gerne auch autobiografische Gedichte während Ihrer Auftritte…
Ich habe tatsächlich meine literarische Ader entdeckt. Im Herbst wird mein Buch erscheinen – und natürlich werde ich auch beim Konzert im Schloss davon ein paar Ausschnitte präsentieren. Das sind kleine poetische Ergüsse über das Leben, das Showgeschäft, natürlich auch über Paul Simon. Ich will damit die Herzen berühren und zeigen, wer Art Garfunkel wirklich ist.
Art Garfunkel ist ja so einiges. Ein Sänger, ein Schauspieler, wie wir jetzt erfuhren auch ein Dichter – sogar über ein Reunion mit Paul Simon (es wäre die vierte – die Red.) wird gemunkelt. Ist es nicht ein bisschen crazy, dass Sie mit 75 noch so mittendrin sind?
Ich finde das Wort „crazy“ in diesem Zusammenhang sehr interessant. Was wäre denn nicht verrückt? Wenn ich mit meinen Enkelkindern an einem See bei Regensburg säße und fische? Vielleicht haben Sie Recht. Sie bringen mich echt zum Nachdenken. Aber das bin ich. In dieser Beziehung mag ich definitiv crazy sein. Das ist nicht nur ein wenig ungewöhnlich. Es ist freilich schon sehr ungewöhnlich. Danke für diesen Gedankenanstoß.
Das heißt – vielleicht gehen Sie bald zum Fischen?
(lacht) Ach – der Spaß im Leben ist es ja, ein wenig verrückt zu sein. Solange man niemanden verletzt oder man nicht völlig neben der Spur ist – crazy zu sein ist sehr nah daran, einfach nur Spaß zu haben.
So wie damals zu Studienzeiten, als Sie Deutschland mit der Vespa erkundet haben?
So ähnlich. Ich kenne Bayern dadurch recht gut – nur muss ich zugeben, noch nie in Regensburg gewesen zu sein. Aber das holen wir ja jetzt nach. Mein großer Sohn lebt ja in Deutschland, wo er auch gerade ein Album produziert.
Ok – also Fischen fällt aus. Dann schwingen Sie sich doch einfach nochmal auf Ihre Vespa und erforschen den Rest von Bayern….
Hätten Sie mir das vor fünf Jahren angeboten – ich hätte das gemacht. Denn Bayern ist wirklich schön. Aber jetzt mit 75 – da bin ich raus. Aber mein Sohn kennt sich ja im Süden Deutschlands gut aus und hat mich hin und wieder chauffiert. Nur er und ich. So ein Vater-Sohn-Ding.
Wir haben ihn (James Arthur Garfunkel, 26 – die Red.) vor vier Jahren kennengelernt, als er mit Opernsänger Ricardo Marinello in Berlin eine eigene Version von Ihrem Erfolgshit „Sound of Silence“ vorstellte…
Ehrlich? Davon hat er mir nie erzählt. Das ist ja ein Ding. War die Version gut? Er ist tatsächlich ein talentierter Sänger. Ich versuche gerade, seine Karriere etwas anzukurbeln. Ab und zu singt er spontan mit mir auf der Bühne - wenn er bei einem Konzert in der Nähe ist. Er ist ein prima Junge, auch – wie Sie sagen – manchmal ein wenig crazy. Aber so sind sie eben die jungen Leute – mit Flausen im Kopf.
So wie Sie damals?
Ich habe nach wie vor viel Spaß daran, kreativ zu sein. Das darf nie aufhören. Das Geheimnis des Lebens ist es nämlich, immer neugierig und interessiert zu bleiben. Ich hatte mir bereits im Alter von sieben Jahren Gedanken gemacht, mit was ich mich beschäftigen sollte, in was ich gut bin, was mich interessiert. Ich versuchte es mit Sport, mit Büchern – ach, ich probierte einfach alles aus. Und dann lernte ich mit elf – so alt ist mein Sohns Beau gerade - Paul Simon kennen (beim gemeinsamen „Schultheater Alice im Wunderland“- die Red.) – das war Fluch und Segen zugleich.
Apropos Paul Simon – irgendwann als Sie beide mal wieder quasi musikalisch in Trennung lebten – performte er „Sound of Silence“ zusammen mit Sting. Der spielt übrigens einen Tag nach Ihnen im Schloss von Gloria von Thurn & Taxis…
Ja ja – Sting der alte Haudegen. Er lebt wie ich in New York. Das schweißt zusammen. Wir kennen uns sehr gut. Ehrlich? Er ist auch da? Oh mein Gott. Aber was anderes – wie heißt diese Frau? Können Sie das buchstabieren? Ich muss gerade wirklich schmunzeln. Als ich meiner Frau von dem Konzert in Regensburg erzählte, da erwähnte sie diesen Namen. Den hat sie auch früher schon öfter mal erwähnt. Sie müssen wissen, Kim (verheiratet seit 28 Jahren – die Red.) tut immer so als hätte sie adlige Vorfahren. Ich dachte, sie macht Witze – der Name klang für mich einfach ungewöhnlich…
Tja – und jetzt spielen Sie im Schloss zu Thurn & Taxis!
Das wird sie mir wohl jetzt nicht glauben. Echt lustig. Sie haben mich wirklich zum Lachen gebracht. Und ich freue mich sehr darauf, dort aufzutreten.
Vielleicht kann ich ja Ihren Sohn Arthur jun. überzeugen, mit uns Ihrem Konzert im Schloss bei zu wohnen…
Ich drücke die Daumen, dass das klappt. Ich würde mich riesig freuen, ihn mit Ihnen dort zu sehen.
Autor: Jörg W. Steffin