Knapp zwei Monate liegt die Eröffnung des Hauses der Bayerischen Geschichte zurück. Das Regensburger Museum polarisiert nicht nur durch die breit debattierte Architektur, sondern auch durch seine Inhalte: Ein Historiker des Münchner Instituts für Kunst und Forschung lässt in seiner Beurteilung kein gutes Haar an den Inhalten der Ausstellung.
Der Künstler und Historiker Wolfram P. Kastner liefert einen umfassenden Eindruck seines Rundgangs im Haus der Bayerischen Geschichte – und dieser Eindruck ist keinesfalls positiv. Auf der Onlineplattform „regensburg-digital“ beschreibt Kastner die Hauptausstellung des Museums und rollt sie von hinten auf. Dabei analysiert er jeden Aspekt, der seiner Meinung nach eine einseitige Darstellung des Bundeslands Bayern bildet.
Autos und Fußball als zweifelhafte Höhepunkte bayerischer Kultur
Die Kritik des Historikers ist eindeutig: Das Haus der Bayerischen Geschichte pinselt ein Bild bayerischer Kultur, wie sie im klischeebehafteten Buche steht. Die Chance, die Landesgeschichte in einem neuen Licht darzustellen und aus einem anderen Winkel zu behandeln, habe das Museum verpasst.
In sarkastischem Ton stellt Kastner fest, dass der größte Raum selbstverständlich der ansässigen Automobilindustrie gewidmet sei. Tatsächlich sind die Museumsräume in etwa gleich groß und es sei kein thematischer Schwerpunkt zu erkennen, schreibt der Münchner Merkur.
Über das Auto als „höchste bayerische Kulturleistung“ urteilt Kastner: „Himmlisch, überirdisch, volksnah, rüstungs-, rost- und problemfrei.“ Ansonsten findet der Historiker kaum Kulturgut in der Museumsausstellung. Fußball, genauer noch der FC Bayern, nehme so viel Platz ein, für andere Vereine oder gar Künstler und Autoren wie Kandinsky, Erich Kästner und Berthold Brecht sei kein Platz.
Aufarbeitung dunkler Zeiten bayerischer Geschichte fehlt
In einer Reihe bissiger Kommentare weist Kastner auf die verpasste Gelegenheit zur geschichtlichen Aufarbeitung hin. Der Empfang von Zwangsarbeitern für die Automobilindustrie, die Problematik der bayerischen Landwirtschaft und der Widerstand gegen das NS-Regime werden in den Augen des Historikers nur beiläufig oder gar nicht behandelt. Da muss das letzte Flugblatt der Weißen Rose den Sammelbüchsen des NS-Winterhilfswerks weichen, wird stichig kommentiert. Dabei lässt Kastner Exponate, wie das Umhängeschild des Regensburger Dompredigers Maier mit den Worten „Hier starb ein Saboteur“ aus. Das Schild trug Maier, als er durch das NS-Regime wegen Widerstands gehängt wurde.
Museumsbesucher geben trotz Kritikpunkten positives Feedback
Im Gespräch mit dem Merkur zieht Wolfram Kastner sein Fazit und nennt das Museum „schlecht gemacht, unübersichtlich, lückenhaft und teilweise historisch falsch“. Das Haus der Bayerischen Geschichte sieht Kastners Beitrag lediglich als einen subjektiven Bericht eines Besuchers. In einem offiziellen Statement heißt es, der Gastbeitrag enthalte gravierende sachliche Fehler und die durch den Merkur zitierten Aussagen stellen Inhalte einseitig und zusammenhangslos dar.
Das Museum selbst meldet eine durchaus positive Rückmeldung durch die inzwischen über 210.000 BesucherInnen. Im Gegensatz zu Kastners „Note 5“ im Merkur erhält das Haus der Bayerischen Geschichte durch mehr als 18.000 Teilnehmer einer Besucherbefragung 4.2 von insgesamt fünf Punkten.