Manchmal muss man die ersten Schritte auf eigene Faust machen und sich etwas trauen – dass man damit erfolgreich sein kann, zeigt die Geschichte von Heike Bogenberger. Die gebürtige Regensburgerin wurde durch ihre Autorenfotos bekannt, bei denen sie Persönlichkeiten aus der deutschen Literaturszene ablichtet. Dabei spielt aber nicht nur ihr Mut, auf Menschen zu zugehen, eine Rolle – sondern auch ein feiner Blick für die Details. Und auch eine kleine Prise Zufall, sagt die Künstlerin.
Heike Bogenberger hat nicht den Lebenslauf, den man von einer Fotografin erwartet: Die gebürtige Regensburgerin studierte in München Kommunikationswissenschaft, Germanistik und Psychologie, danach arbeitete sie bei verschiedenen Verlagshäusern. Inzwischen hat es sie zurück in ihre Heimat verschlagen, wo mit ihrer Fotografie weiter Fuß fassen möchte. Aber in ihren Bildern zeigt sich, womit sie sich am liebsten beschäftigt: mit Menschen und den unscheinbaren Feinheiten, die sie auf Fotos dokumentiert.
Bis sie jedoch dort ankam, wo sie jetzt ist, hat Heike Bogenberger davor noch einige Stationen absolviert. Dazu gehört auch ein Workshop bei der Fotografin Katharina Sieverding, die mit dem Lovis-Corinth-Preis der Ostdeutschen Galerie ausgezeichnet wurde.
Bevor sie in den Genuss der intensiven Auseinandersetzung mit Fotografie kam, war sie nur ein Hobby der Regensburgerin. „Als Kind habe ich eigentlich nur viel gezeichnet, das Interesse für Fotos kam relativ spät, mit siebzehn irgendwann“, erinnert sich Bogenberger.
Die Konzentration auf die feinsten Details
Der große Aha-Moment kam im Sommer 2007, als sie an der Internationalen Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg an der Fotografieklasse Sieverdings teilnahm. „Das war das erste Mal, dass ich mich mit nichts anderem als Fotografie beschäftigt habe“, erinnert sich Bogenberger. In dieser Zeit entdeckte sie auch ihre Freude an Portraitfotos: Eine Vorliebe, die ihr bis heute geblieben ist.
Aber nicht nur Portraits haben es der Regensburgerin angetan. Die Liebe für die Details zeigt sich auch in objektnahen Naturaufnahmen, die beinahe Materialstudien darstellen. Die Reihe mit dem simplen Namen „eis“ zeigt Bilder von einer Reise ins Polareis: „Tiere wie Eisbären wollte ich nicht fotografieren, denn das machen so viele. Aber als ich die Chance hatte, auf einem Boot in polare Regionen zu fahren, sah ich Orte, an die ich mich nie geträumt hätte.“ Wahrnehmung ist hier das große Stichwort – denn wenn man in einer komplett monochromen Umgebung ist, konzentrieren sich die Sinne auf die kleinsten Details. So bringen die Bilder einen ganz nah an das ran, was sich vor der Linse befindet.
Intime Momente vor der Linse
Und meistens befinden sich eben bekannte Personen aus der Literatur- und Kunstszene Deutschlands vor Bogenbergers Linse. Die Idee zu den Spaziergängen kam weniger durch die Muse, sondern aus der Notwendigkeit: Da die Fotografin kein eigenes Studio besitzt, wurde draußen geschossen. „Das ist mir ohnehin recht, denn ich arbeite am liebsten mit natürlichem Licht“, erklärt sie. Aber aus einer pragmatischen Entscheidung entwickelte sich das Konzept der Künstlerbegegnungen, auf denen Heike Bogenberger ihre Gäste portraitiert. Das Prinzip erscheint einfach: Man trifft sich an einem Ort und von da aus spaziert man, bis man auf interessante Kulissen stößt. Dort hält man an und macht ein paar Bilder, danach zieht man weiter.
Währenddessen entstehen ein Gespräch und eine bestimmte Dynamik zwischen Fotomodel und Fotografin – denn obwohl man gemeinsam unterwegs ist, gibt es Momente, in denen fühlen sich Bogenbergers Gäste trotz Kamera unbeobachtet. Solche Augenblicke seien für die Künstlerin die Schönsten, da solche intimen Momente von Vertrauen ihr gegenüber zeugen.
Schönheit und Wahrnehmung – Das A und O der Fotografie?
Ebendiese intimen Momente und die Nähe zum Subjekt zeichnen die Fotografien von Heike Bogenberger aus. Die Regensburgerin legt großen Wert darauf, mit ihren Bildern ihre Wahrnehmung der Welt und ihrer Menschen zu vermitteln. Sie habe schon immer eine Schwachstelle für das gehabt, was ansonsten links liegen gelassen wird. Das Unscheinbare – unabhängig davon, ob es sich um die feinste Beschaffenheit des Polareises oder um die Gesichtszüge ihrer Modelle handelt. Ein ehemaliger Arbeitskollege Bogenbergers fasste dies in einem Satz zusammen, als er sagte: „Du siehst Schönheit dort, wo andere nichts sehen.“
Dieser Blick auf die Welt macht in Bogenbergers Augen ihre Fotografie aus, dafür brauche es auch keine komplizierte Technik oder Beleuchtung. „Ein Foto kann technisch noch so perfekt, aber dafür eben auch langweilig sein“, erklärt die Künstlerin. Ohnehin passt Analogfotografie besser zu ihr. Das Klicken des Auslösers, das Gewicht der Kamera in den Händen und das Warten auf den entwickelten Film – all das sind Teile des Prozesses, die Fotografie in Bogenbergers Meinung zu einem ganzheitlichen Prozess machen. So versucht sie, die Schönheit der Welt in ihren Bildern festzuhalten.
Schönheit spielt auch in ihrem nächsten Wunschprojekt eine Rolle: Durch einen weiteren Fotokurs wagte sich Heike Bogenberger in die Welt der Aktfotografie. Dabei traf sie auf eine Frau, die sich vor kurzem einer Geschlechterangleichung unterzogen hatte und sich von ihr abbilden ließ. Dieses Vertrauen ihr gegenüber berührte die Fotografin und inspirierte sie zu einem neuen Projekt: Sie möchte weiterhin Aktfotos machen, die Frauen in ihrer natürlichen und rohen Schönheit zeigen. „So viele Frauen haben ein verzerrtes Bild von sich und ihrem Körper, aber ich fand bisher jede Person vor meiner Linse schön“ – das sei der Gedanke hinter dem Projekt.
Neues im Alten – eine Wiederentdeckung der Heimat
Für die Umsetzung der neuen Ideen sei auch Regensburg ein idealer Ort – Bogenberger spricht von einer Neuentdeckung ihrer Heimat. Und die Stadt freut sich auch, die Fotografin wieder begrüßen zu dürfen: Das Release ihres Bilderbandes „72 Bilder“ wurde im Orphée gefeiert, in der Pustetpassage wurde dem Buch ein Schaufenster gewidmet. Der Rückhalt aus der Stadt hat die Künstlerin sehr gefreut und gibt nicht nur Motivation, sondern auch Inspiration, für alles, was noch kommen wird.
RNRed