Die 28. internationale Kurzfilmwoche in Regensburg thematisiert angesichts der aktuellen Situation die Themen Krieg und Frieden und zeigt ein Online-Programm, das Hintergründe russischer Geschichte aufdeckt. Zudem spendet das Festival einen Teil der Einnahmen an Hilfsorganisationen der Ukraine.
Die Kurzfilmwoche Regensburg versteht sich als ein Festival, das die Strömungen der Gesellschaft und weltpolitische Dinge zum Thema macht. So zeigt es ein Online-Programm, das ein paar Hintergründe russischer Geschichte aufdeckt. Aus Solidarität zur Ukraine spendet das Festival zusätzlich einen Teil seiner Einnahmen an Hilfsorganisationen der Ukraine.
Eskalation und politische Lügen Russlands
Im Rahmen der 28. Internationalen Kurzfilmwoche Regensburg präsentiert Filmemacherin Alla Churikova zusammen mit Produzenten und Drehbuchautoren Dmitri Popov kostenfrei zwei ihrer Animationsfilme unter dem Motto Sandanimationen im Wandel der Zeit - Krieg & Frieden: Russland - Georgien – Ukraine.
Während im Krieg zwischen Russland und Georgien das Kloster Nikozi zerstört wurde (NIKOZI 2008), versucht man heute das Welterbe vor dem skrupellosen Angriffskrieg des russischen Regimes zu schützen. Während vor Jahren schon Atombomben heimlich getestet wurden (URAL), werden heute Atommeiler direkt beschossen und es tickt die Atomwarnuhr. Über diese jüngste Eskalation und die politischen Lügen Russlands möchte das Festival (auf Basis der beiden Filme) mit Alla Churikova und Dmitri Popov sprechen.
Das Schicksal von Nikozi
Im Jahr 2008 zerstörten 32 Bomben das orthodoxe Kloster „Nikozi“ in Georgien. Damals herrschte Krieg zwischen Georgien und Russland und viele Menschen ließen ihr Leben, verloren Angehörige oder alles, was sie besaßen. Die Animationskünstlerin Churikova hat sich auf ihre künstlerische Weise dem Schicksal Nikozis angenommen. Ihr Mittel ist die Sandanimation und mit wenigen eindrucksvollen Bildern gelingt es ihr, die Geschichte des Dorfes und des Klosters vor, während und nach der Zerstörung zu zeigen. Viele Bilder sind Metaphern, stehen symbolisch und stellvertretend für das Leid jeden Krieges und für den Mut, auch danach mit dem Lebensalltag fortzufahren. Unterlegt sind die Bilder mit polyphonem Mönchsgesang, welcher der Atmosphäre zusätzliche Bedeutung verleiht. So verkörpert dieser wichtige und bedeutsame Film auch eine Stimmung der Sehnsucht und der Hoffnung auf den Frieden.
Verschleierter Atomtest
Wird eine Atombombe auch nur im Test gezündet, werden radioaktive Strahlen freigesetzt. Menschen und Tiere, die sich in unmittelbarer Nähe aufhalten, werden getötet oder schwer verletzt, die gesamte Umwelt einer katastrophalen Strahlenbelastung ausgesetzt. In URAL erzählt die Filmemacherin zusammen mit dem Co-Drehbuchautor Dmitri Popov von einem solchen Atomtest, den die russischen Behörden in den 50er Jahren durchführten – und über den sie die Bevölkerung nie informierten.
Eine Familie wird Teil des Staatsgeheimnisses
Als Erzählerstimme und Perspektive wählt Churikova ihre eigene Erinnerung, die lebendig wird, als sie mit ihrem Kind zusammen an die Orte ihrer Kindheit im Ural reist. Sie will ihrem Kind zeigen, wo ihre Wurzeln liegen und erzählt dabei, wie ihre Familie Teil eines Staatsgeheimnisses wurde, denn ihr Vater nahm als Leutnant der Roten Armee an gefährlichen Atomtests teil. Die einzelnen Bilder und Sequenzen gehen sanft ineinander über, die Sandanimationen erschaffen fast assoziativ wirkende Bilder. Dem gegenüber stehen die harten historischen Aufnahmen, teils fotografisch, teils filmisch aus den Archiven. Auf eine ganz milde, virtuose Weise lässt Churikova das Publikum in ein Stück Geschichte eintauchen. Das ist beeindruckendes Kurzfilmkino mit einer eigenen starken künstlerischen Handschrift und einer zeitlosen Aktualität.
Biografie: Alla Churikova
Die Animationskünstlerin wurde 1962 in Russland geboren, ist aber in Kyjiw (Ukraine) aufgewachsen und lebt seit dem Jahr 2000 in Deutschland. Ihre Ausbildung genoss sie an der „Kiewer Nationale Universität für Bauwesen und Architektur (KISI)“ und an der Trickfilmschule beim Trickfilmstudio „Ukranimafilm“ in Kyjiw. Von 1988 bis 1999 arbeitete sie als Animatorin und Gestalterin beim staatlichen Studio „Ukranimafilm“ und wirkte an etwa 20 Trickfilmproduktionen mit. Zusätzlich realisierte sie Animationen für diverse private Trickfilmproduktionen in der Ukraine, Russland, Polen und Japan. Seit 2000 ist sie freie Regisseurin, Gestalterin, Animatorin und Backgroundartistin in Deutschland, arbeitet unter anderem für Balance Film Dresden, Cartoon Film Berlin, Munich Animation, Trixter, MotionWorks Halle, Animoto, blue eyes Fiction, Black Forest Films. Daneben ist sie als Dozentin an diversen Hochschulen wie etwa an der Filmakademie Baden-Württemberg, der Technischen Hochschule Deggendorf und der BAF – Bayerischen Akademie für Fernsehen tätig. 2007 gründete sie zusammen mit Dmitri Popov die Filmproduktion und Kunstschule Allanimation in München.
Biografie: Dmitri Popov
Dmitri Popov wurde 1963 in Moskau geboren und lebt seit 1991 in Deutschland. Er studierte an der Filmhochschule Moskau (VGIK) Filmwissenschaft und später an der Hochschule für Fernsehen und Film in München (HFF) Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik. Seit 2007 ist er Geschäftsführer und gemeinsam mit seiner Frau, Alla Churikova, Co-Inhaber der Trickfilmproduktion ALLANIMATION. Außerdem ist er seit 2015 Professor für Mediengestaltung und Kommunikation an der Hochschule Fresenius München. Dort lehrt er unter anderem die Fächer Philosophie, Politik und Wirtschaft. Nebenbei ist er als Redakteur, Dozent, Projektmanager und Stoffentwickler bei zahlreichen Film- und Medienprojekten involviert.
Termine und weitere Informationen
Online-Special - Alla Churikova: Sandanimationen im Wandel der Zeit Krieg & Frieden: Russland - Georgien – Ukraine: Samstag 19. März / online / 14.00 Uhr
Der Link zum kostenfreien Programm erhält man unter: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Alle Informationen zum gesamten Programm stehen auf www.kurzfilmwoche.de zur Verfügung.
Die internationale Kurzfilmwoche findet vom 18. bis 27. März statt – online bis zum 03. April.
Fester Bestandteil der Regensburger Kulturszene
Die Internationale Kurzfilmwoche Regensburg wurde 1994 vom Arbeitskreis Film Regensburg e. V. gegründet und findet seitdem im jährlichen Turnus statt. Zunächst war es nur ein kleines Experiment, inzwischen ist das Event aus der Kulturszene Regensburgs und dem internationalen Kurzfilmzirkus nicht mehr wegzudenken. Es lockt jährlich tausende Besucher:innen in die Donaustadt. Das Festival besteht aus verschiedenen Wettbewerben und zahlreichen Sonderprogrammen. Ein Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Vorträgen, Workshops, Filmgesprächen, Partys und vielem mehr runden die Veranstaltung ab. 2021 fand das Festival zum ersten Mal als Online-Event statt.
Internationale Kurzfilmwoche Regensburg / RNRed