Herbst- und Winterkleid ohne Tierleid: Eine große Tierschutzorganisation zeigt Alternativen zu tierischen Kleidungsstücken und bewertet die Tierschutzsiegel und Auszeichnungen nicht veganer Produkte. Alle Informationen, wie es ohne tierische Produkte warm und kuschelig bleibt, jetzt im Artikel.
Neben veganer Ernährung, ist auch vegane Kleidung ein großes Thema in der „Veggie-Community“. Der Herbst ist da, der Winter kommt – in den kommenden Monaten spielt warme Kleidung eine wichtige Rolle. Wer sich aber neben kuschligen Pullovern, Mützen und Schals auch für Tiere erwärmen kann, der sollte beim Kauf von Produkten aus Daunen, Wolle, Leder oder Pelz ein paar Dinge beachten. Der Einkaufsratgeber der Tierschutzstiftung VIER PFOTEN stellt die gängigsten tierischen Materialien und die damit verbundenen Tierschutzprobleme vor, informiert aber auch über Alternativen und vegane Kleidung.
Pelz:
Mützen mit Pelzbommel, Fellbesatz an Kapuzen, Krägen, Handschuhen oder Schuhen – hinter jeder noch so kleinen Echtpelzapplikation verbirgt sich enormes Tierleid. Millionen Nerze, Füchse oder Marderhunde werden dafür in Pelzfarmen in engen Käfigbatterien gezüchtet. Andere Wildtiere werden mit Fallen getötet. VIER PFOTEN setzt sich für ein pelzfreies Europa ein und ist als Repräsentant des „Fur Free Retailer Programs“ in vielen Ländern maßgeblich daran beteiligt, große Modehäuser zu einer pelzfreien Zukunft zu bewegen. Außerdem unterstützt VIER PFOTEN die europäische Bürgerinitiative #FurFreeEurope, die ein Verbot von Pelzfarmen und ein Verkaufsverbot von Zuchtpelzen fordert.
VIER PFOTEN rät bei Pelz: Finger weg! Tierfreundlich produzierten Pelz gibt es nicht, auch die Zertifizierungsprogramme der Pelzindustrie bieten keine höheren Tierschutzstandards. Echtpelz ist häufig nicht klar als solcher gekennzeichnet und auch aufgrund der Optik oder des Preises oft nicht zuverlässig von Kunstpelz zu unterscheiden. VIER PFOTEN empfiehlt daher, sich im Zweifel auf der „Fur Free Retailer“-Webseite zu informieren. Dort finden sich garantiert pelzfreie Unternehmen.
Merinowolle:
Bei in Deutschland erhältlichen Produkten aus Wolle ist vor allem das sogenannte Mulesing ein Problem: Eine blutige Prozedur, die in Australien betrieben wird, dem weltweit größten Wollproduzenten. Dabei schneiden Schafhalter:innen ihren Lämmern mit einer Schere große Streifen Haut rund um den After heraus, meist ohne Betäubung. Grund dafür ist die Fliegenmadenkrankheit (Myiasis) – durch das Entfernen von Hautfalten soll verhindert werden, dass die Tiere dort befallen werden. VIER PFOTEN lehnt die Methode des Mulesing vehement ab und engagiert sich dafür, dass Textilunternehmen weltweit ausschließlich Mulesing-frei zertifizierte Wollprodukte anbieten. Inzwischen haben sich über 300 internationale Bekleidungsmarken gegen Mulesing ausgesprochen. Aber auch beim Kauf von Wollgarnen für den selbstgestrickten Pullover sollten Konsument:innen vorsichtig sein: Auch diese können von australischen Mulesing-Schafen stammen. Übrigens: Merinowolle wird wegen ihrer besonderen Eigenschaften von Herstellern nicht nur bei Winterkleidung, sondern auch in Sport- und Outdoorkleidung, Anzügen oder sogar Stoffwindeln eingesetzt.
VIER PFOTEN rät bei Merinowolle: Verbraucher:innen können sich vor dem Einkauf über Marken und Händler direkt im Geschäft oder im Internet informieren. Einige Zertifikate stellen sicher, dass Produkte keine Mulesing-Wolle enthalten wie zum Beispiel der „Responsible Wool Standard (RWS)“, „Nativa™“ oder „ZQ Merino“. Ohne verlässliche Zertifizierung kann Mulesing nicht ausgeschlossen werden. Grundsätzlich gilt jedoch: Die beste Wolle ist keine Wolle. Nur pflanzliche Alternativen können Tierleid zu 100 Prozent ausschließen.
Kaschmir-, Mohair- und Alpakawolle:
Kaschmirziegen, Angoraziegen und Alpakas leiden vor allem unter den fehlenden Tierwohlrichtlinien in den größten Produktionsländern, etwa Peru, China oder Südafrika. Die Tiere werden meist extensiv gehalten. Das bedeutet, dass sie den Großteil des Jahres draußen auf der Weide oder in der Steppe sich selbst überlassen werden. Die Folgen sind oft unzureichende Verpflegung, kein Schutz vor Wind und Wetter, ausbleibende oder zu späte ärztliche Versorgung sowie eine fehlende Mensch-Tier-Beziehung. Letzteres löst vor allem Stress und Panik aus, wenn es zur Schur oder notwendigen medizinischen Behandlungen (z.B. Wurmkuren) kommt, da die Tiere sehr scheu und den Kontakt nicht gewohnt sind.
Alpakawolle:
Gerade Alpakawolle liegt voll im Trend. 90 Prozent davon stammen aus Peru, wo schätzungsweise zwischen drei und sechs Millionen Tiere gehalten werden. Problematisch: Damit die Tiere nicht fliehen, werden sie während der Schur oft mit Seilen in einer Art Schurvorrichtung festgebunden. Die sanften Fluchttiere erleiden dabei Todesängste und Stress.
VIER PFOTEN rät bei Alpakawolle: Achten Sie darauf, dass diese nach dem „Responsible Alpaca Standard (RAS)“ zertifiziert ist.
Kaschmirwolle:
Kaschmir ist das ultraweiche Unterhaar von Kaschmirziegen, das vor allem für Pullover und Accessoires im Premium-Bereich verwendet wird. 90 Prozent der Kaschmirproduktion stammen aus China, der Mongolei und Tibet, in kleineren Mengen wird auch in Afghanistan, Iran und sogar Australien und Neuseeland produziert. Jährlich leiden über hundert Millionen Kaschmirziegen vor allem unter dem sogenannten Kämmen: Um an das besonders feine Unterhaar zu kommen, wartet man nicht ab, bis die Tiere es von allein auf natürliche Art und Weise verlieren, stattdessen wird es den Tieren im Akkord mit Metallkämmen schmerzhaft herausgerissen.
VIER PFOTEN empfiehlt: Wer Tierleid zu 100 Prozent ausschließen möchte, sollte auf den Kauf von Kaschmirwolle verzichten. Wenn es dennoch Kaschmirwolle sein soll, dann empfiehlt sich der Griff zu Produkten, die mit dem „The Good Cashmere Standard“-Siegel ausgezeichnet sind.
Mohair-Produkte:
Mohair bedeutet aus dem Arabischen übersetzt: „Stoff aus Haaren“. Die Wolle stammt von Angoraziegen und gehört zu den leichtesten Textilfasern, die es gibt. Das lange weiß-gelockte Fell ist besonders seidig und weich und deswegen in der Textilindustrie heiß begehrt. Die Wolle wird verwendet um Pullover, Mützen und Schals, aber auch Decken, Teppiche, Perücken und Kinderspielzeug herzustellen. Die Hälfte des weltweit vertriebenen Mohairs stammt aus Südafrika. Der Rest kommt aus den USA, Australien und der Türkei. Millionen Angoraziegen müssen für ihr begehrtes Haar leiden.
VIER PFOTEN rät bei Mohairwolle: Achten Sie darauf, dass diese nach dem „Responsible Mohair Standard (RMS)“ zertifiziert ist.
Angorawolle:
Angorawolle ist besonders flauschig, stammt vom Angorakaninchen und wird als Luxustextil gehandelt – ebenso wie Kaschmir und Mohair. 90 Prozent der Angorawolle stammen aus China. Dort werden rund 50 Millionen Angorakaninchen gehalten. In China gibt es keine Tierschutzgesetze und Tierquälerei wird nicht bestraft. Die Kaninchen werden alle drei Monate grausam gerupft oder geschoren. Nach zwei bis fünf Jahren wartet die Schlachtbank. Die Kaninchen werden systematisch überzüchtet, so dass es zu Sehbehinderungen und Augenkrankheiten kommen kann. Aufgrund des unnatürlich starken Fellwuchses können die Tiere außerdem Hitze nicht mehr selbst regulieren. Des Weiteren bekommen sie lebensbedrohliche Verdauungsstörungen, weil sie bei der eigenen Fellpflege übermäßig viel Haare aufnehmen. Zudem sind Angorakaninchen sehr soziale Tiere und brauchen Gesellschaft und viel Platz, um sich bewegen zu können. Deshalb ist es nicht artgemäß, die Kaninchen ihr ganzes Leben in Käfige zu sperren. Durch diese Haltung können sie ihre natürlichen Verhaltensweisen kaum ausüben. Es kommt durch den Platzmangel zu Deformationen der Wirbelsäule, zu Verletzungen an den Pfoten und Beinen sowie zu Verhaltensstörungen und Aggressionen durch Unterforderung.
VIER PFOTEN rät bei Angorawolle: Es gibt keine tierfreundliche Produktion von Angorawolle, daher ist auch jeder Angora-Tierwohlstandard inakzeptabel. VIER PFOTEN lehnt die Verwendung und den Kauf von Angorawolle vehement ab und rat Vegane Kleidung als Alternative in Betracht zu ziehen.
Daunen:
Daunen in Jacken, Kissen, Decken und ähnlichen Produkten stammen in der Regel von Gänsen und Enten aus der Intensivtierhaltung. Im schlimmsten Fall leiden die Tiere unter grausamem Lebendrupf oder Stopfmastproduktion.
VIER PFOTEN empfiehlt bei Daunen: Möchten Verbraucher:innen Tierleid ausschließen, sollten sie auf Daunen-Alternativen (siehe Liste unten) zurürckgreifen – diese nehmen es in puncto Wärme und Qualität locker mit Daunen auf. Wer auf Daunen nicht verzichten kann, kann sich vor dem Einkauf direkt im Geschäft oder im Internet über Marken und Händler informieren. Das Siegel „Responsible Down Standard (RDS)“ schließt zumindest Lebendrupf und Stopfmast aus.
Leder:
Leder wird oft als sogenanntes Nebenprodukt der Fleischproduktion wahrgenommen. Aber auch die Herstellung von Leder ist mit Schmerzen für die Tiere verbunden. Informationen darüber, woher Unternehmen Leder für Schuhe, Gürtel oder Jacken beziehen, gibt es kaum – und somit auch keinen Tierschutzstandard. Außerdem sind bisher kaum Herkunftslandbezeichnungen auf Lederprodukten zu finden. Aufgrund von mangelnder Transparenz ist es für Käufer:innen so gut wie unmöglich, zu erkennen, wie das Tier gehalten wurde, bevor es zu Leder verarbeitet wurde.
VIER PFOTEN ist derzeit kein Unternehmen bekannt, dass die komplette Lederlieferkette im Hinblick auf Tierschutzaspekte transparent offenlegt. Zu den weltweit über eine Milliarde zählenden Schafen, Ziegen und Rindern, die für die Lederindustrie genutzt werden, kommen Millionen Wildtiere wie Reptilien, Kängurus oder Strauße, die für ihre Haut getötet werden.
VIER PFOTEN zu Leder:
Auch wenn VIER PFOTEN begrüßt, dass einige Marken damit begonnen haben, eigene Lieferketten aufzubauen und sich beispielsweise um regionales Bio-Leder bemühen, sind ethische Kaufentscheidungen für Lederprodukte so gut wie unmöglich. Leder von Wildtieren sollte man immer meiden. Auch von Leder von landwirtschaftlichen Tieren rät VIER PFOTEN ab, wenn die Herkunft und damit der Tierwohlstatus unbekannt ist, da die meisten Tiere in sehr schlechten Haltungsbedingungen leben.
Vegane Kleidung: Alternativen zu tierischen Materialien
Ohne Zweifel ist ein Kleiderschrank ohne tierische Materialien die tierfreundlichste Alternative, denn auch Tierwohllabels können Tierleid nie zu 100 Prozent ausschließen. Heute gibt es mehr nachhaltige und tierfreie Materialien als je zuvor:
Wollalternativen
Es gibt viele empfehlenswerte tierfreie Alternativen zu Wolle:
Vegane Kleidung: Recyceltes Acryl – hergestellt aus recyceltem Kunststoff. Dies ist der am häufigsten verwendete Stoff , der als Alternative zu Wolle eigesetzt wird.
Recyceltes Polyester – hergestellt aus recycelten Plastikflaschen. Ebenfalls weit verbreitet und benötigt nur 30 Prozent der Energie, die Polyester benötigt.
Bio-Baumwolle – diese wird ohne Verwendung schädlicher synthetischer Chemikalien oder Zusatzstoffe hergestellt.
TENCEL™ Lyocell – hergestellt aus Holzzellstoff. Dieser wird in einem umweltfreundlichen Verfahren hergestellt und ist biologisch abbaubar und wiederverwertbar.Daunenalternativen
Auf dem Markt gibt es bereits viele etablierte Alternativen wie PrimaLoft® oder recyceltes Polyester. Ebenso empfehlenswert sind pflanzliche Daunenalternativen wie zum Beispiel Tencel™ (Lyocell) (siehe oben) oder Kapok. Kapok ist eine Hohlfaser aus den Schalen des tropischen Kapokbaums, die zu 80 Prozent aus Luft besteht und von Natur aus mit einer wasserabweisenden Wachsschicht überzogen ist.
Vegane Lederalternativen
Neben dem aus Kunststoff bestehenden Kunstleder gibt es heute auch viele pflanzliche Lederalternativen, z.B. Ananasleder, Apfelleder oder Pilzleder.
Ananasleder:
Die Ananasblätter bleiben bei der Ernte übrig und sind ähnlich stabil wie Leder – aber deutlich ökologischer und tierfreundlicher. Vegane Kleidung ganz einfach!
Apfelleder:
Diese Alternative wird zum Teil aus dem Obst-Trester der Apfelsaft-Hersteller gewonnen, die andere Hälfte ist Polyurethan (PU).
Pilzleder:
Dieses „Leder“ entsteht aus Pilzen, die auf forstwirtschaftlichen Abfällen wie Sägemehl heranwachsen. Die benötigten Pilze lassen sich in kürzester Zeit anpflanzen und züchten. So entsteht ein Material, das Rindsleder ähnelt – nur eben tierfreundlich.VIER PFOTEN / RNRed