Hannes Ringlstetter ist aus der deutschen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Warum es mit bayerischem Dialekt so schwierig ist, in den Medien Fuß zu fassen, wie dieser seine Karriere aber sogar befeuert hat und warum er gerne auf seine Zeit beim filter zurückblickt.
Mit seiner monatlichen Kolumne war Hannes Ringlstetter ein langjähriger Wegbegleiter des filterVERLAGs der ersten Stunde. Als Autor, Sänger, Kabarettist, Schauspieler, Komiker und Moderator auch weit über Bayerns Grenzen hinaus bekannt, bringt er die Menschen mittlerweile seit über 15 Jahren zum Lachen. Damit ist das niederbayerische Original aus der deutschen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Warum er dieser zum Teil jedoch kritisch gegenübersteht, wie er es trotz oder gerade wegen seines bayerischen Dialekts in die Prime Time geschafft hat und welche Rolle seine Zeit beim filter für ihn spielte hat er im Interview mit filter und Regensburger Nachrichten erzählt.
„Du bekommst deine Show Sonntagnachmittag, wo keiner zuschaut, weil du Dialekt sprichst“
Neben deinem Humor besitzt du noch ein weiteres Aushängeschild, das ist dein Dialekt. Würdest du sagen, dass Bayer zu sein und Dialekt zu sprechen im Medienbereich eine Einschränkung darstellt oder hat es deine Karriere sogar befeuert?
Ich glaube nicht, dass ich die Karriere gemacht hätte, die ich jetzt gemacht habe, wenn nicht von Anfang an klar gewesen wäre, dass ich damit (Anm. d. Red.: Hochdeutsch zu sprechen) ein Problem habe. Ich weiß noch als ich beim Radio war, war das immer ein Argument dafür, dass ich keine Prime Time Shows bekomme. Du bekommst deine Show Sonntagnachmittag, wo keiner zuschaut, weil du Dialekt sprichst. Das ging dann nahtlos weiter beim Fernsehen: Auf einem Nachrichten Moderationswochenende in Hamburg wurde mir gesagt: Du bist eher etwas für die Unterhaltung, weil der Dialekt nie ganz weggeht – das werde ich nie vergessen. Dadurch war mir aber schnell klar, dass die seriöse Nummer mit mir eh nicht funktioniert, also muss ich mir selbst meinen Weg erfinden, und das war im Nachhinein ein Glück. Trotzdem finde ich es krass, dass man immer noch versucht, den Leuten den Dialekt auszutreiben. Wenn du heute die großen bayerischen Radiosender hörst, dann weiß ich nicht, wer da moderiert. Die hören sich für mich alle gleich an. Das ist alles eine Stimmlage, alles glatt gebügelt und dann wundern sie sich, dass sie keiner kennt. Das ist absurd, weil am Ende eben die übrig bleiben, die sich‘s nicht austreiben haben lassen. Anders ist es in der Kunstform, da ist Dialekt ja seit etwa zehn Jahren hip. Gerade bei Schauspielern finde ich das total krass – jemand der fast schon kleine Sprachfehler hat, ist hier eher angesagt, den merkt man sich auch einfach.
„Ohne dieses feste Format beim filter wäre ich später nicht in der Lage gewesen, nicht komplett auszuflippen“
Einer deiner langjährigen Wegbegleiter waren ja auch wir. Bereits vor fast 20 Jahren hast du im filter bereits mit deinen Kolumnen Hannes Grüne Welt und Hannes Ringlstetters Blaue Stunde die Leute zum Lachen gebracht. Wie würdest du die Arbeit in den Medien damals beschreiben und welche Rolle spielte der filter für deine weitere Karriere?
Also erst einmal war ich damals wirklich pleite. Der filter machte mit der Kolumne, die ich schreiben konnte, einen Teil davon aus, dass ich mich überhaupt beruflich aufstellen konnte. Insofern bin dem filter bis heute wahnsinnig dankbar. Aber man merkt mir in der Nachschau meine Situation an, weil meine Kolumnen qualitativ sehr schwanken. Deshalb habe ich in dieser Zeit auch viel gelernt. Zudem habe ich am eigenen Leibe erfahren, dass dieser Irrglauben, dass es einem Künstler schlecht gehen muss, dass er was Großes schafft, definitiv Schwachsinn ist. Meine Freundin hat vor Kurzem gesagt, dass sie sich an einige meiner Werke erinnern kann und hat sie als „Dünnpfiff“ in Erinnerung hat – das hat mich schwer verletzt (lacht). Eine Sache war aber das Wichtigste für mich: Für mich war es das erste Mal, dass ich in einem Format gearbeitet habe. Die Kolumne war immer auf eine Seite angelegt und es wurde eine bestimmte Zeichenanzahl verlangt – dann musst du dieses Format bedienen. Zu Beginn habe ich jegliches Format abgelehnt und dachte immer, Inspiration geht nur, wenn es unformatiert ist, im künstlerischen Raum. Klassische Künstlerdenke. Heute weiß ich: Das ist absoluter Blödsinn, weil die Struktur dir natürlich auch hilft. Und ich denke wirklich, dass ich ohne dieses feste Format beim filter vor fast 20 Jahren später nicht in der Lage gewesen wäre, nicht komplett auszuflippen als Fernsehredakteure mich mit den Formaten quasi begrenzt haben.
„Im öffentlich Rechtlichen Fernsehen bleibt ein Krimi die Erfindung des Jahrtausends“
Seit über 15 Jahren bist du aus der Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Als Autor, Sänger, Kabarettist, Schauspieler, Moderator unterhältst du die Leute und bringst sie zum Lachen: Was kann man von Hannes Ringlstetter in den kommenden Jahren noch erwarten?
Wahrscheinlich mal in erster Linie weniger. Je länger man in der Medienbranche tätig ist, desto eher läuft man auf bestimmte Gefahrenmomente zu. Das eine ist, dass die Leute einen nicht mehr sehen wollen, wenn es zu viel ist. Das passiert schneller als man glaubt und man muss aufpassen, dass man den Moment nicht verpasst. Das andere ist, dass man mit seiner Kreativität lernen muss umzugehen, man ballert nicht ewig automatisch was raus, das gut ist. Neben meinem Vorhaben, weniger zu machen, möchte ich mich vor allem auf den Mix aus Musik und Gschichtn fokussieren. Es gibt im Moment auch keine Rollen, wo ich sage, die würde ich gerne spielen. Im öffentlich Rechtlichen Fernsehen bleibt ein Krimi die Erfindung des Jahrtausends. Da ist doch alles durcherzählt. Die wenn jetzt noch psychopathischer werden und ich mir anschauen muss, wie es dem mit seiner dritten Frau und seinem unehelichen Kind geht, dann denke ich mir: Was soll das? Lauter Quark auf Küchenpsychologie-Niveau – wo man sich wirklich denk: Jeder Therapeut, der da zuschaut denkt sich: „Seid ihr wahnsinnig?“ Kein einziges Leben läuft so ab. Auch bezüglich der Ästhetik haben wir Filme in Deutschland, die wirklich so hinterm Mond sind. Bei uns in der Sendung war die größte Angst, dass es so finster ist. Ein Jahr lang hieß es: Das ist so finster, die Leute sind das nicht gewohnt, das muss hell sein. Dann hat er auch noch einen schwarzen Anzug an, dann ist es noch finsterer, das war denen ihr Thema.
Trotzdem gibt es bis jetzt auch immer wieder Sachen, wo Leute mit mir arbeiten wollen, die ich cool finde und wo ich Spaß habe, wo man auch persönlich was zu tun hat und nicht nur oberflächlich. Wir habens uns auch schön gemacht, mit der Band und unseren Partnern, von dem her ist alles für mich ok so wie es ist.
Danke Hannes für das spannende Interview und deine kurze Rückkehr zum filter!
Im zweiten Teil des spannenden Interviews spricht Hannes Ringlstetter über den aktuellen Selbstoptimierungswahn, wie wichtig Selbstakzeptanz und Humor sind und welche Eigenschaften er gerne von seiner Rolle des Yazid in "Hubert und/ohne Staller" hätte. Zu lesen gibt es das Interview ab kommenden Sonntag, den 27. November, hier auf Regensburger Nachrichten.
Marina Triebswetter | filterVERLAG