Während die aktuelle Spielzeit noch läuft, stellte das Theater Regensburg bereits vor, was das Publikum in der zweiten Jahreshälfte 2023 und dem Frühjahr des nächsten Jahres erwartet. Mit on Board: der neue designierte Generalmusikdirektor Stefan Veselka.
Noch beschäftigt sich das Theater Regensburg mit „Wahrheiten“ – möchte aber in der anstehenden Spielzeit 23/24 einen Blick auf die Fragen werfen: Wer sind wir und was macht uns aus? „Identitäten“ lautet das Motto der neuen Spielzeit, wie Intendant Sebastian Ritschel am gestrigen Montag, dem 13. März, auf der Pressekonferenz im Theater am Bismarckplatz verkündete. Neben ihm saß ein bis dato unbekanntes Gesicht, bei dem es sich um Stefan Veselka, den designierten Generalmusikdirektor (GMD), handelt. Das Haus stellte vor, worauf sich das Publikum in der kommenden Spielzeit freuen darf.
Auf der Suche nach Identitäten
Identitäten – hinter dem Motto der Spielzeit 23/24 steckt die Suche nach dem „Ich“-Bewusstsein: Wer bin ich? Was ist meine Identität? Das Theater Regensburg stellt diese schwierigen Fragen auf mehreren Ebenen. Denn die ausgewählten Stücke thematisieren nicht nur persönliche Identitäten wie die soziale Klasse, sexuelle Identität oder Geschlechteridentitäten. Auch die Schauspieler:innen selbst wechseln auf der Bühne immer wieder ihre Identität und befassen sich auf einer Meta-Ebene mit ebendiesem Thema.
Im Rampenlicht: Regensburg wirft Blick auf weibliche Rollenbilder
Das Motto zieht sich wie ein roter Faden durch die Stücke, die das Theater Regensburg in der kommenden Spielzeit auf die Bühne bringen möchte: „Iphigenies Rache“ beschäftigt sich mit Iphigenie auf Tauris, deren Geschichte im Original von Euripides niedergeschrieben und von Goethe nochmals verarbeitet wurde. In dem Solostück improvisiere Schauspielerin Lilly-Marie Vogler die Opfer-Rolle, in die Iphigenie gedrängt wurde und reflektiert Frauenbilder von damals und heute, so Antje Thoms, Schauspieldirektorin des Theater Regensburg.
Andere Highlights schlagen in dieselbe Kerbe, beispielsweise „Stolz und Vorurteil (oder so)“ – eine feministische Komödie, die Jane Austens Geschichte in einem reinen Frauenensemble mit popmusikalischer Untermalung erzählen möchte.
Das Highlight der Saison in der Donau-Arena?
Auch das Musiktheater bringt einige mögliche Publikumsmagneten ins Spiel: Intendant Sebastian Ritschel konnte noch nicht mehr zur Besetzung verraten, kündigt aber an, dass mit der „Rocky Horror Show“ ein besonderes Highlight auf das Regensburger Publikum wartet. Das Stück, das die Meisten wohl als „Rocky Horror Picture Show“ mit Schauspieler Tim Curry in der Hauptrolle kennen, soll sieben Mal in der Donau-Arena aufgeführt werden. Ritschel zeigte sich überzeugt, dass die Regensburger:innen die Aufführungen kaum erwarten können, sobald die Besetzung verkündet wird – welche noch vor dem Sommer bekanntgegeben soll . Mit der Donau-Arena kommt auch eine neue Spielstätte für das Theater hinzu.
„Mein Herz brennt“ im Musiktheater
Das Musiktheater füllt sein Programm auch sonst mit Stücken, die sich mit „Identitäten“ beschäftigen. Allerdings taucht auch der ein oder andere eher unerwartete Name im Begleitheft zur Spielzeit auf, so beispielsweise Till Lindemann, dessen Texte für Rammstein im Musiktheater „Mein Herz brennt“ verarbeitet werden. Lindemanns Texte würden sich ebenfalls mit Identitäten und vor allem auch der dunklen Seite menschlicher Identitäten befassen, so Chefdramaturg Ronny Scholz.
Keine Scheu vor menschlichen Schattenseiten
Lindemanns Texte sind jedoch mehrfach in die Kritik geraten: Neben Vorwürfen der Gewaltverherrlichung wurde dem Musiker vor allem beanstandet, sexualisierte Gewalt zu romantisieren. Auslöser hierfür war ein Werk aus Lindemanns Gedichtbänden, in dem er die Vergewaltigung einer Frau aus Tätersicht beschreibt, nachdem dieser seinem Opfer Rohypnol ins Glas schüttete. „So soll das sein, so macht es Spaß“, lautet eine der Zeilen des Gedichts. Wie also möchte das Theater Regensburg Lindemanns Texten die Bühne bieten und gleichzeitig in anderen Stücken die Emanzipation und Selbstbestimmung der Frau als Kernmessage vermitteln? Auf die Gefahr der Doppelmoral hingewiesen, antwortete Chefdramaturg Scholz, dass man sich bereits mit einem jungen Regie-Team in Kontakt gesetzt hat und ein Konzept zur Kontextualisierung der Texte erarbeitet. Man möchte nicht von den Schattenseiten der Menschen wegscheuen, so Scholz, wisse aber, dass die Kontextualisierung in solchen Fällen von besonders großer Bedeutung sei.
Kafka kehrt 2024 zurück
Weiter finden sich auch Stücke, die möglicherweise an den Erfolg der laufenden Spielzeit anknüpfen möchten, im Programm wieder: Franz Kafkas „Die Verwandlung“ soll im Februar kommenden Jahres Premiere feiern, nachdem bereits in der aktuellen Saison Kafkas „Der Prozess“ als Oper auf die Bühne gebracht wurde. Das vollständige Programm wird online auf der Website des Theaters nachzulesen sein.
Wer suchet, der findet: Stefan Veselka ist neuer GMD
Aber nicht nur im Programm gibt es Neuzugänge: Auch das Haus selbst darf ein neues Gesicht in seinen Reihen begrüßen. Stefan Veselka, so lautet der Name des designierten Generalmusikdirektoren, der ab der Spielzeit 2023/24 seine Wirkstätte im Theater Regensburg haben wird. Als Sohn tschechischer Eltern in Norwegen zur Welt gekommen, würden Identitäten für ihn ebenso eine große Rolle spielen, lässt Veselka anklingen. Aktuell hat er die Professur für Orchesterleitung an der Hochschule für Künste Bremen inne und war auch schon als Dirigent im Neuhaussaal in Regensburg aktiv.
Damit ist die Suche nach einem Generalmusikdirektoren für das Theater Regensburg beendet, nachdem Intendant Sebastian Ritschel bei Beginn seiner ersten Spielzeit im vergangenen Jahr erklärte, dass man sich bis dato noch in einem intensiven Findungsprozess befinden würde.
Nicole Michalak, RNRed