Die Lieder von Leaving Spirit sind der „Soundtrack zum Leben“. Im Interview mit dem filter haben drei der insgesamt sechs Bandmitglieder über ihre musikalischen Einflüsse geredet – und erklärt, was es eigentlich mit den Kakteen auf sich hat.
„Das ist ja der Blues: eine Geschichte, die erzählt wird, von den Höhen und Tiefen des Lebens.“ Ohne Blues, kein Rock. Da ist sich die Band intern einig. Sie sprechen den Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit an und nehmen uns mit in die Südstaaten der USA. Im September ist das zweite Studioalbum „100 % Leaving Spirit“ erschienen.
Würdet Ihr euch und eure Band erst mal vorstellen, wer ist Teil von Leaving Spirit?
Florian Eppel: Wir heißen Leaving Spirit und kommen aus Würzburg. Uns gibt‘s offiziell seit 2016. In der aktuellen Formation haben wir jetzt dabei: zweimal Gitarre, einmal Piano und Orgel, Gesang, Drums und Bass. Wir sind also insgesamt sechs Leute. Zwei Frauen sind am Start: die Paula und am Bass die Amelie. Maik ist auch da, er spielt Orgel. Ich mach Gitarre, Gesang und Songwriting – und ein bisschen Management. Unser Drummer und der andere Gitarrist sind jetzt heute nicht dabei, das sind der Fabi und der Dmitry.
Eure Lieder handeln von Themen wie Freiheit und Unabhängigkeit und erzählen Geschichten, die z.B. in den Südstaaten der USA spielen. Was inspiriert Euch zu Songtexten wie „Where I Belong“, „Outlaws & Bandits“ oder „Cactus Ranch“?
Florian Eppel: Die Südstaaten haben natürlich einen großen Einfluss auf uns – vom Musikalischen her, aber auch von den Texten. Ich hab‘ selbst von 2019 bis 2020 in Austin, Texas, gelebt, studiert und natürlich auch Musik gemacht. Ich war vorher schon in dieser Bluesrock-Schiene drin und hab dann dort natürlich noch ein paar Einflüsse abgekriegt. Daher kommt auch die Southern/Outlaw-Ausrichtung unserer Texte.
Maik Wiezorreck: Auch die Geschichte des Blues ist für uns wichtig. Wir haben uns nicht nur damit beschäftigt, was Blues ist, sondern auch, wo diese Musik herkommt. Daher kommt auch der Freiheitsdrang in unseren Texten. Beim neuen Album bin ich stärker ins Songwriting involviert und will dieses Gefühl auch in meinen Songs vermitteln. Blues ist für mich aber auch der Soundtrack zum Leben. Wir greifen also auch alltägliche Situationen auf. Das ist ja der Blues: eine Geschichte, die erzählt wird, von den Höhen und Tiefen des Lebens. Das finden wir eigentlich richtig geil, so was zu machen.
Mit Eurer Single „Myth of the Delta Blues“ spielt Ihr auf die Legende an, dass der Bluesmusiker Robert Johnson seine Seele dem Teufel verkauft haben soll, der ihm im Gegenzug geholfen haben soll, sein Gitarrenspiel zu verbessern. Hat Robert Johnson euch geprägt, und welche anderen Einflüsse hat eure Musik?
Florian Eppel: Auf jeden Fall. Konkret bei dem Song ist der Einfluss natürlich nicht zu überhören. Im Endeffekt sind wir durch die Musik unserer Eltern da draufgekommen. Das waren Deep Purple, Led Zeppelin, und die Rolling Stones.
Die haben ja viel von diesen alten Bluesmusikern übernommen. So hab‘ ich dann zu diesen ganzen alten Blues-Aufnahmen gefunden, bin da systematisch durchgegangen und hab mich auch mit Robert Johnson beschäftigt.
Stimmt es, dass der Name „Leaving Spirit“ an den Songtext von Led Zeppelins „Stairway to Heaven“ angelehnt ist?
Florian Eppel: Ja, das ist korrekt. Auf der Suche nach einem schönen Bandnamen, was macht man da so? Na ja, man schaut: Was passt denn so in das Framework rein? Dann hat man sich mal Lyrics angeschaut; in dem Fall jetzt „Stairway to Heaven“– „My spirit is crying for leaving“. Das haben wir adaptiert zu „Leaving Spirit“. Einerseits kann man es so verstehen, dass dieser „Spirit“ der handgemachten Musik momentan nicht mehr ganz so en vogue ist und ein bisschen verlorengeht. Andererseits könnte man auch sagen: Überall, wo wir spielen, „hinterlassen“ wir diesen Spirit. Das ist absichtlich etwas offen und mehrdeutig.
Apropos handgemachte Musik – Euer zweites Studioalbum „100 % Leaving Spirit“ ist im letzten September erschienen. Wie der Name schon verrät, habt Ihr beim Entstehungsprozess alles selbst übernommen.
Paula Frecot: Genau, an dem Album haben wir tatsächlich alles selber gemacht: Wir haben es selber aufgenommen, selber gemixt, gemastert, und das Cover – das hab‘ ich gemacht – ist auch von uns. Wir haben die Tour selber organisiert, die wir dann im September letztes Jahr gemacht haben. Also ja: war tatsächlich alles 100 % Leaving Spirit.
Wie würdet Ihr selbst Euren Musikstil beschreiben – eine Mischung aus Blues, Country und Southern Rock?
Florian Eppel: Das triffts eigentlich ziemlich gut. Blues-Rock, Country-Rock und Southern Rock – reinen Country und reinen Blues machen wir nicht, da ist schon überall ein bisschen Rock dabei. Und das ist auch so gewollt.
Maik Wiezorreck: Genau. Blues ist eine Grundlage, auf der man sehr vieles aufbauen kann. Das war immer unser Ding und wir haben immer gefragt: „Was geht da?“ Es gibt auch Bluesbands, die spielen immer das zwölftaktige Blues-Schema und fangen dann wieder von vorne an. Wir haben uns gesagt: Wir wollen das weiterentwickeln – nicht irgendwas nur kopieren, was es schon gibt, sondern einfach unser eigenes Ding draus machen.
Genau, aber wir haben auch immer diesen Punkt, dass wir gesagt haben: Blues ist eine Grundlage, auf der man sehr vieles aufbauen kann. Das war immer unser Ding, dass wir uns angeschaut haben: Was geht da? Es gibt auch Bluesbands, die spielen immer das zwölftaktige Blues-Schema und fangen dann wieder von vorne an. Wir haben uns gesagt: Wir wollen das weiterentwickeln – nicht irgendwas nur kopieren, was es schon gibt, sondern einfach unser eigenes Ding draus machen.
Was wollt Ihr bei den Hörern mit Eurer Musik erreichen? Bei mir jedenfalls löst sie eine positive Stimmung aus.
Maik Wiezorreck: Genau. Für mich ist es wesentlich, dass man mit einem guten Gefühl aus der Sache rausgeht und es einen auch berührt. Also das ist das Wichtigste am Ende: Das etwas hängen bleibt, es nicht einfach so vorbeispült und dass es zum Leben passt. Unsere Musik soll nicht irgendwo abgehoben stehen, sondern zu den alltäglichen Erlebnissen passen.
Florian Eppel: Weil du vorhin den „Myth of the Delta Blues“ angesprochen hast: Für uns ist auch wichtig, Leute zu motivieren, sich ein wenig mit Musik abseits des Mainstreams zu beschäftigen. Den meisten unserer Generation, sagt denen Robert Johnson gar nichts, wenn sie nicht selbst Gitarre spielen oder sich mit Blues beschäftigen.
Haben die Kakteen in euren Videos und die Cactus Ranch auf dem Albumcover irgendeine besondere Bedeutung?
Paula Frecot: Ja, der Kaktus ist ein bisschen zu unserem Symbol geworden. Wie gesagt: Flo hat in Texas gewohnt. Da gibt es einige Wüstenregionen, wo solche Kakteen wachsen.
Florian Eppel: Im Endeffekt haben wir uns überlegt: Du brauchst eigentlich als Band eine Art Symbol, das für dich steht – so wie die Zunge der Rolling Stones z. B. Was könnten wir denn da machen, was zu uns passt? Klar, du könntest jetzt sagen: „Adler oder so was.“ Aber das gibts halt alles schon. Einen Kaktus als Logo haben wir tatsächlich noch bei keiner Band gesehen und der passt eigentlich schon perfekt in das Genre. Wir haben jetzt auch live ein paar handgemachte Holzkakteen immer mit auf der Stage dabei. Die stehen vorne rechts und links fürs Bühnenbild. Das wird dann natürlich entsprechend auch in Videos immer aufgegriffen, so ein bisschen als das Markenzeichen. Die Cactus Ranch, die gibt es nicht wirklich. Das ist ein gedankliches Konstrukt einer Scheune, die da irgendwo in der texanischen Wüste steht, wo wir quasi Konzerte spielen.
Vielen Dank, Leaving Spirit, für das nette Interview! Wie Leaving Spirit im Gespräch außerdem verraten hat, arbeiten die sechs Musiker:innen zurzeit bereits an ihrem nächsten Album. Wer jetzt neugierig auf ihre Musik geworden ist, geht einfach online auf leavingspirit.rocks. Dort findet man unter anderem Informationen zu anstehenden Konzerten.
Dominik Holz / RNRed