Der Regensburger Hof in Wien – ein Gebäude, das nicht nur mit seiner wundervollen Architektur überzeugt, sondern auch mit ganz viel Geschichte aufwartet. Wie das Gebäude vom Lagerhaus zum „Hot Spot“ für prunkvolle, rauschende Feste wurde und wie es den Namen Regensburger Hof erhielt. Ein Einblick in eine bewegte Geschichte.
Für Kaufleute aus dem Raum Regensburg war die Donau schon immer ein wichtiger Verkehrsweg. Um in Wien Präsenz zu zeigen, wurde im späten 14. Jahrhundert eine eigene Niederlassung in der Kaiserstadt gegründet, die in Anspielung an die Bauherrn bald den Namen Regensburger Hof erhielt.
Der heutige Nachbau dieses Gebäudes im 1. Stadtbezirk am Lugeck heißt trotz anderer Besitzer auch jetzt noch so und nimmt einen markanten Platz im Stadtbild ein.
Mit sogenannten „Ulmer Schachteln“, das waren Einwegboote aus Holz, die am Zielort verwertet wurden, gelangten die verschiedensten Waren aus dem süddeutschen Raum donauabwärts nach Wien und Budapest. Regensburger Kaufleute, die sozusagen über einen Standortvorteil an der Donau verfügten, spielten bei diesem Warenverkehr eine maßgebliche Rolle.
Um die transportierten Güter vor der Lieferung an den Einzelhandel oder an das Kaiserhaus zu lagern, benötigte man Platz. Daher errichteten die Regensburger Händler am Lugeck, ganz im Zentrum der Altstadt, einen repräsentativen, ursprünglich gotischen Bau mit markanten Eckrondellen, der auch Übernachtungsmöglichkeiten bot. Die erste urkundliche Erwähnung des Namens „Regensburger Hof“ stammt aus dem Jahr 1410. Fast zeitgleich errichteten Kölner und niederrheinische Kaufleute in unmittelbarer Nachbarschaft ebenfalls eine Niederlassung, an die heute nur mehr ein Straßennamen erinnert (Köllnerhofgasse).
Lagerplatz und rauschende Feste
Unter den seitlichen Erkern des Regensburger Hofes befanden sich zwei Steinbüsten (Mann und Frau in altdeutscher Tracht, heute in Nachbildung vorhanden) sowie ein Bild der Stadt Regensburg, das bei Renovierungen leider verlorenging.
Im frühen 15. Jahrhundert kaufte den Hof ein gewisser Niklas Teschler (geb. um 1410 bei Ravensburg, gestorben 1485 in Wien), ein sehr geschickter Kaufmann, der es zu großem Reichtum brachte. Er betrieb im Regensburger Hof zeitweise auch ein Hotel mit Repräsentationsräumen, in denen Feste gefeiert wurden, von denen man in der Stadt sprach. Die Kaiser Sigismund, Friedrich III. und Matthias Corvinus stiegen hier ab.
Über eines dieser Feste im Jahr 1476 sind Abrechnungen im Wiener Stadtarchiv erhalten, die zeigen, dass bei Umbauten für die großzügige Tanzfläche, bei Beleuchtung, Kulinarik und vor allem beim Wein – circa 100 Liter waren eingeplant, die Gästezahl lässt sich aber nicht mehr eruieren – nicht gespart wurde.
Abriss und Neubau
Im Laufe der Zeit wechselten natürlich auch die Besitzer. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts stellte man an Gebäude ganz neue Anforderungen. Elektrizität wurde ab 1880 in Haushalte eingeleitet, die Sanitäranlagen modernen Anforderungen angepasst. Ab circa 1890 kamen Telefonanschlüsse in die Häuser, zumindest in die der Wohlhabenden. Im stark sanierungsbedürftigen Regensburger Hof wären diese Investitionen nicht wirtschaftlich gewesen, man beschloss daher 1896 den Abbruch.
Doch Bürgerproteste erschwerten das Vorhaben, die Wiener hatten das Gebäude offenbar liebgewonnen. Die Bauherren entschieden sich für einen Kompromiss: Nach Plänen von Franz von Neumann, einem der Star-Architekten von Österreich-Ungarn, wurde ein etwas zurück versetztes und um ein Zwischengeschoss erhöhtes Miet- und Warenhaus errichtet, das mit den aufgesetzten Türmen prächtiger wirkt, aber dem alten Gebäude trotzdem ähnlich sieht.
Kurioser Eintrag ins Neue Wiener Tagblatt
Am letzten Abend vor dem Abbruch, am 28. November 1896, hatte es der alte Regensburger Hof noch zu einem kuriosen Eintrag im Neuen Wiener Tagblatt gebracht: Ein Kellner fand „am Auskehrabend der Restauration“ hinter einer Wandverkleidung eine alte Speisekarte aus dem Jahr 1848, was zu einer angeregten Diskussion über die Preissteigerungen der letzten fast 50 Jahre führte, die die Zeitung durch einige Beispiele dokumentierte. Staatliche Inflationsberechnungen gab es ja noch nicht. Wie die Speisekarte in dieses Versteck gelangte, blieb natürlich ungeklärt.
© Wolfgang Ludwig
Der Name Regensburger Hof blieb dem neuen Gebäude erhalten, eine Gedenktafel an Friedrich III. kam dazu. Vor dem Gebäude steht ein Gutenberg-Denkmal – das hat zwar mit Regensburg nichts zu tun, sieht aber allemal gut aus.
Heute befinden sich im bestens renovierten Regensburger Hof ein Edel-Schnitzelwirt, Büros und Wohnungen. In der Umgebung herrscht Tag und Nacht reges Treiben, da es jede Menge Geschäfte, Lokale und Kultureinrichtungen gibt.
Wolfgang Ludwig