Die Regensburger Punk-Profis „Erection“ zeigen seit einigen Jahren, wie der Kampf gegen das Patriarchat und altbackene Strukturen nicht nur gut klingen, sondern auch Spaß machen kann. Frontfrau und -kämpferin Julia hat sich die Zeit zwischen Single- und (Debüt)-Albumrelease genommen, um uns Rede und Antwort zu stehen.
In wenigen Wochen haut uns das Quartett ERECTION ihren ersten Langspieler um die Ohren: Am 28. Juli erscheint das Album „Queendom“. In der aktuellen filter Ausgabe berichtet uns Frontfrau Julia vom Weg zum Album, wie familiär die Band ist und wie sie als Frau in der Musiker-Szene zurechtkommt.
Servus Julia! Wie geht’s dir und bei was stören wir dich gerade?
Hi, mir geht es mittelmäßig. Ich habe zurzeit wieder einen Schmerz-Schub. Ich leide unter chronischen Schmerzen. Aber ich versuche wie immer, positiv zu bleiben und außerdem bin ich eine Kämpferin. Ich sitze gerade vorm Direktoriat. Ich bin Integrationshelferin am Förderzentrum.
Man kann euer erstes Album fast schon schmecken! Wie groß ist die Vorfreude?
Absolut! Wir sind super aufgeregt und freuen uns riesig. Ein Jahr lang haben wir unsere Leidenschaft, Zeit und Herz in das Album gesteckt. Das Album erscheint am 28. Juli. Das gute Stück wird es natürlich auf Vinyl, CD und bei Spotify zu hören geben.
Bisher sind mit „Rich Bitch“ und „Sunday Morning“ zwei Singles vom kommenden Album erschienen. Beide Songs haben auch Musikvideos erhalten, die nach einer Menge Spaß aussehen. Wer hatte die Ideen für die Videos und wie waren die Drehs?
Die Videoideen sammeln wir immer gemeinsam oder manchmal hat auch jemand eine grobe Vorstellung, die wir dann gemeinsam ausarbeiten. Das machen wir in unseren Bandmeetings, die regelmäßig stattfinden. Das Drehen selbst ist immer super witzig. Da wir alle Videos selbst machen, haben wir den Vorteil, in absoluter Privatsphäre arbeiten zu können. Das lässt Spielraum für ‘ne Menge Spaß und den ein oder anderen Unfug. Wir werden auf jeden Fall einige Outtakes veröffentlichen.
Woher nehmt ihr die Inspiration für eure Musik? Wie läuft das Songwriting ab?
Meistens kommen die Songs von mir. Deshalb spreche ich mal nur aus meiner Erfahrung des Songwritings: Die Hauptenergie, einen Song zu schreiben, nehme ich aus extremen Emotionen. Wut, Trauer, Ekstase, Enttäuschung, Ungerechtigkeiten und so weiter. Ich packe die Emotionen und verwandele sie in einen Song. Das Gefühl danach ist schön. Leichtigkeit für einen Moment. Mit der Song-Idee gehe ich dann zu „Schtiefn“ (Stefan Matejka, Gitarrist der Band, Anm. d. Red.) und wir machen ein schönes musikalisches Arrangement daraus. Wenn das steht, gehen wir in den Proberaum und der Song bekommt seinen Feinschliff. Da kann dann jeder seine Muse mit einbringen.
Eure erste EP ist knapp drei Jahre alt. Wie blickst du heute auf die Songs zurück? Wie haben sich die Band und ihr Sound verändert?
Krass, kommt mir noch gar nicht so lange vor. Aber time flies! Ich blicke auf wunderschöne, wilde, verrückte und aufregende Zeiten zurück. Auch auf unschöne Momente. Eine Band ist wie eine Familie und dort läuft schließlich auch nicht immer alles glatt. Wir hatten eine Umbesetzung am Schlagzeug und sind mittlerweile sehr froh um diese Veränderung. Wir haben uns gleich zwei Drummer ins Boot geholt, die sich abwechselnd Konzerte aufteilen. Beide sind großartig in dem, was sie tun. Danke an dieser Stelle in aller Öffentlichkeit für eure Bereicherung! Much love goes out. Natürlich auch an meine zwei Felsen in der Brandung. Gemeinsam haben wir in dem neuen Album gezeigt, dass wir einen unendlichen Kosmos an musikalischen Ideen haben und somit würde ich sagen: Wir wachsen stetig. Was bleibt ist, die Musik bleibt und kommt für immer von Herzen. Was bleibt: die Musik und dass sie von Herzen kommt.
In einem früheren Interview meintest du mal: „Eine Band haben, das ist krasser als eine Beziehung pflegen“. Wie sah die Arbeit an der Platte aus und wie hat sie sich auf eure Vierecks-Beziehung ausgewirkt?
Das ist richtig! Zumindest für mich. Ich bin quasi in einer Beziehung mit vier Männern. Wir achten, schätzen und respektieren uns gegenseitig. Um das aufrecht zu erhalten, entsteht auch mal die eine oder andere Diskussion. Bei uns menschelt es eben. Während der Albumproduktion hatten wir viel Spaß und haben uns gegenseitig unterstützt. Fast so, als würde mein sein Kind zum ersten Fußball Training bringen oder so ähnlich. Mir fällt gerade kein besserer Vergleich ein. Jeder wurde während seinen Aufnahmen von allen begleitet. So war keiner allein und wir haben die Anstrengungen gemeinsam durchgestanden. Teamwork!
Wie siehst du die deutsche Punkszene im Jahr 2023: Hältst du es eher mit den alten Hasen oder siehst du viel Nachwuchs nachkommen?
Ich hoffe ja immer darauf, irgendwann nicht mehr von Szenen zu hören, sondern von großartigen Musikern und da bin ich mir sicher kommt einiges und das wird gut!
Eure Band geht sehr offensiv mit dem Thema Sexismus um. Wie ist es für dich, im Jahr 2023 die Frontfrau einer Punkband zu sein? Gibt es heute genug Platz für Frauen in der Musikindustrie?
Stimmt! Wir haben eine klare Haltung: Fight Sexism! Liebe für alle! Ich bin dankbar, die Möglichkeit zu haben, mit meiner Band eine Menge Menschen erreichen zu können und neue Wege für die Generation nach uns ebnen zu können. Was soll ich sagen? There is no better job for me! I’m cheeky and I like to rebel! And there is place for all of us!
Mittlerweile übernehmen auch Musiker aus anderen Genres offensiv linke Positionen. Die Gruppe Antilopen Gang um den Rapper Danger Dan feiert zum Beispiel große Erfolge. Ist Punkrock trotzdem das richtige Genre, um politisch Musik zu machen?
Ich muss ehrlich gestehen, ich kenne die Gruppe nicht. Hab' nur mal den Namen gehört. Für mich gibt es essenzielle Werte wie Mitgefühl, Verständnis, Hilfsbereitschaft, Vertrauen und Sicherheit. Ich kenne keine Partei, die diese gewährleisten. Politisch ist man meiner Meinung nach immer so, wie Paul Watzlawick schon so schön gesagt hat: „Man kann nicht nicht kommunizieren“. Veränderung ist überall und jederzeit möglich. Dafür brauche ich keine Staatsgewalt, das lässt sich mit Herz und Verstand leben.
Wie viel Punkrock steckt in Regensburg?
Ich weiß nicht, wie viel Punkrock in Regensburg steckt. Ich denke nicht in Szenen. Für mich ist Regensburg bunt und ich kenne viele tolle Leute hier. Mein Fazit: Mehr davon!
Für euch stehen auch schon einige Festival-Auftritte fest! Auf welches Konzert freust du dich am meisten? Gibt es schon weitere Auftritte zu vermelden?
Yes! Ich freue mich auf alle Auftritte. Am meisten freue ich mich aktuell auf England, muss ich gestehen. Dort spielen wir auf dem Rebellion Festival, das ist das größte Punkrock-Festival in Europa und da steht eine große Überraschung an. Zu viel darf ich leider noch nicht verraten, aber es wird auf jeden Fall großartig! Ansonsten feiern wir natürlich unsere Plattenrelease-Party am 21. Juli im Tiki Beat mitten in Regensburg. Davor sind wir am 10. Juni in Bodenmaus und am ersten Juli in Kelheim. Natürlich spielen wir auch im Rest von Deutschland einige Konzerte. Von Augsburg bis Berlin!
Wie sieht für dich der perfekte Auftritt aus? Mit welcher Band würdest du gerne noch die Bühne teilen?
Der perfekte Auftritt ist für mich, wenn ich sehe, dass die Menschen Spaß haben und zur Musik tanzen und singen. Das holt mich so ab! There is no better feeling! Ich würde gerne einmal die Bühne mit Liam Gallagher teilen. Der Typ ist authentisch, ehrlich und lebt die Musik. Das mag ich. Aber da gibt es einige, von dem her: Alle her damit, I’m ready! Danke für die Einladung zum Interview! Bleibt alle gesund und wir sehen uns auf unseren Shows. Love goes out!
Danke für das Interview und deine Zeit und viel Erfolg beim Album-Release. Liebe geht raus!
Wie angekündigt erscheint die erste Platte von ERECTION mit dem Titel „Queendom“ am 28. Juli. Wer bis dahin auf dem Laufenden bleiben will hat auf allen gängigen Social-Media Plattformen Gelegenheit dazu. Auf Instagram findet Ihr die Band unter @erection_band und auch Frontfrau Julia ist hier vertreten (@julia_erection.band). Wer eher auf Bewegtbild steht, kann der Band auch auf TikTok folgen (erectionband). Alle weiteren Infos kriegt ihr auf der Website der Band.