Diesmal führt uns unsere Reise durch Regensburgs Partnerstädte in den Norden Italiens, genauer gesagt in die nördlichste Provinz. In Brixen erwarten uns dreiköpfige Männer, Berge und moderne Kunst erwarten. Dazu natürlich eine Menge Geschichte und eine überraschend alte Verbindung zu Regensburg.
Brixen (italienisch Bressanone) ist nach Bozen und Meran die nach Einwohner:innen drittgrößte Gemeinde Südtirols. 22.728 Menschen (Stand 2022) leben hier am Zusammenfluss von Eisack und Rienz, 40 Kilometer nordöstlich von Bozen und 45 Kilometer südlich des Brennerpasses. Bereits am 18. Oktober 1969 besiegelten Brixens Bürgermeister Zeno Giacomuzzi und Regensburgs Oberbürgermeister Rudolf Schlichtinger im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses die Partnerschaft, was Brixen nach Aberdeen (seit 1955) und Clermont-Ferrand (ebenfalls seit 1969) zu unserer drittältesten Partnerstadt macht.
Brixen: Mehr als Abwechslung und kulturelle Vielfalt
Knapp 260 Kilometer südlich von Regensburg im Brixner Talkessel gelegen, ist sie neben unserer Pilsen die am schnellsten zu erreichende Partnerstadt. Umgeben ist das rundliche Tal von den Pfunderer Bergen im Norden, den Sarntaler Alpen im Westen sowie den zu den Dolomiten zählenden Lüsner Bergen im Osten. In diesem phänomenal beeindruckenden Umfeld lässt sich eine Vielzahl an wunderschönen Wanderwegen erkunden. Zur kalten Jahreszeit ist die Gegend ein Magnet für Wintersportler:innen. Nicht weniger Spannendes kann man innerhalb der urbanen Grenzen entdecken, denn auch hier ist für Abwechslung und kulturelle Vielfalt gesorgt.Brixens Historischer Hintergrund Liegt In Regensburg
Die Stadt kann auf eine über tausendjährige Geschichte zurückblicken, von der gut erhaltene alte Bauwerke zeugen. Eines der hiesigen Wahrzeichen, der Brixner Dom, hat hingegen im Laufe der Zeit mehrere Umgestaltungen erfahren. Sein ältester Vorgängerbau war eine Münsteranlage aus ottonischer Zeit und noch vor 990 vollendet worden. Nachdem das Gotteshaus im Jahre 1174 einem Großbrand zum Opfer gefallen war, führten die Bischöfe Heinrich von Berchtesgaden und Richer von Hohenburg im Zuge des Wiederaufbaus bauliche Anpassungen im Stile der Hochromanik durch. Nach vielen weiteren Veränderungen während der kommenden Jahrhunderte erfolgte schließlich ein aufwendiger, neun Jahre (1745 bis 1754) andauernder Umbau, der zum Ergebnis hatte, dass sich die römisch-katholische Bischofskirche seither in einem barocken Stil zeigt. Heutzutage werden hier häufig kirchenmusikalische Konzerte gespielt.
Wie die Geschichte des Doms reichen auch die Verbindungen zwischen den Partnerstädten bis ins 10. Jahrhundert zurück. Am 13. September 901 schenkte der ostfränkische König Ludwig IV. – dessen letzte Ruhestätte sich in St. Emmeram in Regensburg befindet – dem Bistum Säben unter Bischof Zacharias seinen königlichen Meierhof Prihsna (Brixen). Die Schenkungsurkunde, in der Brixen somit erstmals offiziell erwähnt wurde, unterzeichnete man in Regensburg. Als dann um 980 der Bischofssitz von Säben nach Prihsna verlegt wurde, begann hier die Stadtplanung für das heutige Bressanone. Dieses karolingische Dokument gilt als Gründungsurkunde der Südtiroler Stadt. Der historische Hintergrund für ihre Gründung liegt also in Bayern.
Vom dreiköpfigen Mann zu den 5.000 Figürchen
Die Brixner Altstadt weist einige bekannte Sehenswürdigkeiten auf. Nachdem man sich den barocken Dom angeschaut hat, findet man, nur wenige hundert Meter in nordwestlicher Richtung, am westlichen Ende der Gasse „Große Lauben“ eine Holzfigur an einer Hauswand. Sie ist zwar nicht das größte Baudenkmal der Stadt, doch verbindet sich mit ihr eine beliebte Sage. An der Fassade des ehemaligen Gasthauses „Schwarzer Adler“ prangt ein Mann mit drei Köpfen. Der sogenannte „dreikopfete Mann“ blickt mit seinen Gesichtern in drei verschiedene Gassen, nämlich die Großen Lauben, die Kleinen Lauben und die Säbenertorgasse. Unter den Bewohner:innen von Bressanone erzählt man sich, dass, wenn es am Karfreitag zwölf Uhr läutet, etwas Sonderbares vor sich geht: Einmal im Jahr zu exakt diesem Zeitpunkt speie der auch „Wilder Mann“ Genannte aus seinen Mündern Geldstücke in die umliegenden Gassen, die man dann – zur rechten Zeit am rechten Ort – nur aufzuklauben brauche.
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Krippen gibt’s nicht nur an Weihnachten
Ein Gebäude von historischer Bedeutung ist die Hofburg, die bis 1973 die Bischofsresidenz der Diözese Brixen war. Nachdem die Bischöfe ihr Domizil damals nach Bozen verlegt haben, ist die Hofburg heutzutage für die Öffentlichkeit zugänglich und wird museal genutzt. Im Erdgeschoss kann man im Krippenmuseum nicht nur Weihnachtskrippen begutachten, sondern das gesamte Heilsgeschehen wird hier figürlich dargestellt. Krippen aus drei Jahrhunderten sind ausgestellt. Das Prunkstück bilden die Jahreskrippen der Brüder Augustin Alois und Josef Benedikt Probst (mit mehr als 5.000 Figürchen) sowie des Tiroler Bildhauers Franz Xaver Nißl (1731–1804). Im ersten und zweiten Obergeschoss befinden sich die siebzig Schauräume des Diözesanmuseums, in denen sowohl wertvolle Kirchenkunst als auch Kunsthandwerk wie Möbelstücke und Goldschmiedearbeiten gezeigt werden. Die reichhaltige Sammlung reicht von mittelalterlichen Tafelbildern bis hin zu neuzeitlichen Gemälden des Historismus. So können Besucher:innen zum Beispiel den Dreikönigsaltar von Bartlmä Dill Riemenschneider, Sohn des bedeutenden Würzburger Bildschnitzers Tilman Riemenschneider, bewundern. Dem österreichischen Barockmaler Paul Troger (1698–1762) ist sogar ein eigener Raum gewidmet, in dem zahlreiche Freskenskizzen aufbewahrt werden. Regelmäßig bietet die Hofburg Führungen durch ihre Räumlichkeiten an.
Brixner Umland & die längste Abfahrt Südtirols
Nicht nur am Karfreitag um zwölf Uhr und nicht nur wegen der Museen ist Brixen einen Ausflug wert, denn auch die Umgebung der Bischofsstadt lädt zum Entdecken – und vor allem zum Wandern – ein. Spaziert man vom Stadtzentrum aus nach Norden, gelangt man auf ein von den Flüssen Rienz und Eisack eingefasstes Plateau, etwa 260 Meter höher als die Gässchen der Altstadt, mit dem zur Gemeinde Brixen gehörenden Dorf Elvas. Hier oben bauen die Dorfbewohner:innen Obst und Wein an und den Augen bietet sich ein Rundumblick: einerseits auf die umliegenden Berge genauso wie andererseits auf den Brixner Talkessel. Östlich von Elvas ragen die drei Gipfel des Plose-Massivs empor: Telegraph (2.504 Meter), Pfannspitze (2.547 Meter) und Gabler (2.576 Meter). Nur Menschen, die wirklich gerne wandern und konditionell fit sind, sollten sich die Drei-Gipfel-Tour vornehmen – dafür werden sie mit einer eindrucksvollen Aussicht belohnt. In den Wintermonaten ist der Gebirgsstock der Plose darüber hinaus ein Anziehungspunkt für Snowboard- und Skifahrer:innen. Dort treffen sie auf eine Auswahl an Pisten aller Schwierigkeitsgrade. Neben einfacheren Strecken wird jährlich die spektakuläre, als schwarz markierte, „Trametsch“ präpariert, die mit neun Kilometern längste Abfahrt Südtirols.
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Festung nördlich von Brixen
Etwa acht Kilometer nördlich von Bressanone liegt die Franzensfeste. Diese Festung war nie in schwere kriegerische Handlungen verwickelt, dennoch gilt sie inzwischen als ein wichtiges Baudenkmal der Region. Heute dient sie unter anderem musealen Zwecken und beherbergt jedes Jahr die verschiedensten Sonderausstellungen sowie eine Dauerausstellung zur Geschichte und zum aufwendigen Bau der riesigen Anlage. Dieser erstreckte sich von 1833 bis 1838 unter Kaiser Ferdinand I. über einen Zeitraum von fünf Jahren. Saisonabhängig waren 3.200 bis 4.600 Menschen daran beteiligt. Der Aufbau der Franzensfeste gilt als einziges reines Beispiel für neupreußische Befestigungsmanier auf dem Boden der einstigen Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Ihr Name geht zurück auf den damaligen Kaiser Franz I. von Österreich aus dem Hause Habsburg-Lothringen, der von 1792 bis 1806 als Franz II. der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war.
Orte moderner Kunst
Ein einzigartiges kulturelles Highlight der Brixner Kunstszene wird jedes Jahr im Mai veranstaltet. 2023 fand das „Water Light Festival“ mit der Franzensfeste, dem Kloster Neustift sowie der Innenstadt zeitgleich an drei Standorten statt. Unter dem Motto „Wasser ist Leben – Licht ist Kunst“ konnten Besucher:innen an den einzelnen Wasserorten diverse Lichtinstallationen bestaunen. Die einzelnen Kunstwerke waren durch eine 3,2 Kilometer lange blaue Linie miteinander verbunden. Wer sich für zeitgenössische Kunst begeistert, sollte außerdem auf jeden Fall einen Besuch der StadtGalerie ins Auge fassen, denn hier wird sie in allen möglichen Ausformungen präsentiert.
Vielerorts ist die Partnerschaft sichtbar
Welche:r Regensburger:in hat noch nicht vom Brixener Hof gehört? Heinrich II. schenkte im Jahre 1002 dem Bischof von Brixen diesen Hof in der Regensburger Altstadt. Während der Landtage des Bayerischen Herzogtums nutzten die Bischöfe ihn als Unterkunft. Noch heute ziert ihn das Wappen des Brixner Domkapitels. Heutzutage bestehen Verbindungen zwischen der Domstadt und der Südtiroler Gemeinde in vielen Bereichen, insbesondere unter Bürger:innen. So stehen beispielsweise die Kolpingfamilien im Austausch, aber auch bildende Künstler:innen, Musikgruppen, Sportler:innen und Jugendliche verdeutlichen immer wieder von Neuem die tiefen freundschaftlichen Kontakte.
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Sogar das Regensburger Bürgerfest hat das Kulturleben in Bressanone verändert. Anfang der 1970er Jahre war der Brixner Bürgermeister Zeno Giacomuzzi zum Bürgerfest in die Stadt an der Donau eingeladen. Da es ihm so sehr gefallen hatte, brachte er in den darauffolgenden Jahren in seiner Heimat einen Stein ins Rollen: Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass man 1978 in der südlichen Partnerstadt das erste Brixner Altstadtfest ausrichtete. Nicht zuletzt existiert seit 2019, dem 50-jährigen Partnerschaftsjubiläum, der (wohl noch nicht allen Regensburger:innen zu Ohren gekommene) Brixen-Park auf dem Gelände der ehemaligen Nibelungenkaserne. Inzwischen haben sich neben all den genannten Beziehungen viele persönliche Freundschaften zwischen Einwohner:innen beider Städte gebildet, weshalb man guten Mutes sein kann, dass in Zukunft noch oft solche Jubiläen gefeiert werden.
Dominik Holz / RNRed