Die H-Blockx gibt es mittlerweile seit über 30 Jahren. Bald dürfen wir die bekannte Crossover-Band auch in Regensburg live erleben. Bandgründer und Sänger Henning Wehland erzählt im Interview, wie sich das Leben „on the road“ verändert hat und wirft mit uns einen Blick in die Vergangenheit – und ihre kurze Karriere beim Film.
Mit Crossover-Titeln wie „Risin' High“ oder „Countdown to Insanity“ haben sich die H-Blockx in den 90ern und 2000ern in unsere Köpfe gebrannt. Viel zu lange her, denken viele. Dabei ist seitdem viel passiert, neue alternativere Rocktitel sind entstanden, eine Zeit lang war eine der bekanntesten deutschen Rock-Bands jedoch ganz von der Bildfläche verschwunden. Seitdem sie im vergangenen Jahr ihr 30-jähriges Bandjubiläum gefeiert haben, sind die Jungs aber wieder voll on fire. Im August heißt es auch in Regensburg „Time to Move Again“.
Wir haben bei Front-Sänger Henning Wehland – der die Band 1990 an einem Gymnasium in Münster gegründet hat – nachgefragt, was das Geheimnis einer so langen Bandgeschichte ist und wie viel „Beziehungsarbeit“ dafür nötig ist. Von der Tour mit Bon Jovi, dem WWE-Video mit Stone Cold Steve Austin oder seiner eigenen „Wrestling Karriere“. Gemeinsam mit dem Sänger werfen wir einen Blick in die Vergangenheit. Er verrät uns aber auch, wie sich die gemeinsame Zeit „on the road“ nach 30 Jahren verändert hat und erzählt von seiner Zeit bei „The Voice Kids“ – was er selbst von den kleinen Talenten lernen konnte.
Vielen Dank, dass du dir heute die Zeit für unser Interview genommen hast. Du hast im Vorfeld erwähnt, dass du gerade in einer Mammutveranstaltung steckst. Wo bist du denn gerade unterwegs?
Ich bin aktuell in Münster, tatsächlich jetzt gerade auch wieder mit den H-Blockx im Studio. Im Vorfeld war ich auf einer Firmengala, auf der ich auch moderiert und Musik gemacht habe. Ich habe das Ganze mehr oder weniger organisiert, konzipiert und anschließend auf der Bühne durchgeführt. Insofern musste ich die Moderation selbst schreiben, das mache ich auch nicht jeden Tag. Aber es hat sehr gut geklappt und jetzt ist in meinem Kopf wieder Platz für Neues (lacht).
Auftritte vor vielen Zuschauern und Fans müsstest du ja mittlerweile gewohnt sein. Wie würdest du das Gefühl, auf der Bühne zu stehen, beschreiben? Gewöhnt man sich jemals daran?
Nein. Wir sprechen gerade in letzter Zeit sehr viel darüber, weil wir jetzt häufiger die Gelegenheit haben, darüber nachzudenken, was in den letzten mehr als 30 Jahren schon passiert ist. Und eins ist bei uns auf jeden Fall sicher: Überraschungen sind immer willkommen und nichts passiert so, wie es geplant war – im positiven Sinne natürlich (lacht). Auf der Bühne zu stehen, ist immer wieder eine Herausforderung und ich glaube, die Kunst liegt für uns mittlerweile darin, dass wir einfach so Bock darauf haben, gemeinsam Musik zu machen, sodass wir uns einen Raum auf der Bühne schaffen – egal, wie groß oder wie klein der Bereich vor der Bühne ist. Wir freuen uns über jeden, auf den der Funke überspringt.
Seid ihr noch nervös auf der Bühne?
Wenn man Nervosität mit Anspannung gleichsetzen würde, dann ja. Ich bin auf jeden Fall immer angespannt. Das ist aber auch positiv, weil das eine Alarmbereitschaft ist, die wichtig ist, um schnell handeln und reagieren zu können. Das ist eine Tugend, die man auf der Bühne dringend braucht.
Wie fühlst du dich vor und nach einem Auftritt?
Das einzige, was ich vor einem Auftritt weiß, ist, dass ich nicht weiß, was passiert, wie viele Leute vor der Bühne sind, ob die jetzt durchdrehen oder ein Bierchen trinken, ob die uns kennen oder nicht kennen. Wir haben ja auch in Bayern und in Süddeutschland viele Auftritte in kleinen Jugendhäusern gespielt, bevor wir damals die Platte draußen hatten. Da haben wir einfach gelernt, uns das Publikum zu erarbeiten, auf uns aufmerksam zu machen und den Menschen zu zeigen: Da könnte etwas sein, dass euch interessiert. Und das ist auch die Grundstimmung, auf die wir uns vor dem Konzert einstimmen.
Natürlich beschäftigen wir uns kurz vor dem Auftritt auch mit unserem Instrument – wir spielen oder singen uns warm. Und dann entlädt sich diese Anspannung, die wir davor spüren, im besten Fall auf der Bühne.
Nach der Show lassen wir erst mal alles Revue passieren. Wir haben das Glück, dass wir meistens immer sehr sehr glücklich von der Bühne kommen.
„Es wird weder ein Schnaps vor einem Altar getrunken noch gebetet“
Habt ihr auch bestimmte Rituale als Band?
Ich denke, dass wir keine Rituale haben, die so spannend wären, dass man drüber reden müsste. Es wird weder ein Schnaps vor einem Altar getrunken noch gebetet. Man merkt allerdings schon, dass wir uns, je näher wir dem Auftritt kommen, immer mehr gegenseitig anziehen – vor dem Aufgang zur Bühne treffen wir uns dann. Aber es gibt kein besonderes Ritual, das notwendig wäre, um diesen Fokus noch zu verschärfen.
Ihr hattet ja erst im vergangenen Jahr 30-jähriges Bandjubiläum gefeiert – nachträglich wegen Corona. Hat sich das Leben „on the road“ für euch im Laufe der Zeit verändert?
Unser Bandjubiläum feiern wir seitdem eigentlich jeden Tag (lacht). Wir waren jetzt nie so wirklich die Wild Boys, aber ich glaube nach dem großen Erfolg unseres Debut Albums war es wirklich auch so, dass jeder einzelne auf Tour seine Freiheiten gesucht hat. Jetzt ist es eigentlich eher so, dass wir zusammen kommen und spielen, weil wir einfach Bock aufeinander haben und Spaß daran haben, zusammen Musik zu machen. Das ist glaube ich die allerwichtigste Voraussetzung. Reisen klappt jetzt natürlich auch viel einfacher. Das ist jetzt nicht mehr mit großen Bussen und Trucks, alles ist viel besser organisiert. Es gibt kein großartiges Drumherum mehr, sondern wir haben eine sehr angenehme Anreise, was dazu führt, dass wir die meiste Energie tatsächlich auf der Bühne lassen können.
„Die Trennung ist für die Liebe wie der Wind für das Feuer“
Du hast gerade schon angesprochen, dass es zwischen euch Bandkollegen einfach sehr gut passt und ihr gern zusammen seid. Ihr seid fast alle Gründungsmitglieder. Aber auch das letzte zu euch gekommene Mitglied Steffen Wilmking am Schlagzeug ist nun schon seit über 20 Jahren bei euch. Es ist ja durchaus eine beachtliche Leistung, als Band über 30 Jahre bestehen zu bleiben. Was ist euer Geheimnis und ist vielleicht auch eine Art Beziehungsarbeit nötig, um so lange als Band zusammen zu bleiben?
Der Vater einer meiner besten Freunde hat immer zu mir gesagt: „Die Trennung ist für die Liebe wie der Wind für das Feuer. Das Starke entfacht er und das Schwache bläst er aus.“ Und bei uns war das glaube ich so ähnlich. Wir hatten auch eine lange Zeit, in der wir nicht gemeinsam Musik gemacht haben, haben dann 2019 wieder ein Konzert in unserer Heimatstadt Münster gespielt und dabei gemerkt, was uns das bedeutet. Zum einen, was wir an Vergangenheit schon hinter uns haben, aber auch dass da noch ein Feuer ist, das es wert ist, wieder zu entfachen. Das haben wir einfach versucht und es funktioniert. Ich glaube, dass es eben auch wichtig ist, sich in so einer langen Beziehung auch ab und zu mal Freiräume zu geben.
© Oliver_Look
„Wenn man traurig, lustig oder froh ist, dann reicht auch ein Blick“
Ich stelle mir vor, dass man sich nach so langer Zeit extrem gut kennt – mit seinen Stärken und Schwächen. Wie würdest du das Verhältnis zu deinen Bandmitgliedern beschreiben?
Absolut. Für mich persönlich kann man das Verhältnis durchaus als familiär beschreiben. Wenn ich jetzt zu Hause bin – ich leb' auf einem Bauernhof – rufe ich jetzt nicht jeden Tag bei unserem Gitarristen, Schlagzeuger oder Bassisten an. Trotzdem ist das Band zwischen uns – weil es eben auch schon so weit zurück reicht – so stark, dass nicht mehr viel erklärt werden muss. Wenn man traurig, lustig oder froh ist, dann reicht auch ein Blick, um Verständnis zu bekommen. Früher war es oft so, dass wir so lange und eng aufeinander gesessen sind, dass die Eigenheiten den ein oder anderen genervt haben. Heute haben wir nicht nur gelernt, damit zu leben, sondern schätzen den anderen trotz oder vielleicht sogar gerade wegen dieser Eigenarten.
Schreibt ihr eure Songs selbst? Und schreibt ihr sie gemeinsam oder ist einer dafür verantwortlich?
Meistens kommt der Impuls von unserem Bassisten. Wir arbeiten dann eigentlich immer zu dritt, manchmal auch zu viert, daran.
Hast du ein persönliches Lieblingslied von euch oder eines, mit dem du eine persönliche Geschichte verbindest?
Ein Song, der nicht von uns selbst ist, zu dem ich aber eine große persönliche Verbindung habe, ist unser Cover von „Ring of Fire“. Vor allem die Möglichkeit, Kontakt zu Johnny Cash und seiner Frau, die den Text geschrieben hat, aufzunehmen, war natürlich großartig. Aber von unseren Songs sind diejenigen, mit denen wir bekannt geworden sind, ein Meilenstein. Die bleiben immer etwas Besonderes. Irgendwie ist „Countdown to Insanity“ schon fast eine Hymne für uns geworden.
Eine Nummer, die ich total gerne auf der Bühne performe, ist eine Nummer, die kaum jemand kennt. Die heißt „Can't Get Enough“ und war auf unserem letzten Album. Die macht wahnsinnig viel Spaß, weil sie sehr überraschend ist und live immer sehr gut funktioniert.
Erst hatten wir das als Witz verstanden, bis wir dann gemerkt haben, dass wir dafür sogar bezahlt werden
Jetzt werfen wir noch einen Blick in eure Vergangenheit. Nach der Veröffentlichung eures zweites Albums „Discover My Soul“ im Jahr 1996 hattet ihr Auftritte als Vorgruppe von Bon Jovi. Kannst du dich noch erinnern, wie das Gefühl damals war? Wie nervös wart ihr?
Das war eine Tour mit 20 Auftritten durch ganz Europa und das war eigentlich ganz witzig, weil wir im Jahr zuvor bei den MTV European Music Awards gespielt hatten und da hat uns offensichtlich die Band gesehen und uns gefragt, ob wir Lust hätten, als Special Guest mit auf Tour zu kommen. Erst hatten wir das als Witz verstanden, bis wir dann gemerkt haben, dass wir dafür sogar bezahlt werden. Im Vorfeld gab es dann natürlich Diskussionen, ob das Musikalisch passt, aber wir haben genau das gemacht, was wir immer gemacht haben: Wir haben uns vorbereitet und dafür gesorgt, dass wir Spaß auf der Bühne haben. Aber die Aufregung ist hier natürlich groß gewesen, da wir jeden Abend vor 50 oder 60.000 Zuschauern spielen konnten. Wir sind aber sehr gut aufgenommen worden und insofern war das natürlich eines der größten Erlebnisse, die wir als Band hatten.
Du hast erzählt, dass es musikalisch Diskussionen gab. Habt ihr zu dem Zeitpunkt selbst kein Bon Jovi gehört?
Es gab natürlich ein paar Klassiker, klar. Mit dem „Slippery When Wet“-Album sind wir alle entweder mit oder gegen unseren Willen aufgewachsen. Aber wir sind jetzt keine erklärten Bon Jovi Fans gewesen. Das war für unsere Verhältnisse damals Mainstream und wir waren dann doch etwas mehr im Rock beziehungsweise Indie oder Punk-Bereich verwurzelt.
Ihr habt den Soundtrack zur Actionkomödie „Bang Boom Bang – ein todsicheres Ding“ geschrieben, wart aber auch selbst in kleinen Rollen vor der Kamera. Wie war diese Erfahrung als Schauspieler?
Auf jeden Fall hat jeder Einzelne von uns gemerkt, dass wir mit Schauspielerei nicht unseren Lebensunterhalt verdienen können. Aber es ist natürlich immer ganz witzig, zu gucken, wie eine professionelle Kinoproduktion abläuft. Wir sind ja auch sehr gut mit dem Regisseur Peter Thorwarth befreundet, der auch auf einer Streaming-Plattform riesen Hits hat und sehr erfolgreich ist. Das Schöne ist, dass es keine Bibel dafür gibt, wie man sich als Musiker verhalten muss, sondern wir sind durchaus in der Lage, uns anderen Fächern und Gebieten zu nähern, sofern das möglich ist.
Vielleicht noch ein Blick hinter die Kulissen. Wie lange dauern die Dreharbeiten als Nebendarsteller?
Jeder, der gerne mal bei einer Filmproduktion dabei sein möchte, sei gewarnt, dass gerade Komparsen für eine halbe Stunde Aufwand 16 Stunden Wartezeit mit einrechnen müssen. Warten ist die Hauptarbeit beim Schauspiel, aber bei der Musik ist es häufig genauso. Du musst dir vorstellen, wenn du auf Tournee bist, hast du zwei Stunden am Tag, die du auftrittst. Die restlichen 22 Stunden werden in erster Linie damit verbracht, zu schlafen oder darauf zu warten, dass du auftrittst (lacht). Es gibt natürlich schon Backstage Räume und jeder kann sich, wenn er möchte, mit seinem Instrument auseinandersetzen. Im Großen und Ganzen gibt es schon ein bisschen was zu tun, Soundcheck oder Ähnliches. Aber man kann auch schlecht irgendwo hin gehen, weil man laufend Interviews machen muss.
© David Jordan
Habt ihr dann, wenn ihr am 11. August nach Regensburg kommt, überhaupt Zeit, euch unsere schöne Domstadt anzuschauen?
Wenn das nicht klappen sollte, werde ich mir auf jeden Fall den Tag danach Zeit nehmen, um mir etwas anzuschauen, weil ich danach nochmal weiter nach Österreich fahre, wo ich noch eine kleine Wohnung habe. Aber am Konzerttag selbst ist Anreise, Soundcheck und dann hat man nicht die Ruhe, sich auf etwas anderes einzulassen. Man braucht hier den Fokus auf den Abend und auf den Auftritt, um seine Energie dementsprechend kanalisieren zu können.
Wagen wir noch einen kurzen Ausblick. Euer letztes Album erschien ja bereits im Jahr 2012. Dürfen Fans sich jetzt nach über zehn Jahren Pause bald auf neue Musik von den H-Blockx freuen?
Auf jeden Fall, deshalb sitzen wir gerade zusammen im Studio und arbeiten genau daran (lacht). Ich weiß nicht sicher, ob es in Regensburg schon klappen wird, etwas Neues zu präsentieren, aber wir arbeiten auf jeden Fall daran.
Vielen Dank, Henning, für das tolle Interview und die spannenden Einblicke. Wir freuen uns auf den 11. August!
Die H-Blockx spielen am Freitag, den 11. August, im Airport in Regensburg-Obertraubling.
Das ganze Interview lesen Sie in unserem nächsten filter-Magazin, das Anfang August erscheint. Hier verrät Henning Wehland auch, was er aus seiner Zeit bei „The Voice Kids“ mitgenommen hat und ohne welche Band es die H-Blockx vielleicht gar nicht gegeben hätte. Außerdem erzählt er von der außergewöhnlichen Zusammenarbeit mit US-Wrestler Stone Cold Steve Austin und von seiner eigenen kurzen Wrestling-Vergangenheit.
Interview von Marina Triebswetter | filterVERLAG