Das Transit Filmfest öffnet den Giftschrank und blickt auf Filme zurück, die ihrer Zeit weit voraus waren. Passend zum kulturellen Jahresthema der Stadt Regensburg „Katzenjammer“ trägt die historische Sektion das Motto „Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit“. Ein weiteres Highlight ist die dreiteilige Werkschau der Regisseurin Monika Treut.
Das Transit Filmfest 2024 öffnet wieder seine Türen. Gezeigt werden elf Werke, die bei ihrer Veröffentlichung oft missverstanden, zensiert oder verbannt wurden, jedoch nachhaltig neue ästhetische und politische Denkrichtungen prägten. Ein weiteres Highlight ist die dreiteilige Werkschau der Regisseurin Monika Treut, die persönlich nach Regensburg kommen wird. Das Nürnberger Glisten Collective wird zudem queere Avantgardefilm-Klassiker der 1940er, 50er und 60er Jahre live im Kino musikalisch begleiten.
Historische Sektion aus elf wegweisenden „Skandalfilmen“
Zu den elf Filmen der Retrospektive zählt Tod Brownings FREAKS (1932). Das Zirkusdrama schockierte sein zeitgenössisches Publikum wegen des Schauspielensembles aus echten Menschen mit Behinderung, wird heute jedoch als Plädoyer für Solidarität unter Ausgegrenzten gelesen. Georges Franju stellte die französische Nouvelle Vague auf eine harte Probe und ebnete mit EYES WITHOUT A FACE (1960) dem Genre des Body Horror den Weg. Sarah Maldorors SAMBIZANGA (1972), der erste afrikanische Spielfilm einer Frau, erzählt vom antikolonialen Kampf in Angola und wurde aufgrund seiner politischen Botschaft von den damaligen Machthabern als Bedrohung wahrgenommen. Mit der radikalen Verknüpfung von Erotik und den Traumata der NS-Zeit setzte Liliana Cavani in DER NACHTPORTIER (1974) ihren unbedingten Willen zur Kunstfreiheit durch. Zeitlichen Schlusspunkt der Retrospektive bildet THE DOOM GENERATION (1995). Das Transit Filmfest zeigt Gregg Arakis ikonischen Beitrag zur New Queer Cinema-Bewegung frisch restauriert und in einem 13 Minuten längeren Director's Cut. Weitere Filme der Retrospektive sind Věra Chytilovás TAUSENDSCHÖNCHEN (1966), Rosa von Praunheims NICHT DER HOMOSEXUELLE IST PERVERS, SONDERN DIE SITUATION, IN DER ER LEBT (1971), John Waters’ FEMALE TROUBLE (1974) und Chantal Akermans JEANNE DIELMAN (1975).
Lustvoll-subversive Werkschau ehrt Monika Treut
Das Filmfest widmet Monika Treut im Rahmen der Retrospektive eine dreiteilige Werkschau. Die unerschrockene Regisseurin gilt als Impulsgeberin des New Queer Cinema. Ihr Debütfilm VERFÜHRUNG – DIE GRAUSAME FRAU (1985) über eine geheimnisvolle Domina empörte sowohl konservative als auch feministische Kreise. Auch ihr zweiter Spielfilm DIE JUNGFRAUENMASCHINE (1988), eine humorvolle Auseinandersetzung mit weiblicher Lust, erregte bei der deutschen Premiere die Gemüter. In ihrer Wahlheimat USA stießen ihre Arbeiten dagegen früh auf Anerkennung. Ihr bekanntester Dokumentarfilm GENDERNAUTS (1999), ein Porträt nicht binärer Künstler*innen aus San Francisco, gilt als einer der ersten Filme über die Transbewegung überhaupt und nimmt schon früh das breite Spektrum zwischen den Polen von Männlichkeit und Weiblichkeit in den Blick. Monika Treut wird bei allen Screenings persönlich zugegen sein und im Anschluss Fragen beantworten.
© Transit Filmfest Regensburg
Queere Avantgardefilm-Klassiker live vertont im Kino
Kenneth Angers FIREWORKS (1947), Jean Genets UN CHANT D’AMOUR (1950) und Jack Smiths FLAMING CREATURES (1963) prägten Ästhetik und Geist der Undergroundkultur der 1940er bis 1960er Jahre und beeinflussten spätere Generationen von queeren Künstler*innen nachhaltig. Das Nürnberger Glisten Collective rund um die Elektronik- und Experimental-Musiker*innen S.U.V., Awkward Mud und Alexan‘dru Șalariu vertont die drei queeren Avantgardefilm-Klassiker live im Kino im Andreasstadel.
Transit Filmfest Regensburg / RNRed