Die Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ wird anlässlich des diesjährigen Kafka-Jubiläums vom Kunstforum Ostdeutsche Galerie gewidmet. Szenen aus seinen weltbekannten Werken finden sich hier in verschiedenen künstlerischen Interpretationen wieder. Alle weiteren Informationen zur Ausstellung finden Sie hier.
Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie hat seine neue Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ anlässlich des diesjährigen Kafka-Jubiläums gewidmet. Die Ausstellung ist für die Öffentlichkeit ab Samstag, den 12. Oktober, bis Sonntag, den 12. Januar 2025, zugänglich.
Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ Kafkas Texte mit anderen Augen sehen
Franz Kafkas Texte mit anderen Augen sehen – dazu lädt die Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg ein. Sie bietet eine Zusammenschau verschiedener künstlerischer Interpretationen von Motiven aus ausgewählten Erzählungen sowie aus den beiden Romanfragmenten „Das Schloß“ und „Der Proceß“, aber auch zu Passagen aus Kafkas Tagebüchern. Die meisten Illustrationen stammen aus der Grafischen Sammlung des Museums. Leihgaben des Deutschen Literaturarchivs Marbach ergänzen den eigenen Bestand. Aus der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik konnten zwei frühe tschechische Ausgaben entliehen werden. Kafkas Originaltexte gibt es in der Ausstellung parallel zum Nachlesen sowie als Hörtext in mehreren Audiostationen, die in Zusammenarbeit mit dem BR2 bespielt werden. Einige Programmpunkte sind in Kooperation mit dem Theater Regensburg entstanden. Mit der Ausstellung feiert das KOG das diesjährige Kafka-Jubiläum.
Nur wenige seiner Erzählungen befand Franz Kafka (Prag 1883 – 1924 Kierling, Österreich) als so gelungen, dass er sich zur Veröffentlichung entschließen konnte. Die meisten Texte samt den unvollendeten Romanen „Das Schloß“, „Der Proceß“ und „Der Verschollene“ (auch bekannt als „Amerika“) hat sein Freund Max Brod erst nach Kafkas Tod herausgegeben. Der Schriftsteller hatte ihn zwar ausdrücklich aufgefordert, den Nachlass ungelesen zu vernichten. Doch zugleich war ihm klar, dass Brod, der ihn immer ermutigt hatte und bester Kenner seines Werkes war, seinen Wunsch nicht erfüllen würde. So wurde Kafkas Œuvre der Nachwelt überliefert und inspiriert nun seit einem Jahrhundert immer wieder zu neuen Lesarten.
„Es ist gut vorstellbar, dass bildliche Darstellungen, die als Beigaben seiner Texte abgedruckt hätten werden können, Kafka ebenfalls als potentielle Bedrohung erschienen,“ vermutet Dr. Sebastian Schmidt, der Kurator der Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie. Das bekräftigt auch ein überlieferter Brief an den Verleger seiner Erzählung „Die Verwandlung“ vom Herbst 1915. Als Kafka erfuhr, dass der Umschlag illustriert werden sollte, machte er sich Gedanken, der Künstler Ottomar Starke „könnte etwa das Insekt selbst zeichnen wollen. Das nicht, bitte das nicht!,“ bat er.
Die Deutungsoffenheit gilt als wesentliches Merkmal von Kafkas Texten. Konkrete Bilder mögen einerseits die Vorstellungskraft in eine bestimmte Richtung lenken und somit einschränken. Doch andererseits bereichert gerade die Gegenüberstellung mehrerer Darstellungen zu demselben Text aus unterschiedlicher Hand die Lektüre mit neuen Einblicken. „Beispielsweise durch die Wahl einer bestimmten Textpassage, einer bestimmten Perspektive, aber auch durch den Einsatz einer künstlerischen Technik erlauben es die Illustrationen bisweilen, Kafkas Texte mit anderen Augen zu sehen,“ bringt der Kurator die Idee der Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ auf den Punkt.
Aus dem Vollen schöpfen: Schätze der Grafischen Sammlung und Leihgaben
Das Kunstforum Ostdeutsche Galerie besitzt zahlreiche Werke, die sich auf Kafka beziehen. Die meisten der 176 Exponate stammen aus der eigenen Grafischen Sammlung. Darunter befinden sich kleine Schätze wie Alfred Kubins Zeichnung zur Erzählung „Ein Landarzt“. Den Grundstock der Ausstellung bilden Arbeiten von Hans Fronius. Seit dem Ende der 1920er Jahre kehrte er über fünf Jahrzehnte lang immer wieder zu Kafka zurück und illustrierte alle seine wichtigen Texte. Ein weiteres umfangreiches Konvolut stammt von Svato Zapletal. Schenkungen mit Werken von Peter Grau und Wolfgang Bier bereicherten in letzter Zeit den Fundus. Ausgewählte Leihgaben aus dem Deutschen Literaturarchiv Marbach ergänzen den eigenen Bestand. Zwei wertvolle frühe Buchausgaben konnten aus der Nationalbibliothek der Tschechischen Republik geliehen werden. Insgesamt sind in der Ausstellung 25 Künstlerinnen und Künstler vertreten.
Das Ausstellungskonzept: Texte zu Lebzeiten und aus dem Nachlass
Den Ausstellungsrundgang eröffnen einige Porträts von Franz Kafka – seine charakteristische Physiognomie begegnet hier ausgeführt in verschiedenen Techniken. Das Konzept der Präsentation folgt der Aufteilung in Texte, die Franz Kafka selbst bis zur Veröffentlichung brachte und diejenigen, die erst nach seinem Tod erschienen. Der große Saal vereint Arbeiten zu den Erzählungen „Die Verwandlung“, „Ein Landarzt“ und „Das Urteil“. Im Gartensaal folgen einige der kürzeren Erzählungen, darunter „Die Sorge des Hausvaters“ mit dem rätselhaften Wesen Odradek oder „Vor dem Gesetz“. Der anschließende kleinere Saal widmet sich der Erzählung „In der Strafkolonie“. Im Ecksaal folgen unter anderem Illustrationen zu „Ein Hungerkünstler“ und „Ein Bericht für eine Akademie“. Alle weiteren Texte, auf die die Künstlerinnen und Künstler Bezug nehmen, hat Max Brod erst posthum aus Franz Kafkas Nachlass publiziert. Neben einigen Erzählungen verweisen die ausgestellten Beispiele insbesondere auf die beiden Romanfragmente „Das Schloß“ und „Der Proceß“.
Verschiedene Perspektiven und Schwerpunkte: mit anderen Augen betrachtet
Das Nebeneinander unterschiedlicher Perspektiven zu jeweils einem von Kafkas Texten ist das Hauptprinzip der Ausstellung. Im Fall der wohl bekanntesten Erzählung „Die Verwandlung“ zeigen zwar die meisten Künstlerinnen und Künstler entgegen Kafkas Wunsch, den Hauptdarsteller Gregor Samsa nicht in seiner Tiergestalt darzustellen, ein mehr oder weniger bestimmbares Exemplar eines Käfers. Doch während Hans Fronius in seiner Holzschnittfolge den Betrachter allmählich den Blickwinkel des Protagonisten einnehmen lässt, rückt Rosy Lilienfeld die anderen Familienmitglieder und deren Emotionen in den Mittelpunkt. Peter Grau greift Einzelheiten heraus, wie die aus Essensresten bestehende Mahlzeit des verwandelten Gregor. Dieser Vorliebe für Details entspricht auch, dass Grau sich vielfach von Erzählfragmenten aus den Tagebüchern des Schriftstellers inspirieren ließ. So schildert er beispielsweise sehr realistisch den Körper einer verendeten Ratte aus der Geschichte „Kaldabahn“, die Kafka im August 1914 in sein Tagebuch notiert hatte.
Bei Svato Zapletal fällt hingegen auf, dass seine Darstellungen oft nicht eindeutig konkreten Textpassagen der Vorlage zuzuordnen sind. Zapletal ergänzt zudem manche Elemente und erweitert dadurch die Vorlage symbolisch, wie er selbst bestätigt. 2009 vereinte er die beiden Erzählungen „Ein Landarzt“ und „Das Urteil“ in einer Buchausgabe. Die Originale in der Ausstellung – 40 Einzelblätter eindrucksvoll an einer Wand inszeniert – entstammen einer parallel erschienenen exklusiven Mappenausgabe. Hermann Naumann arbeitet in seinen Interpretationen religiöse Bedeutungsgehalte heraus, die im Text nicht in entsprechender Deutlichkeit zu finden sind. Ein faszinierendes Beispiel dafür, wie eine grafische Technik zum Bedeutungsträger wird, liefern die Kaltnadelradierungen zu „In der Strafkolonie“ von Wolfgang Bier. Diese wohl brutalste Schilderung Kafkas dreht sich um ein mit unerbittlicher Präzision konstruiertes Hinrichtungsgerät, das den Wortlaut des Urteils kunstvoll in die Haut des Verurteilten einritzt. Der stundenlange Prozess endet jeweils mit dem Tod des Opfers. Im Kratzen mit spitzer Radiernadel in die Druckplatte empfindet Bier die beschriebene Handlung nach. Biers Zeichnung auf Leder verweist darüber hinaus neben dem Motiv auch durch das Material auf Kafkas Text.
Die jüngste Umsetzung einer Kafka-Vorlage repräsentiert in der Ausstellung der Comic „Das Schloß“ mit Illustrationen des tschechischen Zeichners, Musikers und Malers Jaromír Švejdík, bekannt unter dem Namen Jaromír 99. Die Grafic Novel hatte er 2013 zusammen mit dem Schriftsteller David Zane Mairowitz gestaltet. In der Ausstellung „Illustrationen zu Franz Kafka“ sind einige Szenen aus dem Buch zu einer ephemeren Installation komponiert, die den Abschluss des Rundgangs bildet.
Hörstationen, Film und Zeichenecke
Gelegenheiten, sich angesichts der Illustrationen in Kafkas Texte zu vertiefen, gibt es in der Ausstellung mehrere. Drei Audiostationen sind mit ausgewählten Hörtexten bestückt, die Dank der Kooperation mit dem Bayerischen Rundfunk zur Verfügung gestellt werden können. Eine kurzweilige Zusammenfassung der Erzählung „Die Verwandlung“ bietet ein Film aus dem Projekt „Sommers Weltliteratur to go“, das Schlüsseltexte der Weltliteratur mithilfe von Playmobilfiguren nahebringt. Im Foyer haben die Besucherinnen und Besucher Gelegenheit, selbst kreativ zu werden. Hier liegen Materialien bereit, mit denen sich Kafka-Zitate in eigene Bilder übertragen lassen.
Begleitprogramm und Katalog
Das Begleitprogramm umfasst neben Führungen – darunter auch die kostenlosen Mittagsführungen alle zwei Wochen mittwochs – einige Workshops für Kinder, Jugendliche sowie Erwachsene. Dank der Kooperation mit dem Theater Regensburg verwandelt sich die Ausstellung auch mehrfach zu einer Bühne. So kann man hier nochmals den schaurig schönen Puppen aus dem Stück „Die Verwandlung“ begegnen, das das Theater vor kurzem aufführte.
Der Ausstellungskatalog präsentiert Abbildungen sämtlicher Exponate, die im Text des Kurators Dr. Sebastian Schmidt besprochen und eingeordnet werden. Ein Beitrag von Prof. Dr. Marek Nekula, Professor für Bohemistik und Westslavistik an der Universität Regensburg und Leiter des Bohemicum, beleuchtet Kafkas frühe tschechische Rezeption anhand von Illustrationen seiner Texte. Der Katalog ist für 24 Euro erhältlich.
Weltbekannte Werke neu interpretiert
Szenen aus Kafkas weltbekannten Werken wie „Der Proceß“, „Die Verwandlung“ oder „In der Strafkolonie“ finden sich hier in verschiedenen künstlerischen Interpretationen wieder.
Zu sehen sind ausgewählte Leihgaben sowie Zeichnungen und Druckgrafiken aus der Grafischen Sammlung des KOG. Hör- und Lesestationen laden ein, sich in Kafkas Texte zu vertiefen.
Kunstforum Ostdeutsche Galerie / RNRed