Energie-Experte Stephan Kohler trug am Donnerstag in der IHK Regensburg vor Vertretern aus Politik und Wirtschaft die Chancen und Risiken der bevorstehenden Energiewende vor. So manche Erleuchtung oder Überraschung kam da ans Tageslicht.
Ohne Strom nix los, das wissen die deutschen nicht erst seit der Energiewende, die derzeit in Deutschland auf dem Vormarsch ist und im Rahmen von Debatten schon so manche Sicherung von Politikern und Bürgern durchbrennen ließ. Am Donnerstag sprach Stephan Kohler vor Unternehmern und Politikern in der IHK Regensburg über Energiewende und Netzstabilität. Kohler ist Vorsitzender der "Dena" (Deutsche Energie-Agentur), deren Gesellschafter zur Hälfte die Bundesrepublik Deutschland und zur anderen Hälfte die KfW, Allianz, Deutsche Bank und DZ Bank sind.
Stromkreislauf
"Wenn ich mich politisch an bestimmte Richtungen halten würde, würde ich mich drehen wie ein Kreisel" schickte Kohler seinem Vortrag voraus. "Wir teilen nur bedingt die energiepolitischen Ziele der Bundesregierung." Während die bis 2050 eine Reduktion des Stromverbrauchs um 25 Prozent anstrebt, sind Kohler und sein Institut der Überzeugung: "Wir werden immer weniger Strom für immer mehr Anwendungen verbrauchen." Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf den normalen Haushalt, der ungefähr 25 Prozent des gesamten Stroms im Land verbraucht, sondern insbesondere auf die Industrie, die 75 Prozent beansprucht.
Netzinfarkt vorprogrammiert
Die Dena bearbeitet derzeit den Netzentwicklungsplan für die gesamte Bundesrepublik. Die Grundlegende Frage dabei lautet: Wie lassen sich die erneuerbaren Energien möglichst reibungsfrei in die Stromnetze aufnehmen? Die Bruttoerzeugung von Strom aus regenerativen Energiequellen betrug im ersten Halbjahr dieses Jahres 24 Prozent. 8,8 Prozent werden aus Wind gewonnen, gefolgt von Biomasse und Photovoltaik mit je gut 5 Prozent. Verläuft die Entwicklung weiterhin so dynamisch, droht der Netzinfarkt.
Welche volkswirtschaftlichen Kosten die schwankende Einspeisung von erneuerbarer Energie verursacht, verdeutlichte Kohler am Beispiel Windenergie. Wenn nämlich teure Windparks aufgrund fehlender Netzkapazität abgeregelt werden müssen, geht wertvoller Ökostrom verloren, der trotzdem vergütet wird. Weitere Kosten entstehen durch die Verdrängung konventioneller Kraftwerke durch die massive Einspeisung von Ökostrom. Der Betrieb etwa eines Gaskraftwerks lohnt sich immer weniger, je mehr Wind- und Sonnenstrom in die Netze drückt.
Wie viele Energiewenden haben wir denn?
Kohler plädiert beim Netzausbau für eine die Bundesländer übergreifende Sicht: "Wir haben nicht nur eine Energiewende, wir haben 16 Energiewenden", bringt er den Ehrgeiz der einzelnen Länder auf den Punkt. In der Regel fällt die Windernte in Norddeutschland am üppigsten aus, die größten Verbraucher sitzen jedoch in Süd- und Westdeutschland. Um den Strom sicher transportieren zu können, müsse der Zubau an Windkraftanlagen Hand in Hand gehen mit einer Leistungssteigerung der bestehenden Netze und einem Ausbau der Trassen von Nord nach Süd. Kohler macht klar, dass es hierbei nicht nur um eine Verteilung des Stroms, sondern auch um die Netzsicherheit geht.
Kurz vorm Netzinfarkt?
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