An Fernseh- und Filmaufnahmen hat man sich in Regensburg längst gewöhnt. Seit 17 Jahren gibt es einen Regionalsender, der BR ist auch regelmäßig vor Ort und Kommissarin Lucas hält die Welterbestadt von größeren Verbrechen frei. Da könnte man meinen, Regensburg sei offen und gastfreundlich für große Produktionen, die der Stadt eine kostenlose, sonst unbezahlbare Werbewirkung bescheren. Genau das Gegenteil erlebte nun die ARD-Produktion beim Dreh zum Spielfilm "Göttliche Funken" mit Devid Striesow (Foto) in der Hauptrolle.
Die Motive wurden aufgrund des Drehbuches von Regisseurin Maria von Heland und dem Kameramann bereits im Vorfeld ausgewählt und festgelegt. "Die ersten Anzeichen, dass die Stadt da aber nicht wirklich Bock drauf habe, dass in Regensburg lächerliche vier Tage gedreht werde, gab es bei einem ersten Treffen mit den örtlichen Behörden wie Ordnungsamt oder Stadtbauamt", berichtet Ruben Hanne, Motiv-Produktionsleiter der Neuen Deutschen Filmgesellschaft (ndF) in Berlin, die den Prime-Time-Spielfilm "Göttliche Funken" für die ARD produziert.
Ein von der Stadt anberaumter Ortstermin mit der Polizei zog sich weitere fünf Tage hin und entpuppte sich für die ARD-Produktion als ziemlich ernüchternd. Aufgrund des zu dieser Zeit herrschenden Dult-Auflaufs und den ohnehin chaotischen Baustellen-Planungen in Regensburg habe man Hanne zu verstehen gegeben, dass man nicht gerade glücklich über die Anfrage sei. Das Ende vom Lied: Von angefragten 100 Metern Absperrfläche für die "Base" mit sämtlich Trucks und Trafowagen habe man lediglich an der Weinlände 60 Meter genehmigt (Foto). "Eigentlich hätten wir 140 Meter gebraucht, aber wir hatten ohnehin schon versucht zu zaubern und unsere Ansprüche auf ein Minimum zu reduzieren", resigniert Hanne.
So wurden rechtzeitig auf den Anwohner-Parkplätzen der Weinlände Halteverbotsschilder positioniert. Als die Produktion schließlich Anfang vergangener Woche anrückte, bedeutete dies, dass einige Autos, deren Halter nicht bereit waren, das Halteverbot anzuerkennen, abgeschleppt werden mussten. "Natürlich kann ich den Unmut der Anwohner, die ohnehin schon durch die sich schleppenden Bauarbeiten beeinträchtigt sind, verstehen. Hätten wir die veranschlagten 100 Meter zugesprochen bekommen wäre es auch kein Problem gewesen, uns um das eine oder andere dort verbliebene Fahrzeug drum herum zu bauen. Aber mit 60 Metern hatten wir keinerlei Spielraum", erklärt Ruben Hanne.
"Geht doch auf den Dultplatz"
Einen Teil der "Base" hätte die Produktion auch gerne auf der anderen Seite des Eisernen Stegs in der Badstrasse gehabt. Aber das war für die städtischen Behörden nun völlig undenkbar. "Gerade mal für die drei Stunden Drehzeit vergangen Dienstag hatte man uns zwei (!) Durchfahrtscheine dorthin ausgestellt", erzählt der Produktionsleiter. "Sie sagten: Stellen sie sich doch komplett auf den Dultplatz, da ist das kein Problem. Auch das war wieder ein klaren Zeichen dafür, dass man bei der Stadt Regensburg völlig ignoriert, was das für eine Unmöglichkeit bedeutet mit all den technischen Gerätschaften einer solch großen Produktion."
Für Hanne und sein Team war klar, dass die städtischen Behörden samt der Tourismus GmbH "keinerlei Kooperations- sowie Koordinationsfähigkeit bewiesen". Wie in allen anderen Städten, die solche Drehs beherbergen, hätte es im Vorfeld einen großen Tisch mit allen Beteiligten geben müssen. "Man hat uns schließlich ? als zumindest die Pressechefin Frau v. Roenne-Styra die Lage erkannte - eine Mitarbeiterin der TRG zur Seite gestellt, die dann allerdings ? als wirklich gedreht wurde ? überhaupt nicht verfügbar war. In Städten wie Würzburg, Burghausen, Bamberg oder Salzburg war es zuletzt so angenehm zu drehen. Da zogen alle an einem Strang und standen voll hinter dem Projekt", berichtet Hanne.
Schauspieler bettelten um Ruhe
So musste man also mit Regensburg Vorlieb nehmen. Einer Stadt, in der auch für die anwesenden, bekannten deutschen Schauspieler Fernsehen offenbar nicht willkommen zu sein schien. "Als ich schließlich merkte, dass sich auch noch die Baustelle in der Keplerstraße immer weiter ungeplant ausdehnte, dass selbst uns klar zugewiesene Standorte nicht benutzbar waren und per Mail intervenierte, kam lapidar zurück: Das wäre unser Problem", verrät Hanne, der bei all seinen zahlreichen internationalen TV- & Filmproduktionen noch nie auf eine derart unkooperative Stadt traf.
Zudem wurde während des Drehs in St. Oswald massiv unmittelbar vor der Kirche lautstark gearbeitet, obwohl sich die Baustelle laut Plan eigentlich gar nicht mehr dort befinden sollte. Dadurch müssten nun etliche Szenen aufwendig nachvertont werden. Immer wieder bettelten selbst die Hauptdarsteller (im Foto: Jeanette Hain und Set-Aufnahmeleiter Walter Erbe, v.l.) die Bauarbeiter, zeitweise inne zu halten.
"Verpisst Euch, keiner braucht Euch!"
Der Gipfel für Hanne war allerdings, dass die Stadt auf Beschwerden von erbosten Anwohnern hin wegen der belegten Parkplätze ihm nun den schwarzen Peter zuschob, weil z.B. der Trafowagen zwei (Anwohner-)Parkplätze weiter stand als vorgesehen. "Grund war einzig und allein, dass ich die Auflagen der Stadt gar nicht korrekt einhalten konnte, da meine klar zugewiesenen Standplätze wegen der offenen Baustelle gar nicht existierten". Dass man sich von Stadtseite her dann über die regionale Presse auslasse und diese es auch noch ? ohne nachzufragen warum ? genau so weitergegeben habe, sei für den Produktionsleiter unglaublich.
Der FilmFernsehFond Bayern habe eine Kommission, die nur dafür zuständig sei, den Freistaat mit seinen Regionen attraktiv für große Produktionen darzustellen, damit Sender und Produktionen diese als Motive nutzt. "Viele Städte und Kommunen bewerben sich dort und wollen sich unbedingt als Kulisse für Dreharbeiten anbieten. Regensburg hat sowas anscheinend nicht nötig", bedauert Hanne. Er habe schon viele Empfehlungen für Drehorte ausgesprochen, in denen er äußerst gute Erfahrungen machte. Die Erfahrungen aus Regensburg gebe das Team nun eben auch weiter.
Keine Werbung für Regensburg
"Eigentlich schade für eine wirklich schöne Stadt, die hier eine gute Chance vergibt", so auch Regisseurin Maria von Heland. "Selbst wenn man in Ordnungs- oder Bauamt eher filmunerfahren ist ? aber warum erkennt das eine Marketing-Abteilung von Regensburg nicht, dass die reine Werbewirkung mit 15 Minuten zur Hauptsendezeiten in der ARD sonst eigentlich unbezahlbar ist", kann Ruben Hanne das kurzsichtige Verhalten nicht verstehen und hat nur eine Erklärung: "Anscheinend hat man hier genug Touristen und braucht keine Reklame für die Stadt."
"Göttliche Funken" ist eine Liebeskomödie über die richtigen und die falschen Momente im Leben - und darüber, dass manchmal die falschen doch die richtigen sind. Und vielleicht war Regensburg - zunächst als richtiger Drehort erscheinend ? am Ende dann doch eher der falsche.