Auf Hausbesitzer und Mieter kommen durch die neue Trinkwasserverordnung zusätzliche Kosten zu. Regelmäßig soll nun geprüft werden, ob Legionellen in unserem Trinkwasser sind. Aber was ist wirklich dran an der Keimwasserbelastung der Wasserrohre in Regensburg? Panikmache oder eine wirkliche Gefahr aus der Leitung? Wir haben für Sie den Test gemacht. Das Ergebnis ist durchaus alarmierend: Legionellen befinden sich mitten unter uns.
Das Regensburger Trinkwasser kommt zum größten Teil von der Wassergewinnungsanlage Sallern. Von hier bezieht die REWAG rund 80 Prozent der elf Millionen Kubikmeter Wasser, die in einem Jahr benötigt werden. Die restlichen 20 Prozent stammen vom Wasserwerk Oberer Wöhrd.
Beide Wasserwerke sind von weitläufigen Wasserschutzgebieten umgeben. Sie garantieren den Regensburgern naturbelassenes, hochwertiges und hygienisch einwandfreies Trinkwasser. Der Nitratwert beträgt im Mittel 28 mg/l und liegt damit deutlich unter dem zulässigen Grenzwert von 50 mg/l. Nach der neuen Härtebereichsregelung fällt das Trinkwasser der REWAG unter den Härtebereich "hart".
"Sauber, gesund und erfrischend". So beschreibt die REWAG, der für Regensburg zuständige Versorger, das Trinkwasser der Stadt. Es sei sogar hochwertiger als das Wasser, dass wir im Sixpack regelmäßig vom Discounter nach Hause schleppen. Also einfach "Wasserhahn aufdrehen und genießen", lädt die REWAG ein. Doch was wartet auf das leckere Wasser in unseren Hausleitungen? Dort, wo der Zuständigkeitsbereich der REWAG aufhört?
Legionellen gelten als stets lauernde Gefahr in unseren Wasserleitungen. Aber warum eigentlich? Sie sind Bakterien, die in geringer Konzentration ganz natürlich in der Umwelt vorkommen.Über das Grundwasser gelangen diese unter Umständen in die Wasserleitungen. Gerade dort könnten sie aber zum Problem werden. Denn zwischen 25 und 55 Grad können sich Legionellen (kleine stäbchenförmige Erreger) genauso explosionsartig vermehren wie in stehenden Bereichen von Leitungsnetzen.
Für den Menschen werden diese allerdings nicht durch das Trinken so gefährlich, viel mehr aber durch das Atmen der Aerosole (kleinsterWassertröpfchen), beispielsweise beim Duschen. Selbst bei gesunden Menschen kann das zu einer schweren, in manchen Fällen gar tödlich verlaufenden Lungenentzündung ? einer so genannten Legionellose ? führen. Besonders anfällig sind Kinder und ältere Menschen. "Das Trinken von erregerhaltigem Wasser ist in der Regel unbedenklich", so Dr. Pregler vom Gesundheitsamt Regensburg.
"Ein solch erhöhter Legionellenwert lässt sich allerdings nur mittels Wasserprobe von einem der in Bayern zugelassenen Labore testen", erklärt Pregler. Betroffen sind mehr als zwei Millionen Mehrfamilienhäuser in ganz Deutschland (alle mit mehr als zwei Parteien), die auf diese Weise bis Ende des Jahres auf Legionellen untersucht werden müssen. Das erzwang Gesundheitsminister Daniel Bahr mit seiner neuen Trinkwasserverordnung.
"Trinkwasserversorger wie die REWAG garantieren die Wasserqualität nur bis zur Hauptwasseruhr bzw. Grundstücksgrenze. Danach sind die Eigentümer verantwortlich", weiß Josef Eckert (Fotos), der als zertifizierter Wasserprobennehmer für die Firma Heizungsbau Huber in Kelheim derzeit gut zu tun hat. Zwar seien komischer Geschmack, anormaler Geruch oder sichtbare Verunreinigungen typische Warnsignale sinkender Wasserqualität, doch will sich der Gesetzgeber darauf nicht verlassen.
Aus diesem Grund beauftragte die Redaktion der Regensburger Nachrichten (RN) mit Josef Eckert einen zugelassenen Fachmann mit der stichprobenartigen Untersuchung des Regensburger Wassers. Unser erstes, auserwähltes Objekt war ein denkmalgeschützes Haus in der Werftstrasse, dessen Kernkomplex bereits im Jahre 1638 errichtet wurde. Das Haus mit 14 Wohnparteien war noch im Juni vom Hochwasser betroffen. Eine Gefahr fürs Trinkwasser? Das Testergebnis sagt nein - die Wasserqualität ist absolut einwandfrei!
Zweite Station für den RN-Test mit Josef Eckert: Ein Gebäude mitten in der Altstadt. Da das Haus ? wie früher oft üblich ? über keine zentrale Warmwasserzufuhr verfügt, bekommen alle zehn Parteien ihr Warmwasser über eigene Boiler. Hier wäre der Fachmann über "den einen oder anderen Erregerherd nicht überrascht, da die Basistemperatur in derartigen Boilern aus Ersparnisgründen oft knapp unter 55 Grad gehalten wird". Aber auch am Gutenbergplatz gab es keine Beanstandung an der Wasserqualität und damit keine erhöhte Legionellen-Existenz.
Unser dritter Messpunkt liegt in der Friedrich-Ebert-Strasse. Die Hochhäuser aus den 70ern im Stadtteil Königswiesen mit 8 bis 16 Stockwerken beherbergen pro Hausnummer mindestens 24 Parteien. Mehrere dieser Gebäude werden dabei über eine dach-zentrale Warmwasseranlage versorgt. Das heißt, im schlechtesten Fall muss das Warmwasser den Weg vom Dach des einen Hauses, unterirdisch über mehrere Hausnummern, wieder nach oben bis zur höchsten Wohnung eines anderen Hauses zurücklegen. Das können schon mal 70 bis 80 Meter und damit - wenn man eine durchschnittliche Rohrdicke von einem Zoll nimmt ? 35 bis 40 Liter sein.
Genau dort, am am weitesten entfernten Punkt, haben wir das Wasser im Badezimmer einer Dreizimmer-Wohnung entnehmen lassen. Und siehe da ? während es direkt an der Warmwasserversorgung, wo die Wasser mit einer Temperatur von 57,2 Grad auf die Reise geht, noch keine Auffälligkeiten gab, konnte in der Messwohnung im achten Stock bei exakt 55 Grad ein leicht erhöhter Legionellen-Wert von 102 KBE (Foto rechts) festgestellt werden. Das sei aber längst kein Grund für Panikmache.
"Wird bei den bis Jahresende angeordneten Wasserentnahmen im Labor festgestellt, dass der technische Messwert von 100 KBE (Kolonien bildende Einheiten) pro 100 ml erreicht oder überschritten wird, müssen Hauseigentümer umgehend das zuständige Gesundheitsamt informieren.", betont Eckert, der die RN-Stichproben für den filter im Mikrobilogischen Institut der Uniklinik (Foto unten) prüfen ließ.
Das Gesundheitsamt entscheidet dann über weitere Schritte. "Wir schlagen allerdings keine eindeutigen Maßnahmen vor", räumt Dr. Pregler ein. Ebenso wie die Meldung über erhöhte Legionellenwerte sei es auch die Pflicht des Hausbetreibers, sich über entsprechende Maßnahmen zu informieren. Aber genau an dieser Stelle fühlen sich Hausbesitzer nun vom Gesundheitsamt alleine gelassen. "Nachbessern schön und gut, aber wie?" fragt sich aber Ulrich Löhlein. Der Immobilienverwalter, der mehr als 5.000 Wohnungen betreut, ist sauer. "Was sich der Gesetzgeber da ausgedacht hat, scheint eher gut fürs schnelle Geld als gegen Legionellen zu sein."
Niemand bekomme gern einen solchen Brief vom Gesundheitsamt. "Es ist ein ziemlich doofes Gefühl, weil es total unheimlich klingt und ich es aber auch nicht wirklich einordnen kann, wie schlimm es denn wirklich ist", so Löhlein. Schließlich wisse er nicht, wie das entsteht und was die Auswirkungen sein könnten. "Das haarsträubende daran ist, dass das Gesundheitsamt einen mit dem gesundheitsgefährdenden Befall der Warmwasseranlage komplett alleine lässt und nur im Nachhinein kontrolliert, ob man auch alles richtig gemacht hat."
Macht der Eigentümer das nicht, ist das ein Straftatbestand. Der Wohnungseigentümer muss sich entscheiden: Wie wird er die Legionellen wieder los? Anbieter, die nun einen schnellen Gewinn wittern, gibt es viele ? Methoden auch. Von UV-Strahlen bis hin zu chemischen Filtern reicht das Angebot. Die Standardmaßnahme "classic" eines eher unseriösen Anbieters zum Beispiel gebe es schon unter 1000 Euro, "premium" für etwa 2.500 Euro. "Da es keine einheitlich vorgeschriebenen Maßnahmen vom Erlasser dieser merkwürdigen Trinkwasserverordnung gibt, ist hier Trittbrettfahrern Tür und Tor geöffnet und die verunsicherten Hausbetreiber werden abgezockt", ist sich der Verwalter sicher.
Prof. Tobias Welte, Experte für Lungenheilkunde an der Medizinischen Hochschule Hannover, hält die Trinkwasserverordnung für überzogen und überflüssig. "Ob der Wasserendnutzer etwas davon hat, ist unklar. Damit werden unter dem Deckmantel, etwas Gutes erreichen zu wollen, Kosten generiert und bestimmte Industriezweige gefördert." Dabei gäbe es eine simple Lösung, die Legionellen abzutöten: Das Wasser wird von den gängigen 60 auf mindestens 71 Grad erhitzt und in allen Wohnungen mehrere Minuten lang laufen gelassen. Doch das akzeptiert das Gesundheitsamt nur, wenn es ein zertifizierter Betrieb macht. Die Kosten dafür liegen trotzdem bei einigen hundert Euro.
Dabei wäre das Ganze eigentlich gar nicht notwendig. "Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt nichtmal, welche Legionellen-Erkrankungen es überhaupt in Deutschland gibt . Die Zahlen, auf die sich die Verordnung beruft, sind nur sehr vage. Die Befürworter der Verordnung haben eindeutig sehr hoch gerechnet", verrät Prof. Welte. "Ich fürchte, die Konsequenzen der Trinkwasserverordnung sind in gar keiner Weise zu Ende gedacht. An die Kosten, die entstehen, hat bei Abfassung der Verordnung nie jemand einen vernünftigen Gedanken verschwendet."
Wer am Ende die Testkosten tragen muss, bleibt offen. Nach Ansicht des Mietervereins jedenfalls können Kosten für die Legionellen-Überprüfung nicht über die Betriebskostenabrechnung an die Mieter weitergereicht werden. Wir alle wollen Wasser aus dem eigenen Hahn, das nicht krank macht ? das ist klar. Doch ob diese Trinkwasserordnung das tatsächlich garantieren kann, weiß im Moment niemand.
Welche Methoden der Keim-Bekämpfung es gibt, wie Sie selbst für gutes Trinkwasser sorgen und was man tut, wenn man nach längerer Abwesenheit nach Hause kommt ? all diese Tipps finden Sie in der aktuellen Oktober-Ausgabe des filter, Ihrem Society- & Lifestyle Magazin für Regensburg.