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17 Neujahrsreden hatte er Zeit zum Üben - seine 18. und letzte war wohl auch seine beste. Oberbürgermeister Hans Schaidinger empfing im historischen Reichssaal zum traditionellen Neujahrsempfang alles, was in Regensburg Rang und Nahmen hat. Für alle, die Nicht dabei sein konnten, hier seine Rede in Ausschnitten:



Innovationen im Fokus

"Das Neue dringt herein mit Macht" ? so hat Friedrich Schiller das ewige Streben des Menschen nach dem Wandel beschrieben. Was für Schiller und seine Zeitgenossen revolutionär war, ist uns heute selbstverständlich. Dabei hat erst der Aufbau demokratischer Gesellschaften das neue Europa entstehen lassen, das wir kennen. Das Neue, das heute in die Welt will, entsteht nicht mehr in aufgewühlten philosophischen Debattierrunden ? es entsteht in Forschungslaboren, Entwicklerwerkstätten und Denkfabriken. Es entsteht in weltumspannenden Unternehmen, in mittelständischen Familienbetrieben und in kleinen Start-Up-Firmen. Es entsteht in den genialen Köpfen von Wissenschaftlern, Technikern und Handwerkern. Heute ist es nicht nur entscheidend, was wir von dem Neuen, das täglich entsteht, zu uns hereinlassen wollen. Wir müssen vielmehr intensiv daran arbeiten, dass Regensburg selbst ein Ort ist, an dem Neues entsteht.

Regensburg ist ein Schauplatz dieser großartigen Augenblicke. Ingenieure, Meister und Wissenschaftler aus unserer Stadt haben ihren Anteil dazu beigetragen, dass Deutschland mit seinen Innovationen den sechsten Platz unter 28 Industrienationen belegt, wie aus einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung hervorgeht.

Uns ist die Frage gestellt: Wie fördern wir, dass Neues entsteht, und wie schaffen wir es, dass dieses Neue nicht unbeachtet verkümmert? Und welche Rolle spielt dabei die Stadt? Im globalen Wettlauf um das Beste und das Neue wird jede Stadtgesellschaft verlieren, die nur das pflegt, was sie immer gemacht hat. Die nicht wagt, etwas anzupacken, das sie noch nie gemacht hat.

Und die sich allem verweigert, das frischen Wind bringt. Ohne einen guten Plan, ohne Strategie, funktioniert Innovation und Entwicklung einer Stadt aber nicht. Diese Notwendigkeit hat der unvergessene Manfred Rommel, das Oberbürgermeister-Urgestein aus Stuttgart, einmal so beschrieben: "Gegner der Planung", so hat er gesagt, "sind Freunde des Zufalls".


Wenn man den Blick auf die Gesamtlage im Freistaat richtet, sieht es weniger rosig aus: Bayern hat zu wenige Unternehmensgründer. Eine Expertengruppe, die die bayerische Innovationskraft durchleuchtet hat, ist zu keinem guten Ergebnis gekommen; Bayern ist im Vergleich mit anderen Gründerregionen in der Welt stark zurückgefallen. Bei uns, so sagen die Experten, herrscht kein Gründergeist mehr. Immer weniger junge Leute haben den Mut, mit ihren Entwicklungen auf den Markt zu gehen.

Das Neue, das wir so dringend brauchen, bleibt in den Köpfen. Und deswegen sollen Tech-Campus, Innovationszentrum, Biopark und unsere enge Unterstützung der Forschungsaktivitäten an der Universität und OTH z.B. mit der school of optical-electronical engineering oder dem Centrum für Interventionelle Immunologie dazu beitragen, dass Bayern wieder mehr ein Land der Tüftler und Gründer wird ? und, dass Regensburg den Spitzenplatz behält, den wir in der neuesten Prognos-Studie bekommen haben: Regensburg liegt bei der Entwicklungsdynamik auf dem ersten Platz unter allen 403 deutschen Städten und Landkreisen.

wirtschaftlich überzeugend

Und auch in einer vor kurzem veröffentlichten Städtestudie der Wirtschaftswoche haben wir hervorragend abgeschnitten: Zusammen mit Wolfsburg, Erlangen und Ingolstadt gehört Regensburg zu den attraktivsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Städten in Deutschland. "Regensburg überzeugt in allen Belangen", heißt es in der Studie. Auf der Siegertreppe stehen nicht die üblichen Verdächtigen ? die großen Städte wie etwa München, Leipzig, Frankfurt oder Hamburg. Sieger sind mittlere Großstädte.

Was macht diese Städte so viel dynamischer und attraktiver als die Metropolen? Sie sind keine räumlich ausufernden Megacities mit allen ihren Problemen. Die erfolgreichen mittelgroßen Städte sind kompakt und überschaubar. Persönlich und nicht anonym. Unverwechselbar und nicht austauschbar. Menschlich und nicht unwirtlich. Vielfältig und nicht monolithisch. Die typische mittelgroße europäische Stadt hat einen großen Reiz: Sie bietet in allen Belangen eine hohe Lebensqualität. Man verliert sich nicht in ihr. Ihr Tempo liegt einige Taktschläge unter denen einer Millionenstadt, sie kommt dem allgemeinen Wunsch nach Entschleunigung entgegen. Hier entfaltet sich Kreativität besser, fruchtbarer und effizienter.

Die typische mittlere Großstadt ist nicht seelenlos. Hier lässt sich das, was wir ein Netzwerk nennen, viel schneller und intensiver knüpfen - im Beruf und im Privaten. Veränderungen werden schneller und intensiver wahrgenommen. Das fördert die Entwicklung von Persönlichkeit und, ganz wichtig, die Entwicklung der Kreativität. Wenn eine Stadt erfolgreich sein will, dann ist sie gut beraten, viele Keimzellen der Kreativität zu unterstützen und zu schaffen. Eine Stadt braucht viele motivierende Freiräume, in denen das Neue entstehen kann.

Die Städte stehen am Beginn eines großen Umbruchs. Die europäische Stadt erlebt aber auch ihre Renaissance ? aus vielen Gründen. Ältere Menschen ziehen vom Land in die Stadt, weil sie hier das Versorgungs- und Betreuungsangebot finden, das sie sich wünschen. Die Städte ziehen aber auch viele junge Menschen an, die davon überzeugt sind, dass sie hier ihre beruflichen und persönlichen Lebenspläne besser verwirklichen können.

Erfolg definiert sich nicht über Besitz

Der Trendforscher Peter Wippermann hat in seinem Werte-Index für das Jahr 2014 herausgefunden, dass Leistungsorientierung und Wettbewerb für die Menschen eine große Rolle spielen. Der Begriff Erfolg wird jedoch neu definiert: Er wird nicht mehr vordergründig am Besitz, sondern an der persönlichen Lebensqualität gemessen. Wichtig sind den Stadtbürgerinnen und Stadtbürgern zunehmend Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung. Diese Werte sind auch sehr wesentlich für das, was eine Stadt wie Regensburg im Innern zusammenhält.

Von der Bildung über das weit überdurchschnittliche Angebot an qualifizierten Arbeitsplätzen der Unternehmen bis hin zum umfangreichen Kulturangebot decken wir beileibe nicht nur gängige, sondern auch sehr hohe Ansprüche ab.

Bürger helfen Bürgern

Nicht alle, aber sehr, sehr viele unserer Bürgerinnen und Bürgern sind sich dessen bewusst, dass unsere Stadt ? auch bei ihrer gegenwärtig guten Finanzlage ? nicht alles leisten kann. Deswegen ist Regensburg auf die gegenseitige Hilfe unter den Bürgerinnen und Bürgern angewiesen. Dieser Zusammenhalt macht eine Stadt stark, weil er ihr etwas ganz Besonderes schenkt: Er stärkt die Identifikation. Regensburg ist ein Beweis, dass es diese Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadt, das Wir-Gefühl und die menschliche Solidarität untereinander, nicht nur in kleinen Dörfern gibt, wo jeder jeden kennt, sondern auch in einer großen Stadt.



Regensburg als "Smart City"


Ich bin sehr zuversichtlich, dass Regensburg das Neue immer wieder hereinlässt: Neue Menschen, neue Ideen, neue Denkweisen. Die Stadt hat in ihrer Geschichte immer dann geblüht, wenn sie neugierig und offen war. Wenn jeder einzelne von uns seinen Beitrag zu all dem leistet, wofür Regensburg anerkannt und geschätzt wird, dann wird es dieser Stadt gelingen, an ihrem besonderen Markenzeichen weiter mit Erfolg zu arbeiten. Regensburg hat gute Anlagen für eine europäische Modellstadt der Zukunft.

Schon jetzt erfüllt unsere Stadt eine ganze Reihe der Anforderungen, die an "Smart Cities" gestellt werden ? an die intelligenten, zukunftsfähigen europäischen Städte. Sie werden definiert als nachhaltiger Organismus, in dem Wirtschaft, Bildung, Wissenschaft, Umwelt, Kultur und Soziales eng miteinander verflochten sind.

Seit geraumer Zeit wird in Gremien der EU daran gearbeitet, ein Leitbild der "Europäischen Stadt" in Standards zu fassen. Dieser bürokratische Ansatz geht darüber hinweg, dass jede Stadt ihren eigenen Charakter hat ? und dass die Menschen und die von ihnen gewählten Politiker selbst zu entscheiden haben, wie sie ihre Stadt weiterentwickeln wollen. Der gemeinsame Wille, sich für ein solidarisches, wissenschaftlich und wirtschaftlich erfolgreiches, gesellschaftlich vielfältiges, integratives und friedliches Regensburg einzusetzen, muss uns auch künftig im Innersten zusammenhalten.

Deshalb warten wir nicht auf eine telefonbuchdicke "Smart-City"-Verordnung der EU. Wir sind bereits auf dem Weg in die innovative Zukunft. Auch die Generationen nach uns sollen voller Überzeugung sagen: Es ist lebenswert, angenehm und klug, in Regensburg zu leben.

Allen Regensburgerinnen und Regensburgern wünsche ich ein erfolgreiches 2014. Glück, Erfolg, Gesundheit und Zufriedenheit ? und den Segen Gottes.

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