Hochtemperatur-Mikroskopie an der Universität Regensburg
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Die Mikroskopie erreicht mit dem neu entwickelten Zusatzgerät für Lichtmikroskope eine neue Stufe. Die Forscher haben in Zusammenarbeit mit der Elektronik-Werkstatt der Fakultät für Biologie und vorklinische Medizin das neue Gerät an der Universität Regensburg entwickelt.
Das neuartige Zusatzgerät für Lichtmikroskope, welches von Forschern an der Universität Regensburg entwickelt wurde und bald auch kommerziell erhältlich sein wird, kommt momentan vor allem der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Reinhard Wirth zugute. Seit vielen Jahren untersuchen die Forscher sogenannte hyperthermophile Mikroorganismen, welche optimale Wachstumstemperaturen von über 80°C haben, in ihrem Verhalten zu ihrer Umwelt. Mithilfe des TGFD (temperature gradient forming device) kann nun jedes herkömmliche Mikroskop in ein "Thermomikroskop" umgebaut werden und Temperaturdistanzen schneller überwunden werden.
Die Biotope "black smoker" haben sehr steile Temperaturgradienten, das heißt in ihrem Inneren strömt das Wasser mit bis zu 400°C aus dem Meeresboden, die Umgebungstemperatur in der Tiefsee liegt aber bei ungefähr drei Grad Celsius ? der Abstand zwischen den warmen und kalten Regionen beträgt nur etwa zwei bis drei Zentimeter. Auf der Innenseite der porösen Struktur würden die Mikroorganismen sofort "totgekocht" und an der Außenseite verfallen sie in absolute Kältestarre.
Das Zusatzgerät erlaubt nun über eine Distanz von nur zwei Zentimetern in einem feinen rechteckigen Hohlraum einen Temperaturunterschied von über 40°C anzulegen. Bei dem herkömmlichen Thermomikroskop, welches auch in Regensburg entwickelt wurde und nur hier verfügbar ist, können nur Experimente bei einer Temperatur durchgeführt werden ? das ist nun Geschichte. Das neue TGFD erlaubt es bei einem einzigen Versuch zu verfolgen, wie Hyperthermophile auf Temperaturen zwischen beispielsweise 70 und 100 Grad reagieren, und die Analysen werden durch die wegfallenden 30-minütigen Aufheizzeiten fünf- bis zehnfach schnellere Arbeit.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Wirth hat mit dem neuartigen Zusatzgerät erstmals die Bewegung von Hochtemperaturorganismen in einen für sie optimalen Temperaturbereich nachgewiesen. Hyperthermophile, die längere Zeit tiefen Temperaturen ausgesetzt sind, können innerhalb von fünf Sekunden eine Schwimmaktivität aufweisen. Mit dieser Erkenntnis wurde den Forschern klar, wie neu entstandene heiße Biotope, wie die "black smoker", von den Mikroorganismen besiedelt werden können.
Veröffentlicht wurden die Arbeiten zuletzt in der renommierten Zeitschrift "Applied and Environmental Microbiology".
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Bild: Prof. Dr. Wirth