Verkehrschaos fordert starke Nerven
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17 Uhr, Feierabend. Doch damit steht die wohl stressigste Herausforderung des Tages noch an: Stau. Gerade auf der A93 und A3 herrscht Verkehrschaos, vor allem zu den Stoßzeiten reiht sich Rücklicht an Rücklicht. Ein Ende? Nicht in Sicht. Der Weg in die Arbeit und wieder zurück entpuppt sich für viele zum Höllentrip für die Nerven. Selbst dort, wo keine Baustellen sind, zieht sich der Stau kilometerweit.
Schon seit knapp einem halben Jahr herrscht auf dem Teilstück der A93 zwischen Pentling und Prüfening vor allem morgens und abends nur zähfließender Verkehr. Der Grund: die Baustelle im Prüfeninger Tunnel. Zwar wurde hier schon vorsorglich eine Nachtbaustelle eingerichtet, um die Strecke nicht komplett sperren zu müssen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 auf 60 innerhalb des Tunnels gilt trotzdem rund um die Uhr. "Aus Sicherheitsgründen", weiß Christian Hunzner, Leiter der Dienstelle Regensburg, Autobahndirektion Südbayern. "In ganz Deutschland werden Tunnel aufgerüstet, um im Falle eines Unfalls mehr Schutz zu garantieren." Noch bis Ende Oktober werden Fluchtkennzeichnung, Beleuchtung und Belüftung verbessert, dann läuft die Verkehrsführung wieder normal. Bis dahin kündigt das Warnlicht ununterbrochen "Staugefahr" an.
Eine Tatsache, die Autofahrer verunsichert und erst recht Stau entstehen lässt? "Nein! Warnungen erhöhen die Alarmbereitschaft und rufen zur Vorsicht auf, davon kann es nie genug geben", erklärt Verkehrspsychologe Dr. Wolfgang Barthelmess. Viele Menschen haben ein beklemmendes Gefühl, wenn sie in einen dunklen Tunnel fahren, sie fühlen sich gefangen. Es gibt nur eine Toreinfahrt, die Mauern an den Seiten lassen die Straße noch enger wirken, das löst schnell Panik aus." Ein vorsichtiger und langsamer Fahrstil gibt auch dem Auge genügend Zeit, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
"Allerdings passieren im Tunnel verhältnismäßig auch nicht mehr Unfälle wie Außerhalb", weiß Hauptkomissar Hans Biederer. Zur Polizeiinspektion Regensburg zählen die beiden Tunnel Prüfening und Pfaffenstein, insgesamt drei Kilometer überdachte Fahrstrecke. In den vergangenen Jahren blieben die Verkehrsunfälle dort relativ konstant. Während 2011 in den beiden Tunneln 26 Unfälle verzeichnet wurden (2012: 28, 2013: 27), sehen die Zahlen für das laufende Jahr nicht viel anders aus: Bisher gab es heuer 21 Unfälle. "Sicherlich überkommt den ein oder anderen bei der Fahrt durch den Tunnel ein ungutes Gefühl ? Beengtheit, Dunkelheit, Angst bei einem Unfall. Aber ich glaube, dass gerade aus diesen Gründen in den Bereichen mit viel Aufmerksamkeit und Konzentration gefahren wird", erklärt Biederer.
Die Unfälle in Tunneln ereignen sich in erster Linie durch Auffahren auf abbremsende Fahrzeuge oder bei Fahrstreifenwechsel. "Das sind die gleichen Unfallursachen wie außerhalb des Tunnels", so Biederer. Während im Prüfeninger Tunnel drei Fahrstreifen für ein angenehmeres Fahrverhalten sorgen, sind die zwei Spuren im Tunnel Pfaffenstein eine echte Gefahr. Bei einem Unfall können die Autos kaum eine Rettungsgasse bilden, für Einsatzfahrzeuge ist ein Durchkommen schwierig. "Im kommenden Jahr steht deshalb eine Nachrüstung im Pfaffensteiner Tunnel an", so Biederer. Die Verkehrssituation an der A93 wird also nach der Fertigstellung des Prüfeninger Tunnels Ende Oktober wohl nur für kurze Zeit entlastet.
Ein weiteres Problem: Die Tunnelbaustelle sorgt für so viel Wartezeit, dass es sogar schon zum Rückstau auf die A3 Richtung Sinzing/Nürnberg kommt. "Auf der A3 herrscht schlichtweg ein Kapazitätsproblem. Die Straßen sind überlastet", erklärt Hunzner. Die Folge ist klar, der Stau zieht sich kilometerweit. Rücklichter so weit das Auge reicht, ein Umfahren fast unmöglich. In die gegenüberliegende Richtung sieht es nicht besser aus. Wer vom Autobahnkreuz Regensburg Richtung Neutraubling fährt, stößt vor allem in den frühen Morgenstunden auf zähfließenden Verkehr. Anstatt der erlaubten Geschwindigkeit (100 km/h / 120 km/h), geht es hier nur mit 30 km/h voran. Eine Herausforderung für die Nerven. Schuld ist hier die Sperrung der Ausfahrt Universität. Die Brückenbaustelle der Stadt Regensburg als Verbindung zum Jahnstadion wird voraussichtlich Ende Oktober fertig.
Seit August läuft für genau diesen Abschnitt auf der A3 ein Planfeststellungsverfahren über einen sechsspurigen Ausbau. In den kommenden Jahren soll der Startschuss für das große Projekt fallen. Nach voraussichtlich vierjähriger Bauzeit sollte dann der Verkehr entzerrt sein. Ein weiter Weg.
Zu der Verkehrsüberlastung kommt, dass sich viele nicht an Tempolimits und Co. halten. "Auch wenn es für einen Stau scheinbar keinen Grund gibt, steht man häufig eine Stunde auf der Autobahn", weiß Verkehrspsychologe Dr. Wolfgang Barthelmess. "Meistens sind die Ursache nur drei, vier Autos, die zum Beispiel beim Wechsel der Spur ein Minichaos verursachen." Die meisten Autofahrer fahren mit wenig Abstand und müssen in einer solchen Situation stark abbremsen. Die Folge? Genau, Stau. "Es gibt einfach keinen Spielraum für derartige Mini-Vorfälle."
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Foto: Flynt / Bigstock.de