Diskussion um Werbung der Regensburg Tourismus GmbH
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Die Domspatzen gelten als eines der Aushängeschilder Regensburgs. Doch genau dies sorgt jetzt für großen Diskussionsstoff. „Nichts ist besser als das Original“, so der Werbeslogan auf den verschiedenen Karten und Videos. 100.000 Stück wurden in ganz Deutschland verteilt und so beginnt eine hitzige Diskussion, ob Regensburg denn frauen- und fremdenfeindlich wäre. Dies weist die Regensburger Tourismus GmbH bewusst zurück.
Die Domspatzen, die Steinerne Brücke, der St. Peters Dom und die traditionelle Bratwürstl-Bestellung „Sechs auf Kraut" im Wurstkuchl – Dies sind die Motive der Kampagne. Eine Gruppe von Menschen versucht diese nachzustellen, doch ohne Erfolg, denn „Nichts ist besser als das Original“. Die Online-Werbespots und Karten wurden produziert um, mit Fokus auf die Besonderheiten der UNESCO-Welterbestadt, Touristen aus Deutschland und dem Ausland in die Dommetropole zu locken.
Ausgangspunkt der kritischen Diskussion ist eine Postkarte mit einem Motiv der Regensburger Domspatzen. Darauf zu sehen sind weibliche und männliche Mitarbeiter der Regensburg Tourismus GmbH, darunter ein farbiger, allesamt als „falsche Domspatzen“ gekleidet, ein Foto samt Bildunterschrift der echten Regensburger Domspatzen, ein Hinweis „Nichts ist besser als das Original“, ein QR Code der auf die Videos verlinkt und die Aufforderung nach Regensburg zu kommen.
Nun hat der Bayerische Rundfunk die Frage aufgeworfen, ob diese Botschaft der Karte missverständlich gedeutet werden kann. „Witzig oder geschmacklos?“, lautet die Frage des BR.
Richard Spieß, Stadtrat der Linken in Regensburg, hatte die Postkartenaktion in einer Pressemitteilung gar als „rassistisch“ und „sexistisch“ bezeichnet: „Diese Werbung vermittelt den Eindruck, als würde Regensburg sich als Brutstätte von Zucht und Ordnung gerieren und als wäre ein Chor aus Mädchen und Jungen gleich welcher Herkunft natürlich schlecht und aus Regensburger Sicht abzulehnen. Der streng geführte Knabenchor aus Regensburg sei wesentlich besser“, heißt es in der Mitteilung.
Doch die Regensburger Tourismus GmbH weist diese Vorwürfe von zurück. Sabine Thiele, Geschäftsführerin der Regensburg Tourismus GmbH sagt dazu: „Ich bin mehr als verwundert über die Auslegung, die Postkarte „Original: Regensburger Domspatzen" sei frauen- und fremdenfeindlich. Das ist für mich sehr weit hergeholt und nicht nachvollziehbar. Der Umgang mit verschiedenen Kulturen und die Betreuung von Gästen aus der ganzen Welt sind tägliche Aufgaben der RTG. Das touristische Marketing ist international ausgerichtet, Frauen- und Fremdenfeindlichkeit hat da keinen Platz.“
„Bei der RTG arbeiten 42 Menschen, davon 13 Männer und 29 Frauen, davon sechs Menschen mit direktem Migrationshintergrund. Die Menschen, die den Spot der Domspatzen gedreht haben und auf den Postkarten abgebildet sind, sind alle Mitarbeitende der RTG“, so Thiele weiter.
Die Idee stammt teilweise von den Mitarbeitern selbst und wurde in einer Findungsgruppe realisiert: Regensburger Originale darzustellen oder nachzubauen, das Vorhaben aber absichtlich auf eine überspitzt ironische Weise scheitern zu lassen. Alle vier Spots stehen in einem seriellen Charakter, werden so seit dem 16. Dezember 2014 kommuniziert und dienen der Bewerbung von Regensburg. Quintessenz der falschen Originale: „Wir haben alles versucht, aber nichts ist besser als das Original" und das findet der Gast nur in Regensburg. Bei den Domspatzen bedeutet das: sie sind professionelle Sänger und Kulturbotschafter Regensburgs und können viel besser singen als die „Falschen". Hierbei geht es um den Gesang als Kernkompetenz der Domspatzen und nicht um das Aussehen oder das Geschlecht.
Bei einer Onlineumfrage konnten die Hörer auf der Website von Bayern3 abstimmen: 89,3 Prozent waren dafür, dass die Werbeaktion „Witzig. Mal was anderes sei", wohingegen nur 10,7 Prozent der Meinung waren „Sorry, aber im Jahr 2015 geht sowas gar nicht mehr…".
Auch Oberbürgermeister Joachim Wolbergs nimmt Stellung zu den Vorwürfen: „Ich weiß jetzt wirklich nicht, worüber ich mich mehr aufregen soll: Über die Nichtigkeit des Anlasses, über die künstliche Empörung oder über die Unfähigkeit, Ironie zu erkennen.“ Und weiter: „Wer der RTG und damit indirekt der Stadt diskriminierende Tendenzen unterstellt und das auch noch im Zusammenhang mit einer harmlosen und eindeutig ironisch angelegten Werbekampagne, sollte überlegen, ob mit dieser völlig überzogenen Empörung nicht erst der Schaden entsteht, der nun mit allerlei Betroffenheitsprosa beklagt wird“
Unter den Mitarbeitern des RTG ist auch ein dunkelhäutiger junger Mann, dem nun – wie auch seinen Kolleginnen und Kollege – indirekt Diskriminierung vorgeworfen wird. „Absurder geht es ja wohl nicht mehr“, sagt der OB dazu. „Ich stelle mich jedenfalls gerne vor diese jungen Leute, die mal mit einer ausgefallenen Idee für Regensburg werben wollten.“
Was Teile von Politik und Medien in diese Werbung hineininterpretieren, „ist völlig an den Haaren herbeigezogen“, erklärt der OB. „Wenn es Leute gibt, die anscheinend nichts Besseres zu tun haben als viel Energie in ein für Empörung völlig untaugliches Thema zu stecken, dann möchte ich gern dabei behilflich sein, diesen Leuten wieder Zeit für das wirklich Wichtige zu geben. Außerdem will ich diese absurde, unnötige und für Regensburg wirklich nicht hilfreiche Pseudo-Empörungsaktion beenden: Deswegen, und nur deswegen, habe ich die RTG gebeten, diese Postkartenaktion zu beenden und das dazu gehörende Video aus dem Netz zu nehmen.“ Wolbergs sagt, es könne „ja durchaus sein, dass jemand diese Aktion unpassend findet – aber noch unpassender ist es, wenn man dann sofort Betroffenheitsmitteilungen verschickt, ohne sich über die Hintergründe und Absichten dieser Aktion kundig zu machen.“
Insgesamt wurden 100.000 Postkarten, je Motiv 25.000 Karten in ganz Deutschland verteilt, ergänzt wird die Kampagne mit Megalights (große Plakatmotive) in verschiedenen deutschen Großstädten.