Martin Rütter mit seinem neuen Programm
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Der Dogfather der Hundeerziehung ist wieder da. In seinem neuen Live-Programm „nachSITZen“ öffnet Martin Rütter die Tür zum bellenden Klassenzimmer. Wir haben ihm im Interview getroffen!
„nachSITZen“ ist der Titel Ihres aktuellen Bühnenprogramms. Weswegen müssten einige Hundebesitzer nochmal die Schulbank drücken?
Wegen ihrer chronischen Manipulationsanfälligkeit (lacht). Und das betrifft nicht nur einige, sondern fast alle. Wir Hundemenschen sind zu Beginn eines neuen Trainingswegs oder einer neuen Situation in der Regel immer sehr motiviert und konsequent. Irgendwann schafft es der Hund dann aber doch wieder, uns um seinen Finger bzw. seine Pfote zu wickeln. Ein treu-süßer Blick reicht, und wir denken: Ach ist ja doch nicht so schlimm, wenn er heute was vom Tisch kriegt. Ist ja schließlich Wochenende, da machen wir mal eine Ausnahme.
Was ist besonders wichtig für eine gelungene Mensch-Tier-Beziehung?
Vertrauen und Respekt. Wir Menschen müssen lernen, die individuellen Bedürfnisse eines Hundes zu respektieren und zu stillen. Leider stellt der Mensch jedoch häufig seine Wünsche in den Vordergrund. Das überfordert die Hunde.
Haben Sie eine Lieblingshunderasse?
Eine spezielle Rasse möchte ich nicht rauspicken. Ich mag generell Hunde, die einen Plan B haben, bei denen ich im Training denke, so jetzt hab‘ ich dich, und die mir dann doch noch mal ein Schnippchen schlagen.
Immer mehr Berufstätige nehmen Ihr Tier mit zur Arbeit. Kann ein Bürohund positiv zum Betriebsklima beitragen?
Auf jeden Fall. Oberste Voraussetzung sollte aber zunächst sein, dass er menschenfreundlich und gut erzogen ist. Dann stellt ein Bürohund definitiv eine Bereicherung dar. Zum Beispiel bei der internen Firmenkommunikation kann er als eine Art Vermittler fungieren. Abteilungen, die sonst wenig miteinander zu tun haben, geraten über den Hund in einen intensiveren Austausch. Die Kommunikation untereinander wird dadurch gefördert. Oder das Thema Regeneration. Meist unterhalten sich Kollegen auch in der Mittagspause noch über die Arbeit, obwohl sie die Zeit eigentlich zum Abschalten nutzen sollten. Wer sich jedoch mit dem Hund beschäftigt, einen kurzen Spaziergang unternimmt, der erfährt echte Entspannung.
Was würden Sie Menschen, die sich zum ersten Mal einen Hund ins Haus holen, raten?
Sich vorab sehr genau zu informieren, was die Anschaffung eines Hundes bedeutet. Und gut und seriös beraten lassen, welcher Hund überhaupt zu mir passt. Denn der Kardinalfehler wird meist schon bei der Auswahl begangen. Häufig sind optische und emotionale Kriterien für die Entscheidung ausschlaggebend. Und dann merken die Leute auf einmal: Oh, das habe ich mir aber ganz anders vorgestellt.
Ein umstrittenes Thema: Darf der Hund mit auf die Couch und/oder ins Bett? Sie haben selbst Hunde – wie stehen Sie dazu?
Ein umstrittenes und vor allem völlig überbewertetes Thema. Nur weil der Hund auch mal im Bett liegt, heißt es doch nicht, dass er auch gleich die Weltherrschaft beansprucht. Natürlich darf ein Hund auch mal ins Bett oder auf die Couch. Wichtig ist nur, dass die Entscheidungshoheit beim Menschen liegt. Ich hatte mal den Fall, dass der Mann jahrelang auf der Couch geschlafen hat bzw. schlafen musste, weil ihn der Hund nicht mehr ins Schlafzimmer gelassen hat (lacht). Das geht natürlich nicht.
Wenn der Hund bestimmt, wo es beim Gassi gehen lang geht. Wie verschaffe ich mir den Respekt zurück?
Das kommt natürlich immer auch darauf an, in welcher Form er es bestimmt und mit welcher Motivation. Ganz häufig ist es jedoch so, dass die Hunde sich beim Spaziergang verselbstständigen, weil ihr Mensch nichts Spannendes anzubieten hat. Sie langweilen sich und machen es sich dann selber nett. Ganz viele Probleme entstehen, weil die Hunde nicht adäquat ausgelastet sind – und zwar körperlich und geistig. Beschäftigung ist also ein ganz wichtiges Thema.
Ist Ihre Show nur etwas für Hundebesitzer?
Nein. Natürlich dreht es sich ums Thema Hund. Aber viele Tipps sind auch auf die Erziehung der Kinder oder des Mannes anwendbar (lacht). Zudem hat ja jeder in seinem Alltag schon mal Berührungspunkte mit einem Hund gehabt, und wenn es nur der Vierbeiner des Nachbarn ist, der gerade wieder meinen Garten verwüstet. Sprich jeder kann mitreden. Und inzwischen haben sogar rund 30 Prozent der Besucher meiner Shows überhaupt keinen Hund. Die haben aber gemerkt, dass sie gut unterhalten werden und man beim Rütter einen schönen Abend verbringen kann.
Wie weit darf die Liebe zum Tier gehen?
Solang sie dem Tier nicht schadet und es in seiner natürlichen Bewegungsfreiheit nicht eingeschränkt wird. Das pinkfarbene Märchenschloss als Hundehütte schadet dem Hund nicht, wenn er aber auf dem Oktoberfest ins Dirndl gepresst wird, ist das Tierquälerei.
In Ihrer Tätigkeit als tierpsychologischer Berater haben Sie es oftmals mit Härtefällen zu tun. Gibt es einen Punkt, an dem Sie den Besitzern trotz aller Mühen raten, das Tier abzugeben?
Der Fall kann durchaus eintreten. Wenn beispielsweise die Mensch-Hund-Beziehung durch Kommunikationsmissverständnisse so belastet ist, dass ein Zusammenleben nur noch Stress für beide Parteien bedeutet, muss man in Erwägung ziehen, den Hund in eine andere Umgebung abzugeben.
Was ist Ihnen auf der Bühne wichtiger: Entertainment oder Aufklärung in Sachen Hundeerziehung?
In allererster Linie bin ich Hundetrainer. Deshalb sollen die Leute in meinen Shows auch etwas lernen, das wird immer mein Anspruch sein. Ich mache keine Comedy, sondern eine Mischung aus Unterhaltung und Information. Trotzdem finde ich den Unterhaltungsaspekt wichtig, einfach weil es meine persönliche Art ist, Wissen zu transportieren, und weil ich glaube, dass sich Wissen über Spaß besser vermitteln lässt als mit erhobenem Zeigefinger.
Was war Ihr schönstes Erlebnis mit einem Tier?
Der glücklichste Moment ist eigentlich immer der, wenn ich einer zuvor problembehafteten Beziehung zu einem harmonischen, für beide Seiten glücklichen Miteinander verhelfen kann.
Gibt es etwas, das wir von Tieren lernen können?
Hunde sind sehr treue und verlässliche Partner. Und sie besitzen einen phänomenalen Beobachtungssinn, sie registrieren sehr genau, was um sie herum passiert. Davon könnten wir Menschen uns eine Scheibe abschneiden.