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Der dritte Medizinethik-Tag des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) beschäftigt sich mit der Bedeutung religiöser und kultureller Faktoren bei der Begegnung mit Fremdheit in der Pflege und der medizinischen Versorgung.

In Deutschland leben derzeit über sieben Millionen Ausländer, mehr als zwanzig Prozent der deutschen Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Dazu kommt der aktuelle Zuwanderungsstrom aus den Krisengebieten Afrikas. In einer multikulturellen Gesellschaft ergeben sich in vielen Bereichen des täglichen Miteinanders interkulturelle Begegnungen, die nicht selten im Umgang miteinander verunsichern. Vor allem im medizinischen Sektor sind solche Situationen bedeutsam, da durch den Umgang mit Krankheit, Körperlichkeit, Schmerz oder Tod kulturelle und religiöse Grenzbereiche berührt werden. Wie hierbei angemessen agiert werden kann, möchte der dritte Regensburger Medizinethik-Tag am Samstag, dem 14. November 2015, beantworten. Von 09:30 bis 14:45 Uhr diskutieren Experten aus Medizin und Ethik im Hörsaal A2 des UKR mit Mitarbeitern aus dem Gesundheitsbereich und ethisch Interessierten über ethische, religiöse, kommunikative und praktische Aspekte dieses Themas.

„In der Medizin spielt der Respekt im Umgang mit Fremdheit eine besondere Rolle. Ziel des Medizinethik-Tags soll sein, dass wir das Fremde besser verstehen und dadurch auch respektieren und einbeziehen lernen“, erläutert Professor Dr. Thomas Bein, Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees des UKR. So werden Grundsatzfragen diskutiert, ob und wie interkulturelles Verständnis möglich ist und welche Vorstellungen von Krankheit und Therapie in verschiedenen Kulturen herrschen. Spezifisch für die Krankenversorgung wird auch die Frage aufgeworfen, ob das Gesundheitssystem überhaupt in der Lage ist, Patienten kulturell spezifisch zu betreuen. Albrecht Fleischmann, evangelischer Seelsorger und stellvertretender Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees des UKR, gibt ein Beispiel: „In manchen Kulturen lassen sich männliche Patienten nur von männlichen Pflegekräften waschen. Wir setzen uns auf dem Medizinethik-Tag damit auseinander, wie wir solche Besonderheiten bewältigen können.“ Neben kulturspezifischen Fragestellungen zum Umgang mit Patienten geht die Veranstaltung auch auf die Themen Sterben und Entscheidungen am Lebensende ein, bei denen kulturell große Unterschiede bestehen. „Das Verständnis, wann ein Mensch tot ist, divergiert in anderen Kulturen. So wird beispielsweise der Hirntod nicht in allen Religionen akzeptiert. Auch die Rituale im Umgang mit Verstorbenen sind kulturspezifisch anders“, führen Professor Dr. Thomas Bein und Albrecht Fleischmann aus.

Was das Aufeinandertreffen von kulturell unterschiedlichen Werten, Normen und Regeln im klinischen Alltag bedeutet, zeigt der Fall einer jordanischen Patientin. Die schwerkranke Frau wird im UKR behandelt. Die Ärzte können allerdings nicht mehr helfen, sie verstirbt an einem Samstag im Krankenhaus. Familie und medizinisches Personal stehen nun vor einer besonderen Herausforderung, denn nach jordanischer Sitte werden Verstorbene noch am gleichen Tag in der Heimat beerdigt. Formalitäten wie die Bestätigung des Todesscheins verzögern sich aufgrund des Wochenendes. Nur durch gegenseitiges Entgegenkommen aller Beteiligten gelingt es schließlich, dass die Familie zusammen mit ihrer Verstorbenen spätnachmittags nach Jordanien ausreisen kann. „Der Fall der jordanischen Patientin zeigt, wie schnell und flexibel wir auf Besonderheiten in der medizinischen Versorgung fremdkultureller Personen reagieren müssen. Dies ist nur möglich, wenn alle Beteiligten dafür sensibilisiert sind und über ein ausreichendes Maß an interkultureller Kompetenz verfügen“, erläutert Professor Dr. Thomas Bein.

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Professor Dr. Thomas Bein ist Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees des UKR. Bild: UKR

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