"Wirst du wieder gesund?"," Bist du an meinem Geburtstag zu Hause?", "Musst du jetzt sterben?" – Fragen wie diese stellen Kinder ihren krebskranken Eltern während des stationären Krankenhausaufenthaltes. Um hierauf sensibel reagieren und kompetent mit dem Thema Krebs in der Familie umgehen zu können, berät der Psychoonkologische Dienst der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR Eltern und Kinder in einer Kindersprechstunde. Die Sprechstunde war in dieser Form ein Pilotprojekt in Bayern und ist bis jetzt einzigartig im Raum Regensburg. Um Erfahrungen weiterzugeben und für die Bedürfnisse von Kindern krebskranker Eltern zu sensibilisieren, lädt der Psychoonkologische Dienst des UKR Psychologen, Ärzte, Sozialpädagogen und Klinikseelsorger aus ganz Bayern am Samstag, dem 4. Juni 2016, von 09:00 bis 16:30 Uhr zum zweiten Regensburger Psychoonkologie-Kongress ins UKR ein.
Betreuung von Anfang an – auch bis über den Tod hinaus
Ab dem Zeitpunkt der Diagnosestellung können im UKR an Krebs erkrankte Elternteile im Rahmen der Kindersprechstunde vom Psychoonkologischen Dienst unterstützt werden. „Kinder und Jugendliche nehmen durch ihre sensiblen Antennen viel auf. Es ist wichtig, sie von Anfang an aufzuklären und mit einzubinden. Beim Thema Krankheit dürfen sie nicht ausgeschlossen und mit ihren Ängsten allein gelassen werden“, so Dr. Marion Böger, Leiterin der Kindersprechstunde am UKR. Präventiv werden Eltern in der Kindersprechstunde beraten, wie sie ihren Kindern die Erkrankung am besten vermitteln können. Dies ist auch wichtig, um in dieser für beide Elternteile belastenden Situation die Elternrolle - die elterliche Kompetenz - aufrechterhalten zu können.
Das Betreuungsangebot des Psychoonkologischen Dienstes reicht aber noch viel weiter. „Manchmal begleiten wir die Familien auch bis zum Tod des Erkrankten und noch darüber hinaus. Auch dieses Thema sollte kein Tabu darstellen. Man darf in der Familie offen über die Krankheit und die damit verbundenen Sorgen sprechen“, führt Dr. Böger aus.
Eine weitere Herausforderung der Kindersprechstunde ist das Erkennen und Thematisieren von Verhaltens - oder Wesensveränderungen bei Kindern krebskranker Eltern. So sind Kinder oft sehr angepasst, um ihre Eltern nicht zusätzlich zu belasten. Aber auch extreme Verhaltensauffälligkeiten wie Aggressivität, Angststörungen, schulischer Leistungsabfall oder völliger Rückzug aus dem Familienleben können Zeichen der kindlichen Belastung sein. Des Weiteren sind auch bei den erkrankten Elternteilen medikamentös bedingte Wesensänderungen möglich. In der Sprechstunde wird der Familie dabei geholfen, dies richtig zu deuten und damit umzugehen.
All diese Problemstellungen wird der zweite Regensburger Psychoonkologie-Kongress aufgreifen. Renommierte Referenten geben Auskunft darüber, welche Auswirkungen die Krebserkrankung eines Elternteils auf die Familie hat, präsentieren den aktuellen Forschungsstand und deren Bedeutung für die Versorgungspraxis. Zudem werden die einzelnen Themen in Workshops vertieft, so dass die Kongressbesucher sich noch intensiver damit befassen können.
„Wir sehen den Menschen als Ganzes und wollen unsere Patienten mit ihren Familien in möglichst allen Belangen rund um die veränderte Lebenssituation unterstützen. Mit der Kindersprechstunde im Rahmen der psychoonkologischen Beratung bieten wir den Familien eine Leistung an, die sie psychisch stützt, viele Sorgen und Ängste leichter werden lässt und die Familien dadurch entlastet“, so Professor Dr. Wolfgang Herr, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III des UKR.
Ein Netzwerk für kontinuierliche psychoonkologische Unterstützung
Der Psychoonkologische Dienst ist Teil des Universitären Onkologischen Zentrums Regensburg (UCC-R). Jeder Patient, der im Rahmen des Zentrums behandelt wird, kann die psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen. Die Kindersprechstunde wurde 2005 initiiert und wird seitdem komplett von der Leukämiehilfe Ostbayern e.V. finanziert. Noch immer ist das Angebot in dieser Form einmalig für Ostbayern. Durch ein Netzwerk aus niedergelassenen Psychologen, Ärzten, Sozialpädagogen und Beratungsstellen in ganz Bayern wird aber sichergestellt, dass die Betreuung der Patienten und ihrer Familie auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus weitergeführt werden kann.
„Der Kongress trägt dazu bei, unser Netzwerk zu erweitern und noch weiter zu festigen, so dass eine durchgehend professionelle Betreuung während und nach dem Krankenhausaufenthalt gewährleistet ist“, so Dr. Martin Vogelhuber, Leiter des Psychoonkologischen Dienstes am UKR.
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Foto: UKR
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