Studie über Asylsuchende in Bayern: Den „typischen“ Asylsuchenden gibt es nicht
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Forscherteam der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) hat im Auftrag der Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) rund 780 Asylsuchende befragt. HSS-Vorsitzende Ursula Männle: „Belastbare Faktensammlung als Beitrag zu einer gelingenden Integration.“
Ob aus Afghanistan, Eritrea, dem Irak oder aus Syrien - zwischen 80 und 90 Prozent der Asylsuchenden im Freistaat geben als wichtigstes Ziel für ihre Zukunft an, Deutsch lernen zu wollen, denn die Sprache ist auch für sie der Schlüssel zur Integration. So hoch die Übereinstimmung in diesem Punkt unter den Asylsuchenden in Bayern ist, so unterschiedlich sind ihre Einstellungen, Erwartungen und Bleibeabsichten sowie ihre Migrationsmotive. Bei näherer Betrachtung weisen die befragten Asylsuchenden eine große religiöse Vielfalt auf.
Ein zentraler Befund der Pilotstudie „Asylsuchende in Bayern“ lautet denn auch: Den „typischen“ Asylsuchenden gibt es nicht. Dieses und weitere Ergebnisse haben Prof. Dr. Sonja Haug und ihr Forscherteam von der OTH Regensburg am 1. Juni 2017 in München vorgestellt. Zu der von der Hanns-Seidel-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie hat die OTH Regensburg rund 780 Asylsuchende aus Gemeinschaftsunterkünften in Nürnberg sowie im Landkreis Ebersberg in Oberbayern befragt. Die quantitative Studie wurde ergänzt durch qualitative Interviews mit zwölf Experten, die täglich professionell mit Asylsuchenden und für Asylsuchende arbeiten und zwölf Asylbewerbern.
Unterstützt wurden die Befragungen der Menschen aus Afghanistan, Eritrea, dem Irak und Syrien durch neun Dolmetscher in den Sprachen Arabisch, Kurdisch, Paschtu, Farsi und Tigrinya. Das Forschungsprojekt basiert auf drei Teilstudien, die gemeinsam mit der Hanns-Seidel-Stiftung erarbeitet wurden. Im Rahmen einer standardisierten Befragung beantworteten die Asylsuchenden, die 2015 nach Bayern eingereist sind, Fragen zu Themen wie Familie, Bildung und Arbeit sowie zu ihren Migrationserfahrungen, Einstellungen, Werten und Zukunftserwartungen. Neben Informationen zu Bildung und Berufserfahrung wurden auch Fragen zu Geschlechterrollen und Religiosität beantwortet. Ziel der Studie ist es unter anderem, eine valide Datengrundlage über Beweggründe der Flucht und Handlungsempfehlungen zur Integration zur Verfügung zu stellen.
Analog zur hohen Bereitschaft der Asylsuchenden Deutsch zu lernen, sieht die Studie einen hohen Bedarf an sprachlichen Bildungsangeboten. Aber auch Angebote im schulischen Bereich und der beruflichen Weiterqualifizierung sowie Politische Bildung und die soziale Integration werden als zukünftige Herausforderungen für alle Beteiligten gesehen. „Mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen wollen wir dazu beitragen, die Situation von Asylbewerbern zu analysieren, und auf Basis dieser Analyse weitere Impulse für eine gelingenden Integration geben“, erklärt die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Ursula Männle. Ähnlich übereinstimmend wie zum Deutscherwerb äußern sich die Befragten übrigens zu ihren Gründen für das Fluchtziel Deutschland: Bis zu 83 Prozent sind hierhergekommen, weil in Deutschland Frieden herrscht. „Die Asylsuchenden wünschen sich ein friedliches und auch eigenständiges Leben in Deutschland, und dementsprechend hoch ist die Bereitschaft zur Integration in den Arbeitsmarkt“ so Prof. Dr. Sonja Haug von der OTH Regensburg.