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Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg hat die Anklage wegen Bestechlichkeit bzw. Bestechung gegen den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und seine drei Mitangeklagten nicht zur Hauptverhandlung zugelassen. Da die Kammer nach aufwändiger Prüfung diesen Tatbestand als nicht haltbar ansah, waren die bereits vor einem Jahr außer Vollzug gesetzten Haftbefehle gegen die Beschuldigten ersatzlos aufzuheben.

Ein Paukenschlag im Regensburger Spenden-Wirrwarr, der "jetzt zum Glück nicht mehr Korruptionsskandal genannt werden kann", zeigte sich Joachim Wolbergs nach Verkündung des Prozesses erleichtert. "Ich hatte am 14. Juni 2016 von den Ermittlungen gegen mich erfahren. Noch am selben Tag sagte ich auf einer Pressekonferenz etwas, wofür mich viele belächelt hatten: Dass ich nie in meinem Leben bestechlich war. Der Beschluss des Landgerichts stellt nun fest, dass jener Vorwurf auch nicht aufrecht zu erhalten ist."

Wolbergs habe immer darum gekämpft, rehabilitiert zu werden - vor den Menschen dieser Stadt, vor den Menschen, die ihn demokratisch zum Oberbürgermeister gewählt hatten. "Und ich werde natürlich weiter kämpfen". Das Landgericht kommt aufgrund einer vorläufigen Tatbewertung nach dem gesamten Akteninhalt zu der Einschätzung, dass ein für die Eröffnung des Hauptverfahrens hinreichender Verdacht lediglich im Hinblick auf die Straftatbestände der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung und des Verstoßes gegen das Parteiengesetz vorliegt.

"Dies wird in einer Hauptverhandlung zu klären sein", heißt es von Seiten Peter Wittings (Bild neben Wolbergs), der Joachim Wolbergs seit Beginn der Ermittlungen als Strafverteidiger zur Seite steht. "Der damit zur Diskussion stehende Strafbestand weist seit einer Ausweitung durch den Gesetzgeber von 1997 jedoch erhebliche, in Rechtsprechung und Literatur vielfältig beklagte Unschärfen auf, die eine Abgrenzung von srafbarem und straflosem Verhalten durchaus schwierig machen.

Dies gelte in besonderer Weise für die verfassungsrechtlich ausdrücklich erwünschte Einwerbung von Parteispenden, die auf kommunaler Ebene mangels staatlicher Parteienfinanzierung unverzichtbar sei, allerdings regelmäßig den Verdacht anstößiger "Spezlwirtschaft" nähre, so Witting. Wenn dies im Hauptverfahren zur Sprache kommt, werden sich künftig wohl auch Kommunalpolitiker anderer Parteien, die Spenden auf exakt die selbe Weise erhalten haben, dafür verantworten müssen.
 
Joachim Wolbergs ist froh darüber, dass es zu einer Hauptverhandlung kommen wird. "Weil es mir zum ersten Mal die Gelegenheit bietet, ausführlich und in aller Öffentlichkeit meine Version der Dinge - die natürlich nicht richtig sein muss - meine Wahrheit darzustellen. Das bin ich den Bürgern dieser Stadt schuldig." Für ihn sei es vor allem insofern eine Erleichterung, jetzt wieder mit Leuten reden zu können, mit denen er eine lange Zeit nicht sprechen durfte.

"Ich bin vor beinahe exakt einem Jahr aus dem Gefängnis entlassen worden - nach sechs Wochen traumatisierender Haft, die mich sehr geprägt haben. Seit dieser Zeit bis vor wenigen Stunden war ich formell Häftling. Ich hatte nie im Leben mal damit gerechnet, irgendwann einmal eingesperrt zu sein. Ich bin seit ein paar Stunden wieder offiziell ein freier Mensch - das ist für mich emotional sehr wichtig."

Joachim Wolbergs habe in den letzten anderthalb Jahren über Ermittlungen und Ermittlungsmethoden Dinge gelernt, "die für mich bislang nicht vorstellbar waren". Trotz monatelanger wilder Recherchen durch die Staatsanwaltschaft ließ sich gerade der Tatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit nicht erhärten. Sein kurz abhandenen gekommenes Vertrauen in die Justiz sei aber durch den Beschluß des Landgerichtes nach gründliche und umfassende Prüfung "der von der Staatsanwaltschaft in Verfolgung einer erkennbar einseitigen Arbeitshypothese vorgelegten Anklage" - so seine Verteidiger - wieder uneingeschränkt hergestellt. 

Die Verteidiger von Bauunternehmer Volker Tretzel (Bild: Altrofoto) sprechen in diesem Zusammenhang die gleiche Sprache: "Von den schwerwiegenden Anschuldigungen, die die Staatsanwaltschaft Regensburg über eineinhalb Jahren gegen die Beschuldigten verbreiten ließ, ist somit schon nach der bloßen Aktenlage lediglich der Verdacht von Verstößen gegen das Parteiengesetz sowie der möglichen Gewährung von Vorteilen bzw. Vorteilsannahme übriggeblieben."

"Die Eröffnung des Hauptverfahrens wegen hinreichenden Verdachts der Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung und des Verstoßes gegen das Parteiengesetz stellt keine endgültige Beurteilung und erst recht keine Verurteilung dar. Sie bedeutet nur, dass der Kammer die Überprüfung dieser Vorwürfe in einer Hauptverhandlung geboten erscheint.", heißt es in der Presseerklärung des Landgerichts. 

Eine Hauptverhandlung biete somit weitergehende Aufklärungsmöglichkeiten als die im Zwischenverfahren vorgenommene Auswertung der Aktenlage, weil das Gericht in der Hauptverhandlung alle relevanten Beweise unmittelbar, unter Mitwirkung der übrigen Verfahrensbeteiligten erhebt. Ein eventuelles Urteil darf ausschließlich auf das Ergebnis der Hauptverhandlung gestützt werden. "Die Hauptverhandlung werde den Mandanten Gelegenheit bieten, auch diesen verbliebenen Verdacht vollumfänglich auszuräumen", sind sich die Strafverteidiger einig.

"Bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss gilt die Unschuldsvermutung", betont die Kammer. Was aber in den Köpfen der Bürger bleibt ist die durch die permanente Vorverurteilung längst geprägte Schuldsvermutung. Wann mit der Rückkehr von Joachim Wolbergs in das Amt des Oberbürgermeisters zu rechnen ist, hängt einzig von der Landesanwaltskammer ab, die die Suspendierung aufgrund des Haftbefehls wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Pflichtverletzung im Amt aussprach. Just jene Vorwürfe sind aber nun vom Richtertisch. Joachim Wolbergs steht bereit.

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