Mehrheit für Beschluss zu Kreuzen in Behörden
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Der Kontrovers BayernTrend 2018 zeigt, dass die Mehrheit der Wahlberechtigten den Beschluss zu Kreuzen in Behörden befürwortet. Außerdem ist die CSU weiterhin ohne absolute Mehrheit, während die Grünen zweitstärkste Kraft sind und SPD und AfD gleichauf liegen.
Der Beschluss des bayerischen Kabinetts, im Eingangsbereich jeder Landesbehörde ein Kreuz aufzuhängen, hat zu einer heftigen politischen Debatte geführt. Eine Mehrheit von 56 Prozent der bayerischen Wahlberechtigten stimmen dem Beschluss zu, 38 Prozent lehnen das Vorhaben dagegen ab. Dies ergibt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins „Kontrovers“.
Während sich Anhänger der AfD (77 zu 19 Prozent), der CSU (71 zu 24 Prozent) und der Freien Wähler (56 zu 32 Prozent) mehrheitlich für das Anbringen von Kreuzen aussprechen, sind die Anhänger der SPD in der Frage eher gespalten (52 zu 46 Prozent). Die Anhängerschaft von FDP (29 zu 67 Prozent) und vor allem der Grünen (26 zu 74 Prozent) ist mehrheitlich dagegen.
Bemerkenswert sind die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gemeinden bei diesem Thema: Während in kleinen Gemeinden mit bis zu 5.000 Einwohnern zwei Drittel (66 Prozent) dieses Vorhaben gutheißen, ist es in großen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern nicht mal jeder Zweite (45 Prozent).
Sonntagsfrage: CSU weiter ohne absolute Mehrheit, Grüne zweitstärkste Kraft, SPD und AfD gleichauf
Wenn in Bayern am kommenden Sonntag Landtagswahlen wären, käme die CSU auf 41 Prozent der Wählerstimmen (+1 Punkt im Vergleich zum BayernTrend im Januar 2018). Damit würde es für die CSU nicht zur Fortsetzung der Alleinregierung reichen.
Zweitstärkste Partei wären die Grünen mit unverändert 14 Prozent. Die SPD verliert deutlich an Rückhalt in der Wahlbevölkerung und rutscht mit nur noch 12 Prozent (-4 Punkte) auf den dritten Rang. Die Sozialdemokraten liegen damit gleichauf mit der AfD, die um 2 Punkte auf nun 12 Prozent zulegt. Für die Freien Wähler würden sich wie im Januar 7 Prozent der Wähler entscheiden. Die Liberalen legen einen Punkt zu und könnten mit 6 Prozent auf den Einzug in den Landtag hoffen. Die Linke verharrt bei 3 Prozent. Alle anderen Parteien kämen zusammen genommen auf 5 Prozent der Stimmen.
Wäre dies das Ergebnis einen Urnengangs, wären erstmals seit 1946 sechs Parteien im Maximilianeum vertreten. Die CSU müsste sich einen Koalitionspartner suchen, wobei mit jeder der im Landtag vertretenen Parteien eine Koalition rechnerisch möglich wäre.
Ansehenstief der Staatsregierung ist überwunden
Nach dem Wechsel im Ministerpräsidentenamt und der Umbildung des Kabinetts im März findet die Staatsregierung nun wieder eine deutlich positivere Resonanz in der Bevölkerung als noch zu Jahresbeginn. Knapp sechs Monate vor der Landtagswahl sind mehr als zwei Drittel der Bayern mit der Leistung der nun von Markus Söder geführten Staatsregierung sehr zufrieden (6 Prozent) beziehungsweise zufrieden (64 Prozent). Demgegenüber sind 24 Prozent der Befragten weniger oder gar nicht zufrieden mit dem bayerischen Kabinett.
Die gute Bewertung der CSU-Regierung ist getragen von sehr hoher Zustimmung in den eigenen Reihen: Die Anhängerschaft der Christsozialen steht mit 90 Prozent hinter dem CSU-Kabinett. Auch deutliche Mehrheiten der Anhängerschaften von FDP (75 Prozent), Freien Wählern (68 Prozent) und SPD (64 Prozent) sind zufrieden mit der amtierenden Staatsregierung. Im Lager der AfD und der Grünen kommt jeder Zweite zu einem positiven Urteil.
Mit der aktuellen Bewertung liegt das Söder-Kabinett auf dem meist hohen Niveau dieser Legislaturperiode und nur knapp unter den Rekordwert vom Januar 2014 (damals 72 Prozent Zufriedenheit). Die CSU-Regierung ist darüber hinaus die Landesregierung mit dem derzeit größten Rückhalt aller Bundesländer.
Mehrheit sieht Söder als guten Ministerpräsidenten
Für die Mehrheit der Bayern (56 Prozent) ist Markus Söder sechs Wochen nach Amtsantritt ein guter Ministerpräsident, ein Fünftel (20 Prozent) ist gegenteiliger Meinung. Damit reicht seine aktuelle Bewertung fast an die hohen Erwartungen vor Amtsantritt im Januar heran. Damals rechneten etwa sechs von zehn Wahlberechtigten (59 Prozent) damit, dass der CSU-Politiker einen guten Regierungschef abgeben wird, ein knappes Drittel (31 Prozent) äußerte sich skeptisch. Überdurchschnittlich positiv bewertet wird der Amtsinhaber von den eigenen Anhängern (79 zu 5 Prozent). Auch unter Anhängern der FDP (59 zu 15 Prozent), der AfD (53 zu 18 Prozent) und der SPD (51 zu 24 Prozent) gilt der CSU-Mann mehrheitlich als guter Ministerpräsident. Kritischer sind die Anhänger der Freien Wähler (43 zu 31 Prozent) und insbesondere der Grünen (36 zu 44 Prozent).
Politikerbenotung: Söders Bewertung unverändert im Vergleich zu Januar
Der amtierende Ministerpräsident ist der bekannteste und beliebteste Spitzenkandidat in Bayern. Mit der Durchschnittsnote 2,8 für seine Arbeit liegt Markus Söder vor den Spitzenkandidaten der anderen im Landtag vertretenen Parteien. Sein Aufstieg in das Ministerpräsidentenamt hat dem Franken bislang keinen Ansehensgewinn gebracht, denn er wird sechs Wochen nach seinem Amtsantritt genauso benotet wie noch als Finanz-und Heimatminister im Januar. Die SPD-Landesvorsitzende Natascha Kohnen konnte im Vergleich zu Januar zwar ihre Bekanntheit steigern, wird mit 3,2 aber etwas schlechter bewertet (-0,2). Aktuell kann nur jeder zweite Bürger im Freistaat mit ihrem Namen etwas verbinden. Ebenfalls mit 3,2 bewertet werden Hubert Aiwanger von den Freien Wählern (+/- 0) sowie die beiden Grünen-Fraktionsvorsitzenden und Spitzenkandidaten Katharina Schulze (-0,1) und Ludwig Hartmann (-0,2). Beide Grünen-Politiker kämpfen knapp sechs Monate vor der Landtagswahl allerdings noch mit großen Bekanntheitsdefiziten.
Direktwahl Ministerpräsident/-in: Söder deutlich vor Kohnen
Die mehrheitliche Zufriedenheit mit Söders Amtsführung schlägt sich auch in der Direktwahlfrage nieder. Wenn man den Ministerpräsidenten oder die Ministerpräsidentin im Freistaat direkt wählen könnte und die SPD-Spitzenkandidatin Natascha Kohnen gegen ihn antreten würde, wäre die Entscheidung eindeutig: Knapp zwei Drittel (62 Prozent, +7 Punkte im Vergleich zu Januar) würden für Söder votieren. Nur jeder fünfte Wahlberechtigte (20 Prozent, -5) zöge die SPD-Herausforderin Kohnen dem Amtsinhaber vor. Damit baut der CSU-Mann seinen Vorsprung gegenüber der SPD-Politikerin weiter aus.
Markus Söder ist dabei nicht nur der Wunschkandidat für Anhänger der CSU (90 zu 4 Prozent). Auch Anhänger der AfD (73 zu 8 Prozent), der FDP (66 zu 19 Prozent) und der Freien Wähler (57 zu 9 Prozent) würden ihm mehrheitlich den Vorzug geben. Die SPD vermag mit ihrer Kandidatin selbst die eigenen Anhänger nicht umfassend zu überzeugen: Nur jeder zweite Anhänger der Sozialdemokraten unterstützt Natascha Kohnen (47 Prozent), ein gutes Drittel (36 Prozent) präferiert jedoch den CSU-Kandidaten. Unter Anhängern der Grünen ist die Zustimmung zu Söder am geringsten: Sie tendieren eher zur SPD-Kandidatin (26 zu 45 Prozent). Natascha Kohnen bleibt damit deutlich hinter der Popularität von Christian Ude vor der letzten Landtagswahl zurück.
Große Zufriedenheit mit Wirtschaftspolitik und Innerer Sicherheit,
Armut und bezahlbarer Wohnraum sind größte Kritikpunkte
Mit der Wirtschaftspolitik sind 88 Prozent der Bürger im Freistaat eher zufrieden, 9 Prozent sind eher unzufrieden. Drei Viertel (72 zu 25 Prozent) vergeben gute Noten beim Thema Innere Sicherheit, den Ausbau der Verkehrswege loben sechs von zehn Wahlberechtigten (62 zu 36 Prozent). Mit der Familienpolitik und den Kinderbetreuungsmöglichkeiten im Freistaat ist nur jeder Zweite zufrieden (51 zu 41 Prozent).
Während das Urteil über die Schul- und Bildungspolitik (45 zu 49 Prozent) sowie die Umwelt- und Energiepolitik (45 zu 52 Prozent) eher geteilt ist, fällt es in drei weiteren Politikfeldern eindeutig kritisch aus. Dies gilt für die Asyl- und Flüchtlingspolitik. Nur ein Drittel ist in diesem Themenfeld mit der CSU-Regierung zufrieden, zwei Drittel äußern sich kritisch (33 zu 65 Prozent). Bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ungleichheit bekommt sie nur von einem Viertel gute Noten (23 zu 73 Prozent). Größter Kritikpunkt an der Staatsregierung ist, dass sie sich nicht ausreichend für die Schaffung bezahlbaren Wohnraums einsetzt: Lediglich 13 Prozent sind in der Wohnungspolitik mit den Bemühungen der bayerischen Staatsregierung zufrieden, 82 Prozent sind es nicht.
Zufriedenheit mit Landtagsparteien: CSU überzeugt am meisten
Die hohe Zufriedenheit mit der Regierungsarbeit und die gute Bewertung des Ministerpräsidenten sichert der CSU das beste Gesamturteil aller gegenwärtigen Landtagsparteien. Derzeit äußern sich 54 Prozent der Bayern zufrieden mit der Arbeit der Christlich Sozialen Union – ein Plus von 4 Punkten im Vergleich zum Januar 2017. Die bayerischen Grünen gewinnen für ihre Arbeit Sympathien hinzu: Ihnen wird von 44 Prozent der Wahlberechtigten ein positives Zeugnis ausgestellt – ein Zuwachs von 11 Punkten. Genauso hoch ist das Ansehensplus bei den Freien Wählern, die aktuell vier von zehn Befragten positiv bewerten (40 Prozent, +11). Unverändert ist die Gesamtbewertung der Sozialdemokraten, die jeden dritten Bayern überzeugen (33 Prozent, -1). An dieser Stelle wird deutlich, dass die SPD Schwierigkeiten hat, die eigenen Anhänger von ihrem Angebot nicht nur auf Personen-, sondern auch auf Parteienebene umfassend zu überzeugen: Mehr als ein Fünftel der SPD-Anhänger (22 Prozent) ist mit der Arbeit "ihrer" Partei im Landtag nicht zufrieden. Bei den anderen Parteien ist der Anteil der Unzufriedenen in der eigenen Anhängerschaft lediglich einstellig.
Koalitionsbewertungen: Schwarz-Grün findet die meiste Zustimmung
Die größten Sympathien genießt gegenwärtig ein Regierungsbündnis aus CSU und Grünen: Knapp die Hälfte der bayerischen Wahlberechtigten (45 Prozent, -1 Punkt im Vergleich zu Januar) äußert sich wohlwollend zu einer schwarz-grünen Staatsregierung im Freistaat. Eine Neuauflage der amtierenden Alleinregierung unterstützen vier von zehn Bayern (42 Prozent, +4). Ein Bündnis aus CSU und Freien Wählern sehen 40 Prozent (+/-0) positiv. Bündnisse der CSU mit der SPD (34 Prozent, -7) oder der FDP (35 Prozent, -3) sind unter den Wahlberechtigten weniger beliebt.
Die Analyse der CSU-Anhängerschaft zeigt, dass – neben einer Fortsetzung der Alleinregierung – ein Bündnis mit den Freien Wählern (47 Prozent) oder mit der FDP (44 Prozent) hier den meisten Zuspruch finden würde.
Grundstimmung deutlich positiver als zu Jahresbeginn
Die Ergebnisse dieses BayernTrends kommen vor dem Hintergrund einer deutlich aufgehellten Grundstimmung in Bayern zustande. Aktuell sehen 61 Prozent in den Verhältnissen in Bayern Grund zur Zuversicht, ein Plus von 7 Prozentpunkten im Vergleich zum Januar. Dies ist der beste Wert seit Januar 2016. Im Gegensatz dazu sieht ein Drittel (33 Prozent) Anlass zur Beunruhigung angesichts der Situation im Freistaat, ein Rückgang um 6 Punkte.
Mit Ausnahme von Nichtwählern und der AfD-Anhängerschaft schauen die Anhänger aller anderen Parteien wohlwollend auf die Verhältnisse in Bayern. Jüngere Bürger sind stärker beunruhigt als der Durchschnitt der Bevölkerung, allerdings überwiegt auch bei ihnen die Zuversicht.
Heute Abend präsentieren Andreas Bachmann und Ursula Heller diese Ergebnisse in "Kontrovers" ab 21.00 Uhr im BR Fernsehen.
Für die Umfrage wurden von Infratest dimap im Zeitraum von 22. bis 27. April 2018 1002 Wahlberechtigte in Bayern telefonisch interviewt. Die Frage zu dem Kreuzbeschluss wurde erst nach dem Kabinettsbeschluss am Dienstag in die bereits laufende Umfrage aufgenommen und 612 Wahlberechtigten gestellt.
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/Randomstichprobe. Fehlertoleranz: 1,4 bis 3,1 Prozentpunkte. Fehlertoleranz bei Kreuzfrage 1,7 bis 4,0 Prozentpunkte.
Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den späteren Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Zum einen legen sich immer mehr Wähler kurzfristiger vor einer Wahl fest, zum anderen hat die Bedeutung der letzten Wahlkampfphase mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern durch die Parteien zugenommen.
Quelle: BR-Politikmagazin Kontrovers