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Wenn die Parteiführung einer Partei lauthals bekannt gibt, das „System“ überwinden zu wollen, sollte man genauer hinsehen. Denn was damit gemeint wird, beschränkt sich möglicherweise nicht nur auf die Abwahl einer kritisierten Kanzlerin, sondern auch auf ein gewünschtes Beenden des aktuellen politischen Systems. Und hierzu zählen nicht nur die öffentlich-rechtlichen Medien… – potentielle WählerInnen sollten sich spätestens jetzt Gedanken machen, was eine solche neue Ordnung, ganz ohne Verfassungsschutz, mit sich bringen würde. Erinnert das Ganze doch sehr an vergangene Zeiten...

Die unendliche Geschichte

Aus diesem Grund haben wir uns den 100 Seiten des AfD-Wahlprogramms zur Landtagswahl 2018 gewidmet und einige Eckpunkte genauer unter die Lupe genommen. Denn wenn man ehrlich ist, geht doch einiges unbemerkt an der Öffentlichkeit vorbei. Wer nimmt sich die Zeit, die ellenlangen Parteiprogramme ordentlich zu durchzulesen, bevor er eine Entscheidung fällt?

Ein Blick hinter die populistische Fassade

Immer wieder hört man „Populismus“ – aber was bedeutet das eigentlich? Links hier, rechts da. Radikal? Rechts nah? Wie auch immer... Folgt man der Definition des Dudens, ist Populismus eine „von Opportunismus geprägte, volksnahe, oft demagogische Politik, die das Ziel hat, durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen [...] zu gewinnen". In einfachen Worten: Populisten tun so, als ob nur sie wüssten, was richtig und was falsch für die gesamte Gesellschaft sei. Und es braucht – wie man sieht – nicht gerade viel, um die Menschen in den Bann zu ziehen. Das Ansprechen und Annehmen der gängigsten Probleme kommt gut an und so bedarf es nicht einmal konkreter Lösungsvorschläge, um die Stimmen des Teils der Gesellschaft zu gewinnen, der nicht über das Gesagte hinaus denkt. Das Erfolgsrezept basiert auf folgender Formel: Einfache Antworten auf schwierige Fragen. Doch einfache Lösungsvorschläge sind meist nicht umsetzbar. Auch deshalb ist ein Scheitern populistischer Parteien, sobald es um die konkrete Regierungsverantwortung geht, meist vorhersehbar.

„In medio stat virtus“

Grundsatzdiskussionen. Gibt es nur links, nur rechts? Wo liegt die Mitte? Fragen über Fragen. Die Meinungsforscherin Elisabeth Noelle-Neumann, Gründerin des Allensbach-Institutes für Demoskopie und Professorin für Kommunikationswissenschaft, hatte sich einst diesen gewidmet und Folgendes definiert: Zu den linken Werten zählte sie Gleichheit, Gerechtigkeit, Nähe, Wärme, Formlosigkeit, das „Du", Spontaneität, das Internationale und Kosmopolitische – in der Wirtschaft sind es hingegen die staatliche Planung und öffentliche Kontrolle. Dem gegenüber stehen folgende rechte Werte: Betonung der Unterschiede, Autorität, Distanz, geregelte Umgangsformen, das "Sie", Disziplin, das Nationale. In der Wirtschaft liegt der Fokus hier auf der Privatwirtschaft und dem Wettbewerb. Davon abgesehen besitzen wir jedoch nur eine einzige Sprache und verwenden dieselben Begriffe wie „Freiheit“ und „Familie“. Und gerade hier bleibt die Frage offen, was mit „Freiheit“ und „Familie“ in den jeweiligen Politlagern eigentlich konkret gemeint ist? Gibt es eine linke bzw. rechte Freiheit? Und welche konkreten Familienbilder sind hier überhaupt vorherrschend? Was ist umsetzbar?

Die innere Leere und der Kurs nach rechts

Ähnlichkeiten zwischen den Parteiprogrammen sind deshalb auch meist gar nicht zu leugnen, was prinzipiell nichts schlechtes sein muss. Wenn sich eine Partei jedoch ausschließlich von anderen Parteien inspirieren lässt und ganz auf neue Ideen verzichtet, sollte man vielleicht doch nachhaken. Vor allem dann, wenn ein Großteil des Inhalts von einer derart braunen Partei abgekupfert wurde, welche selbst eine Scheibe Brot nicht wählen würde… Wo muss also die „Grenze“ gezogen werden?

Als unschönes Beispiel können die Aussagen der AfD Bayern zur Religionsausübung genommen werden. Noch intensiver als ein einstiger Grundsatzprogrammentwurf wollen große Teile der AfD Bayern die Religionsausübung von MuslimInnen in Deutschland einschränken. Die persönlichen Überschneidungen mit der extremen Rechten werden jedoch vehement geleugnet oder halbherzig ausgeräumt. Was zeigt uns das? Einige Parallelen zwischen AfD und der in Bedeutungslosigkeit versinkenden NPD sind einfach unübersehbar. Denn auch wenn sich die AfDler immer wieder von der NPD (so auch vice versa) distanzieren, kommt ein Großteil ihrer Anhängerschaft aus den Reihen der ehemaligen NPD-Wähler. Das und die Tatsache, dass die AfD definitiv einige Kernthemen der NPD vertritt, kann nicht geleugnet werden. Wie selbst die NPD am 02.Juli.2018 auf ihrer Website geschrieben hat:

„Endlich – AfD übernimmt NPD-Forderungen!… und fordert jetzt die „Festung Europa“ – wie die NPD im Wahlkampf 2014. Kriegt die „Alternative für Deutschland“ (AfD) doch noch die Kurve und wird zu einer ernstzunehmenden nationalen Oppositionspartei?“

All diejenigen, die sich von der AfD einen neuen konservativ-bürgerlichen Diskurs erhofft hatten und der Meinung waren und- immer noch sind, das politische Spektrum würde sich erweitern, sollten sich einen Moment besinnen und die Augen öffnen. Die fähigen Köpfe der Partei und ja, es gibt sie, kommen leider nicht mehr oft zu Wort, denn ihre Stimmen gehen unter in dem wachsenden Geschrei der hasserfüllten AfDler. Wie der ehemalige AfD Politiker Hans-Olaf Henkel diesen Sommer in einem Interview sagte: „Viele Aussagen, die man heute von der AfD hört, hat man früher nur von der NPD gehört. Daher ist die AfD heute eine NPD im Wolfspelz.“

Ein lebendiges politisches System, das zur Gefahr für die Demokratie wird?

Auch die Ausschreitungen in Chemnitz rücken letztlich den rechten Druck innerhalb der Partei ins Licht. Schrieb der AfD Politiker Björn Höcke doch auf facebook: „Extremisten und Gewalttäter wollen wir nicht in unseren Reihen.“ In Chemnitz marschierte der Thüringer Fraktionschef jedoch Seite an Seite mit einem mehrfach vorbestraften Pegida-Hetzer durch die Stadt. Ganz ungeniert und selbstsicher. So verwundert es kaum, dass derzeit eine zweistellige Zahl von AfD-Mitgliedern aktiv vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Unter den Beobachteten sind Funktionäre sowie Mitglieder der Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“, deren Verbindungen zu den rechtsextremen Gruppen, Reichsbürgern oder Islamfeinden scheinbar kein Geheimnis mehr ist. Und die Zahl steigt. Im Zentrum der Untersuchungen steht vor allem die Positionierung der beobachteten Mitglieder, wie sie sich zu politischer Gewalt positionieren und ob fremdenfeindlichen Äußerungen und Parolen als bestimmendes Element der AfD gesehen werden müssen. Natürlich wäre es falsch, von einigen Mitgliedern auf eine ganze Partei zu schließen – unbeachtet sollte es dennoch nicht bleiben.

Auch innerhalb der AfD herrscht Unmut über eine mögliche Radikalisierung von Teilen der Partei. Der Landesvorsitzende Bystron richtete sich mit folgenden Worten an die Öffentlichkeit: „Die Partei hat nichts zu verbergen und distanziert sich ohnehin schon immer von jeglicher Form von Extremismus und Gewalt.“ Deshalb seien „Mitarbeiter vom Verfassungsschutz zu allen AfD-Treffen in Bayern eingeladen und willkommen.“ Fraglich bleibt, ob sie sich mit folgendem Punkt aus ihrem Wahlprogramm nicht ins eigene Fleisch schneiden:

„2.6. Staatliche Neutralität stärken: Die staatliche Neutralität ist zu stärken, extremistische Organisationen oder Vereinigungen oder Bündnisse, in denen extremistische Organisationen Mitglied sind, dürfen keine staatliche Unterstützung erhalten.“

Aber ist die AfD denn rechts? „Sehen Sie denn hier irgendwo Nazis?“

Diese Frage bekommen die Damen und Herren der AfD Bayern wohl selbst des Öfteren gestellt, weshalb sie ihre Antwort der Öffentlichkeit zur Liebe auf ihre Website gestellt haben: „Die AfD steht zur Demokratie, zum Rechtsstaat, zur Parteienvielfalt und zur Freiheit des Wortes. Sie lehnt „rechten“ wie „linken“ Extremismus entschieden ab.“ Aber halt. Niemand fragte nach Extremismus. Umgehen sie mit dieser Antwort nicht die eigentliche Frage? Folgt deshalb folgender Satz? „Am ehesten kann man die Alternative für Deutschland als freiheitlich-patriotisch oder liberal-konservativ bezeichnen.“ Das allerdings klingt doch sehr nach einem Widerspruch in sich. Richtig ist, bei verschiedenen Analysen der Parteiprogramme zeigen die Ergebnisse, dass die AfD grundsätzlich dem Profil einer klassischen Volkspartei ähnelt. Trotzdem bleibt sie bezüglich der „rechten“ Aussagen stärker ausgeprägt als andere Parteien auf der Liste. Direkte Negativaussagen werden von der AfD oft schön umschrieben. Andere werden ganz vergessen. Wie kann es beispielsweise sein, dass man im Parteiprogramm den Punkt 2.5.1.: „Konsequentes Vorgehen gegen linke Krawallmacher, Clans und No-go-Areas“ findet? Beschränkt auf linke Krawallmacher? Waren ihnen die rechten Rabauken nicht schlimm genug? Nun doch, aber sie plädieren eben für Gleichberechtigung. Siehe Punkt 3.3.: „Die AfD Bayern fordert ein fundiertes staatliches Handlungskonzept für Bayern gegen politisch motivierte Gewalttaten und Programme auch gegen den Linksextremismus. Diese Programme müssen mit ebenso viel Geld und Personal ausgestattet werden wie die Menge an vorhandenen Programmen gegen den Rechtsextremismus.“ Gleichberechtigung für alle. Nimmt man jedoch die Polizeiliche Kriminalstatistik und die PMK (Politisch motivierte Kriminalität) Zahlen 2017 ins Visier, fällt auf, dass weit mehr rechtsmotivierten Straftaten registriert wurden, wenn auch die linksmotivierten kurzzeitig stiegen. Die am häufigsten verwirklichten Straftaten (mit 33,9 %) sind hier Propagandadelikte. Einige Zahlen zu den extremistischen Straftaten: Insgesamt wiesen laut der bundesweiten Fallzahlen 75,6% der erfassten politisch motivierten Straftaten extremistischen Hintergrund auf – es gab somit Anhaltspunkte dafür, dass sie darauf abzielten, bestimmte Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung prägend sind.

PMK

2017

Im Vergleich zum Vorjahr

-rechts

19.467

- 13,4 %

-links

6.393

+ 22,2 %

Tatsache bleibt, auf welcher Seite man auch stehen mag: Extremismus und Radikalismus bleibt immer falsch.

Beim näheren Betrachten des Programms und der Parteigrundsätze fallen weitere Widersprüche auf, die man nicht unter den Tisch fallen lassen sollte.

2.1.1.2. Rückkehr zum Abstammungsprinzip: Die AfD will das Geburtsortsprinzip […] wieder aus dem Gesetz streichen und zum Abstammungsprinzip, wie es bis zum Jahr 2000 galt, zurückkehren. Die doppelte Staatsbürgerschaft soll auf wenige wohlbegründete Sonderfälle beschränkt werden. Dafür wird sich die AfD im Bundesrats einsetzen.“

Dieses wieder geforderte Abstammungsprinzip sah wie folgt aus: „Ein Kind wurde mit Geburt deutsch, wenn mindestens ein Elternteil deutsch war. Seit dem 1. Januar 2000 erwerben unter bestimmten Voraussetzungen auch Kinder, die nicht „deutscher Abstammung“ sind, die deutsche Staatsangehörigkeit mit der Geburt. Für Ausländer, die dauerhaft in Deutschland leben, besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen.“ Wären doch nach diesem Abstammungsprinzip beispielsweise viele der in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Kinder der Einwanderer, Arbeitsmigranten, Wirtschaftsflüchtlinge und allen anderen, die irgendwann nach Deutschland gekommen sind, nach dem Gesetz keine Deutschen mehr. Jedoch muss hier erwähnt werden: Im Gespräch mit einigen AfD-Wählern und Mitgliedern ist deutlich geworden, nicht alle sind einverstanden mit der Idee, das Abstammungsprinzip wieder einzuführen – vor allem auch vor dem Hintergrund, dass auch unter ihnen Kinder von Migranten sind.

Ausrichtung? Die AfD hat auch in den Kreisen der Folgegenerationen der Arbeitsmigranten einige Anhänger. Ob sich diese ernsthafte Gedanken über das Komplettpaket-AfD gemacht haben?

Fakt ist: Die AfD-Veranstaltungen Bayern haben – gewollt, oder ungewollt – eine organisationsübergreifende Attraktivität für AkteurInnen der rechten Bewegung. Sie werden offensichtlich als Vernetzungsplattform genutzt, wozu sich die AfD entweder gar nicht äußert oder behauptet, von den Hintergründen einiger regelmäßiger Teilnehmer nichts zu wissen/gewusst zu haben.

Unzählige Forderungen. Aber Lösungsvorschläge?

Beim Lesen des AfD Wahlprogramms für die aktuelle Landtagswahl in Bayern könnte man auf den ersten Blick durchaus nachvollziehen, weshalb so mancher mit der Partei sympathisiert. Sie verstehen sich auf das einfache Schreiben, Anprangern und Fordern. Das spricht viele an, die sich von der Regierung alleingelassen fühlen. Das große ABER: Nur der, der nicht hinter die Fassade schaut, lässt sich wirklich in diesen Sog ziehen. Und trauriger Weise gehören hierzu mittlerweile so einige. Eigentlich geht es uns gut in Deutschland – vor allem in Bayern. Woher kommt dieser Neid? Wieso entsteht all dieser Hass? Was treibt uns auseinander? Die politische Theoretikerin Hannah Arendt schrieb einst: „Was moderne Menschen so leicht in die totalitären Bewegungen jagt und sie so gut vorbereitet für die totalitäre Herrschaft, ist die allenthalben zunehmende Verlassenheit. Es ist, als breche alles, was Menschen miteinander verbindet, in der Krise zusammen, so daß jeder von jedem verlassen und auf nichts mehr Verlaß ist.“ Nicht dass Deutschland sich einer totalitären Bewegung nähert – jedoch sollte man nie außer Acht lassen, wie gewisse Ereignisse in der Geschichte der Menschheit zustande gekommen sind.

Vergleicht man das aktuelle Wahlprogramm mit dem der Bundestagswahl 2017 fällt eine deutliche Veränderung in Ausdruck und Sprache auf. Die radikale, extreme und direkte Sprache wurde durch weichere Ausdrücke und verschönernde Umschreibungen ersetzt – vermutlich, um ein breiteres Publikum zu erreichen. Diese Vermutung wurde auch in Gesprächen mit AfD-Mitgliedern bestärkt. Tatsache bleibt, es fehlen selbst einfache Lösungen. Von Strategien und ernstzunehmenden, realistischen Lösungsansätzen ist keine Spur. Während der Unterhaltung mit einem politischen Sprecher der AfD, bei dem wir das Programm bewusst angesprochen haben, wurde uns mitgeteilt, dass es auch eher Symbol und Mittel zum Zweck sei – also, um gewählt zu werden. Das konkrete Lösungsansätze fehlten, habe den Grund, dass die AfD ja nicht direkt regieren werde, sondern in die Opposition kommen würde, wo sie dann lernen könnten, wie das System funktioniere, sodass sie anschließend bei den nächsten Wahlen bereit seien!

Conclusio zum bayerischen Landtagswahlprogramm: Es erinnert ein wenig an die Versprechen eines Maggi Buchstabensuppentütchens. Im Handumdrehen fertig: Tüte aufreißen, ins heiße Wasser schütten und umrühren. Schmeckt angeblich wie bei Großmutter und alles wird wieder gut. Ist das wirklich so einfach? Streut man zu viel der Brühe ins heiße Wasser, wird die bunte Suppe ganz schnell bräunlich.

Neue Parteien benutzen häufig mit ihnen zu assoziierende Schlagwörter und setzen gleichzeitig thematisch neue Schwerpunkte. Mit Forderungen ist die AfD ganz weit vorne mit dabei. Die Worte „wir fordern“ findet man ganze 65 Mal und „die AfD fordert“ 56 Mal im Parteiprogramm der AfD Bayern. „Die AfD fordert: Schluss mit Politischer Korrektheit“. Was aber wollen sie uns damit sagen?

Die Macht der Schlagworte

Sprache dient nicht nur der Kommunikation, sie ist auch Ausdruck unseres Denkens und Handelns. Sie kann Bewusstsein schaffen und zwischenmenschliche Beziehungsnetze aufbauen, positiv sowie negativ. Wie das nun mal so ist, wird auch hier nicht gezögert. Die Möglichkeit der Gewalt in der Sprache Raum zu geben, wird oft voll ausgenutzt. Wie sieht das Verhältnis zwischen Sprechen und Handeln aus? „Ich sage“, bedeutet nicht automatisch „ich tue“. Mein Gegenüber ist derjenige, der entscheidet, was er für wahr hält. Wenn das Gegenüber dann auch noch händeringend nach jemandem sucht, der ihm seine Meinungen und Entscheidungen abnimmt, dann wird oft nicht weiter nachgedacht. Und dann kommt die AfD.

In der Präambel heißt es: „Geben Sie uns Ihre Stimme bei der Landtagswahl, denn nur die AfD hält, was andere versprechen.“ Auf die Frage, wie sie das anstellen wollen, findet sich jedoch keine Antwort. Trotzdem ist die AfD Bayern laut Martin Sichert, dem Landesvorsitzender der AfD Bayern, „nicht nur der am schnellsten wachsende, sondern inzwischen auch der größte Landesverband der Partei.“

Ratlosigkeit. Zwei streiten, und am Ende freut sich ein Dritter?

Selbst die etablierten Parteien sind ratlos im Umgang mit der AfD. Schließlich missachtet die Partei unumstritten einige Regeln – wäre doch der faire Umgang mit Gegnern sowie eine gewisse Toleranz anderer Ansichten und eine ehrliche Argumentation in einer Demokratie von Nöten. Es wird hitzig diskutiert. Die einen versuchen zu imitieren und weiter in eine bestimmte Richtung zu rücken, um Stimmen zurück zu erlangen, wieder andere attackieren, andere wiederum ignorieren. So verwundert es kaum, dass die Volksparteien potentielle WählerInnen verlieren, wie aktuelle Umfragen zeigen. Andere Parteien, wie die Grünen und die FW hingegen, legen etwas zu. In den Achtziger Jahren wurden die Grünen groß, weil SPD und Union Umweltprobleme zu lange ignoriert hatten – heute punktet die AfD, weil sie auf den scheinbar richtigen Fokus und passende Statements setzt.

Und jetzt…? Wen wählen?

Es stellt sich die große Frage: Wenn kann man denn noch wählen? Die einen haben versagt und sind nicht mehr glaubwürdig. Die anderen sind nicht mehr vertrauenswürdig. Die nächsten sind intern verstritten. Dann gibt es diejenigen, die scheinbar von vornherein ausschließen, mit anderen zu koalieren. Oder gibt es vielleicht doch eine Chance? "Wir Grüne sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber regieren ist kein Selbstzweck. Diese CSU mit ihrem freiheits- und europafeindlichen Kurs und einem Ministerpräsident Söder scheint im Moment kein verlässlicher Partner“, so Stefan Christoph der Grünen. Alle scheinen etwas verunsichert, wenn es darum geht, was letztendlich nach der Landtagswahl passieren wird. Die Idee einer Koalition mit der CSU scheint auch für die SPD nur schwer vorstellbar zu sein – Matthias Jobst: „Wir treten bei der Landtagswahl mit einem guten und breiten Programm an. Am Ende des Tages geht es darum, unsere politischen Vorstellungen umsetzen zu können und da sehen wir aktuell mit der CSU wenige Schnittmengen.“

Somit wird die Wahl nicht nur für den Wähler zur Qual der Wahl. Wie man sehen kann, herrscht auch unter den Parteien ein Durcheinander. Wen man letzten Endes wählt, sollte jedoch nicht von bloßen Schlagworten und Aussagen abhängig gemacht werden. Auch hinter der Fassade sollte mehr als nur ein wackeliges Gerüst stehen. Angenommen, man möchte ein Baumhaus für seine Kinder bauen. So würde man sich im Baumarkt doch ordentlich über alle zu verwendenden Materialien informieren, damit am Ende auch alles niet- und nagelfest ist. Es wäre ja nicht sonderlich erfreulich, würde das Haus in sich zusammenfallen und das zerbrechliche Kind verletzt. Wieso also ziehen einige es in Betracht, eine Partei zu wählen, die lauthals mit leeren Versprechungen um sich wirft und das auch noch zugibt? Man baut doch schließlich auch kein Haus auf einen Grund ohne Fundament. Ob nun Grün, Gelb, Rot, Schwarz, Blau oder Orange – wir sollten alle wählen gehen. Wichtig ist nur, sich vorher Gedanken zu machen, auch über die möglichen negativen Folgen. Denn solche würde ein spontanes und willkürliches Kreuzchen auf dem falschen Kreis mit sich ziehen.

Sind sie zu bunt, bist du zu braun. Jede Stimme zählt!
 
Die Rechercheunterlagen und Quellen zu diesem Artikel können auf Wunsch und eingehenderem Interesse gerne bis 26.10.2018 postalisch unter Angabe der E-Mailadresse beantragt werden.
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