„Fridays for Future“-Demo erst am Nachmittag
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An diesem Freitag gehen in Regensburg bereits zum vierten Mal Schüler auf die Straße, um für den Klimaschutz zu demonstrieren. Die „Fridays for Future“-Demo findet diesmal jedoch erst am Nachmittag statt. Damit wehren sich die Initiatoren auch gegen den Vorwurf von Kritikern, es würde ihnen nur ums Schuleschwänzen gehen. Wir haben uns mit einem der Initiatoren unterhalten – über Vorwürfe, Ziele und Forderungen.
Die Demo startet um 15.30 Uhr am Neupfarrplatz und geht von dort aus durch die Altstadt. Im Vordergrund steht erneut die Zukunft unseres Planeten. Zugleich wollen die Schüler mit der Aktion am Nachmittag aber auch eines klarstellen: Es geht ihnen nicht ums Schuleschwänzen. Das betont auch der Gymnasiast der elften Klasse, Roman S., in unserem Interview, in dem es auch über Ziele, Forderungen, Verweise und Vorwürfe geht.
Der Regionalverbund „Fridays For Future Regensburg“ ist mittlerweile eine gut organisierte Truppe und weit mehr als nur eine Protestinitiative von Schülern und Jugendlichen. Wie viele seid ihr und wie organisiert ihr euch?
Um die kommenden Veranstaltungen und Demos zu planen, halten wir jede Woche ein Orga-Treffen ab. Da sind wir dann immer so 15 bis 20 Leute, die den Großteil organisieren. Es kommen natürlich immer wieder neue Leute dazu. Auf der Straße waren wir zuletzt 1.500 Menschen. In München waren wir natürlich auch auf der Straße, dort allerdings mit einer relativ kleinen Gruppe von ca. 100 Leuten.
Die bundesweiten Proteste konnten bisweilen auch schon einige Erfolge erzielen. Gesprächsrunden mit Politikern sind keine Seltenheit mehr, auch der Bundestagsabgeordnete Peter Aumer hat schon um ein Gespräch gebeten. Was ist der aktuelle Stand der Dinge?
„Fridays For Future“ hat mittlerweile die internationale Aufmerksamkeit der Politik. Auch sind wir im bundesweiten Gespräch mit den verschiedensten PolitikerInnen. Innerhalb der Gesprächsrunden versuchen wir, unsere Forderungen an den Mann oder die Frau zu bringen.
Was fordert ihr denn genau?
Zu den genauen, vor kurzem erst veröffentlichten Forderungen gehören beispielsweise der Kohleausstieg bis 2030, die Netto-Null bis 2035 und damit auch eine Energieversorgung aus 100 % regenerativen Energien bis zum Jahr 2035. Bis Ende 2019 fordern wir 25 % der Kohlekraft abzuschalten und eine CO2-Steuer von 180 Euro pro Tonne CO2. Das wären so die grundsätzlichen Forderungen.
Einige Medien sorgen immer wieder für Negativschlagzeilen im Zusammenhang mit den „Fridays For Future“ Protesten – teilweise auch mit sehr skurrilen Headlines. Was wurde euch schon vorgeworfen?
Das Klassische, was uns immer wieder und schon von Anfang an ständig vorgeworfen wurde, ist, dass wir auf die Straße gehen würden, um die Schule schwänzen zu können. Was an sich aber ein relativ sinnloser Vorwurf. Zum einen gibt es schließlich auch Nachmittagsdemos oder Demos, die unter den Ferien stattfinden. Zum anderen haben wir bereits bei Schnee oder Regen demonstriert. Wenn ein Schüler die Schule schwänzen will, gibt es dazu bestimmt eine gemütlichere Möglichkeit, würde ich mal sagen. Zudem würden wir das dann wohl auch nicht während der Ferien machen. Dass dieser Vorwurf nicht zutreffend ist, dürfte offensichtlich sein.
Die Regensburger Medien haben uns aber auch schon andere Dinge vorgeworfen, beispielsweise wurde der auf der Jahninsel zurückgelassene Müll direkt mit uns in Verbindung gebracht. Es herrscht also ein gewisses Schlussfolgern von der gesamten Generation auf „Fridays For Future“. Eine andere Schlagzeile lautete auch „Generation Pelzkragen geht für Klimaschutz auf die Straße“. Unsere Generation wird eben gerne über einen Kamm geschert, ohne wirklich zu differenzieren – was so natürlich auch nicht richtig ist.
Es heißt zwar „Jede Form der Werbung, sei Werbung“, aber woher, denkst du, kommt das Bedürfnis, euch schlecht zu machen?
Von der Politik und den Medien wird natürlich schlecht gesprochen. Das ist unserer Meinung nach auch logisch. An den Aufschreien aus verschiedenen Seiten merken wir auch, dass wir irgendwo einen wunden Punkt getroffen haben. Bundesweit gibt es die verschiedenste Medien, die daraus eben eine schöne Story machen wollen. Und irgendwie will man auch glauben, dass die Jugendlichen lieber die Schule schwänzen, als sich wirklich zu engagieren. Andersrum gibt’s auch die etwas konservativen Medien, die den Klimawandel ohnehin nicht als Bedrohung sehen – und gerade die haben solche Vorwürfe dann auch unbedingt nötig.
Der Rummel um die „Fridays For Future“ Proteste ist mittlerweile auf den Kabarettbühnen angekommen. Auch dort werden die Teilnehmer mitunter scharf angegriffen, und es wird behauptet, Kinder und Jugendliche verstünden überhaupt nichts von der Thematik. Ist diese Kritik gerechtfertigt?
Diese Kritik ist an sich erst mal überhaupt nicht gerechtfertigt. Es müsste doch logisch sein, jemandem zuzuhören, der in 30 oder 40 Jahren vom Klimawandel betroffen sein wird. Irgendwelche älteren Politiker, die vielleicht schon 50 oder 60 sind, dürfte das eher weniger interessieren, was in 50 Jahren sein wird. Zu einem macht das also schon Sinn, die Leute zu fragen, die vom Klimawandel betroffen sein werden. Zum anderen sind das ja auch alles keine Aussagen von zwölf-, 13- oder 14-jährigen DemonstrantInnen, sondern Forderungen, die von „Scientists For Future“ mitgetragen werden – also von 30.000 international angesehen Wissenschaftlern.
Es heißt immer, die Schüler müssen mit Konsequenzen bis hin zum Verweis rechnen. Welche Maßnahmen sind dir bekannt?
In ganz Regensburg gab es schon die verschiedensten Fälle, bei denen Leute für ihr politisches Engagement und für Klimaschutz einen Verweis bekommen haben – auch innerhalb der Orga-Gruppe haben ein paar Leute schon einen Verweis bekommen. Allerdings sollte man das eher als Auszeichnung für Klimaschutz sehen als eine wirkliche Strafmaßnahme. Die Repressionen von Seiten der Schule sind im Endeffekt auch nicht ernst zu nehmen. Tatsächlich ist es ja so, dass ein Verweis nach einem Jahr aus dem Schulregister gelöscht wird. Und auch bei drei oder sieben verschärften Verweisen – oder was immer da kursiert – wird man nicht von der Schule geworfen. Das ist einfach nicht Fakt. Und da es nach einem Jahr aus dem Schulregister gelöscht wird, ist der Verweis an sich überhaupt kein Strafmittel, das langfristige Konsequenzen haben könnte.
Dann wird das Fernbleiben vom Unterricht von den Schulen also gar nicht so eng gesehen?
Das kommt auf die Schulen an und wie die DirektorInnen tatsächlich dazu stehen. Es gibt einige Schulen, die sehr hart dagegen vorgehen, oder zumindest versuchen vorzugehen. Größtenteils stellt es sich aber einfach als schwierig heraus, einen Verweis für alle Beteiligten auszuschreiben, wenn ein Viertel oder ein Drittel der Schule fehlt. Mitunter auch weil der Unterricht dann nicht mehr normal ablaufen kann.
Auch wenn ihr mit einigen Hindernissen zu kämpfen habt, werdet ihr von vielen Seiten unterstützt. So sieht man nicht nur den ein oder anderen Lehrer oder das ein oder andere Elternteil auf den Märschen mitdemonstrieren, auch die Organisationen „Oldies For Future“ und „Parents For Future“ haben sich gebildet.
Mittlerweile haben sich in verschiedensten Gesellschaftsgruppen „For Future“-Untergruppen gebildet, die hinter der Sache stehen. Ob das nun die „Scientists“, „Oldies“, „Parents“ oder „Teachers For Future“ sind… Als Überbegriff gibt es sogar die „People For Future“, denen sich jeder anschließen kann. Eine sehr wichtige Unterstützung sind meiner Meinung nach die „Scientists For Future“, weil sie der Öffentlichkeit die wissenschaftliche Fundierung unserer Forderungen vermitteln.
Der Klimawandel ist ein komplexes System unterschiedlichster Faktoren, die in starker Verschränkung und Wechselwirkung stehen. Was werft ihr der Politik konkret vor?
Der größte Vorwurf von unserer Seite ist natürlich, dass nicht gehandelt wird, bzw. dass viel zu wenig gehandelt wird. Dass die Politik immer noch viel zu sehr dem Lobbyismus verhangen ist und dass eher auf die Interessen der Autoindustrie und der fossilen Energieversorgungsindustrie geachtet wird als auf die Interessen des Klimaschutzes. Die vom Lobbyismus gesteuerte Politik ist insofern ein Kritikpunkt, als dass er mit dem Klimaschutz einfach nicht vereinbar ist. Solange die Politik im Sinne der Industrie handelt, ist erfolgreicher Klimaschutz nicht möglich. Auch wenn es keine direkte „Fridays For Future“-Forderung ist, wäre auch ein transparenter Lobbyismus sicherlich hilfreich für den Klimaschutz.
Die mediale Aufmerksamkeit habt ihr bereits. Das war aber nur der Anfang vom Lied. Welche Ziele habt ihr euch für die Zukunft gesteckt?
Unser langfristiges oder hoffentlich mittelfristiges Ziel ist, dass sich wirklich etwas ändert. Und das muss es auch, denn sonst haben wir alle in absehbarer Zukunft ein recht großes Problem. Außerdem wird die Politik irgendwann zum Handeln gezwungen sein, weil wir von „Fridays For Future“ mittlerweile einen sehr großen Rückhalt in der Gesellschaft haben. Und wenn die machthabenden Parteien nicht dementsprechend handeln, werden andere Parteien irgendwann nachrücken. Deshalb müssen wir auch schauen, dass wir einen gewissen Handlungszwang auf die machthabenden Parteien ausüben, sodass diese zum Handeln gezwungen werden.
Wäre es in diesem Kontext nicht sinnvoll, sich an Österreich zu orientieren und das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken?
Das wäre auf jeden Fall hilfreich, und es gibt im Moment auch eine Verfassungsklage, um das Wahlalter für die Europawahl auf 17 Jahre zu senken. Und ich denke, die Klage hat sicherlich eine große Chance, durchzukommen. Eine Wahlberechtigung ab 16 wäre schließlich mehr als sinnvoll. Immerhin ist es so, dass die Jugendlichen am meisten von den kommenden klimatischen Veränderungen und den damit verbundenen Katastrophen betroffen sein werden.
Wie kann man euch unterstützen?
Man kann natürlich immer gerne zu unseren Orga-Treffen kommen. Die sind im wöchentlichen Wechsel – immer Montag und Dienstag treffen wir uns um 18 Uhr vorm Audimax an der Uni. Generell kann man uns auch über Facebook, Instagram oder ähnliche Seiten kontaktieren: einfach „Fridays For Future Regensburg“ googlen und dann mit uns Kontakt aufnehmen und fragen, wie man helfen kann oder mitorganisieren kann – und ansonsten kann man einfach zu den Demos kommen.