Bundesweit verweisen Tierschutzvereine auf Missstände in der Wildtierhaltung innerhalb des Circus Afrika. Für den Zirkusdirektor wird hier wiederholt aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Nach mehreren Zwischenfällen in Regensburg stimmen nun auch die städtischen Behörden den Tierschützern zu: die Tierhaltung im Circus Afrika wird als nicht 100 Prozent artgerecht eingestuft.
Für Anwesende dürfte es zunächst sicher ein belustigender Anblick gewesen sein, als Zirkusdirektor Hardy Weisheit in Begleitung einer Elefantendame einen Friseursalon nahe dem Zirkusgelände besuchte. Auf den Videoaufnahmen der Aktionsgruppe Tierrechte Bayern von Anfang August sind neben dem ungesicherten Tier schaulustige Kinder und Erwachsene zu sehen, die von Weisheit ermutigt werden, näher zu kommen. Dabei dürfen die drei Elefantenkühe des Circus Afrika eigentlich kein öffentliches Gelände betreten und müssen per Gesetz auf dem Zirkusgelände bleiben. Noch im Gespräch mit den Regensburger Nachrichten erklärte der Zirkusbetreiber seine Absichten, sich an die gesetzlichen Vorlagen zu halten. Weisheit behauptet, kaum ein Gewerbe sei so streng reguliert wie der Zirkus. Als Beleg dafür führt er an, dass sein Zirkus regelmäßig vom Veterinäramt kontrolliert werden würde. Tatsächlich gab das Veterinärsamt Regensburgs an, dass die Beamten dem Zirkus aufgrund Unregelmäßigkeiten in der Tierhaltung unverhältnismäßig viele Besuche abstatten mussten. Es seien zwar keine groben Verletzungen der Auflagen zu beanstanden, sodass der Aufenthalt auch nicht abgebrochen werden müsste. Dennoch werden wiederholt Aspekte vernachlässigt, die die strengen Kontrollen des Zirkus rechtfertigen.
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Negativer Ruf eilt Circus Afrika voraus
Immer wieder bringen Negativ-Schlagzeilen und Gesetzesverstöße die bunte Zirkusfassade zum Bröckeln. So werden Weisheit wiederholte Werbespaziergänge ohne jegliche Genehmigung und Sicherheitsmaßnahme vorgeworfen. Die Tierschutzinitiative PETA führt sogar eine Chronik an Meldungen und weiteren Verstößen, die bis zur Mitte der neunziger Jahre zurückreicht: neben kleineren Auffälligkeiten listet PETA auch Verfahren wegen Körperverletzung und Tierquälerei gegen Zirkusdirektor Hardy Weisheit auf. Zuletzt seien die drei Elefantenkühe des Circus Afrika in Cham dabei gesichtet worden, wie sie für kurze Zeit aus ihrem Zelt ausbrachen. Auf der nächstgelegenen Straße trabten die Tiere vor sich hin, berichten Augenzeugen dem BR.
Keine städtische Unterstützung für den Zirkus
Die negative öffentliche Aufmerksamkeit gehört nicht zu den einzigen Problemen des Zirkus. So seien die Erhaltungskosten und die Ausgaben für das Tierfutter nur schwer zu decken, klagt der Zirkusbetreiber im Gespräch mit den Regensburger Nachrichten. Außerdem sei der Zirkus erst im Juni mit einem Sachschaden von 75.000 Euro konfrontiert gewesen. Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des Zirkus stand im Verdacht, einen mit Tierfutter beladenen LKW samt Anhänger angezündet zu haben. Der Zirkusdirektor gehe hingegen von einer Brandstiftung durch Tierschutzaktivisten aus, berichtete damals Oberpfalz TV.
Von Seiten der Stadt kommt nur wenig Rückhalt für den Zirkus. Für ein Entgelt von einem Euro pro Poster und Tag dürfe der Zirkus lediglich 50 Plakate in Regensburg aufhängen. In Weisheits Augen sei das völlig unzureichend. Die Stadt Regensburg habe Circus Afrika außerdem kein passendes Gelände angeboten, da nach einem Beschluss im Stadtrat Zirkussen jeglicher Art nur der Dultplatz zum Gastieren freigegeben werde. Der gepflasterte Untergrund sei für die Tiere jedoch ungeeignet, weswegen Weisheit das Angebot ausschlug. Nun steht das Zirkuszelt auf einem Grundstück der Deutschen Bahn, das gratis zur Verfügung gestellt wurde. Das Ordnungsamt Schwandorf untersagte dem Zirkus kurzfristig sein Gastspiel überhaupt zu veranstalten. Aufgrund fehlender Anträge und einer ungeklärten Platzfrage verbleibt der Zirkus also noch bis zum 25. August in Regensburg.
Aktivisten kritisieren unzureichende Auslaufmöglichkeiten
Demonstranten und Aktivisten sehen die Auslaufmöglichkeiten der Zirkustiere vor Ort als unzureichend an. Die Haltung der Zirkustiere entspreche laut Weisheit dabei gängigen Standards und sei keineswegs mangelhaft. Jedes der Tiere habe mehrmals täglich mehrere Stunden Auslauf und die Elefanten würden regelmäßig ausgeführt werden. Die Grünfläche in der Friedensstraße sei dafür groß genug und man könne mehrere hundert Meter auf dem Grundstück spazieren gehen, erklärt Weisheit. Zur Größe des Geländes und zur mietfreien Freigabe für den Zirkus äußerte sich die Deutsche Bahn allerdings nicht.
Mandy Hübner, Vorsitzende des Regensburger Vereins TierrechteAktiv, behauptet, dass sie persönlich beobachtet habe, wie die Elefanten teilweise zwölf Stunden am Tag angekettet gewesen wären. Als das Zirkusgelände zu Beginn des Aufenthalts noch frei betretbar war, habe sie zu verschiedenen Zeitpunkten die Tiere betrachten können. Gesetzlich vorgesehen ist, dass Elefanten nachts und vor Vorstellungen an einem Bein fixiert werden müssen. Die Auflagen für Zirkusse sind laut der Vereinsvorsitzenden unzureichend und liegen weit unter denen für Zoos, selbst wenn sie dieselben Tierarten betreffen.
Vorwurf der Gewalt gegen Zirkustiere
Die Kritik an Circus Afrika reicht über die Bemängelung der allgemeinen Verhältnisse hinaus: angeblich soll Zirkusdirektor Hardy Weisheit seine Tiere schlagen. Beispielsweise behauptet Hübner, bei der Auftaktdemonstration vor Ort gehört zu haben, wie Weisheit ein Dromedar mit einem Führstrick auspeitschte. „Er hat das Tier nicht nur leicht angetrieben oder angeklopft. Wir haben das Peitschen draußen laut gehört, da steckt eine kräftige Bewegung dahinter“, schilderte sie. Der Zwischenfall wurde durch die Demonstranten der Polizei mitgeteilt.
Weisheit stellt sich entschieden gegen die Beschuldigung: Er würde seine Tiere nie misshandeln, das schädige das Vertrauen zwischen Tier und Dompteur. Der Zirkusbetreiber benutze lediglich eine Reitgerte zum Dirigieren der Tiere und das Training würde gewaltlos ablaufen. Durch positive Reize verstärke er natürliche und angestrebte Verhaltensweisen, erklärt er. Die Behauptung, er würde seine Tiere schlagen, sei eine maßlose Übertreibung. Die älteste Elefantenkuh Moja wurde im selben Jahr geboren wie Weisheit selbst. „Sie ist für mich quasi wie eine Schwester, die Tiere gehören zur Familie!“, erzählt er.
Auf Nachfrage lud Circus Afrika die Regensburger Nachrichten auf das Zirkusgelände ein, um den Zustand der Tiere selbst zu beurteilen. Einige Anschuldigungen durch Tierschutzaktivisten, wie die Behauptung Pferde und andere Tiere hätten keinen Auslauf, konnten nicht direkt bestätigt werden. Jedoch konnte eine der am häufigsten angeführten Kritiken beobachtet werden: Das Weben eines Elefanten, das auf starke psychische Belastungen hinweist. Weisheit erklärte, das Wippen der Tiere sei Warteverhalten, während die anderen Elefanten geduscht werden. Zwar tritt Weben vermehrt beim Warten auf, ist jedoch kein natürliches Verhalten. Besonders Elefanten, die in Gefangenschaft leben, machen diese tänzelnden Bewegungen. Auch Videoaufnahmen der Mittelbayerischen oder PETA zeigen das Weben der Zirkuselefanten.
Klare Forderungen von Tierschutzinitiativen
Circus Afrika behauptet von sich selbst, einer von zwei deutschen Zirkussen zu sein, der noch Elefanten zur Schau stellt. Die tatsächliche Anzahl dürfte mindestens doppelt so hoch sein, ist aber nur schwer festzustellen. Die Dachorganisation des Deutschen Tierschutzbunds Eurogroup schätzt, dass 2017 allgemein mehr als 300 Wildtiere in 90 deutschen Zirkussen gehalten wurden. Tierschutz-Initiativen fordern, dass die Zahl auf null sinkt. Entsprechend laut sind die kritischen Stimmen an der Tierhaltung und dem Umgang mit Wildtieren im Zirkus. Auch TierrechteAktiv in Regensburg fordert ein bundesweites Wildtierverbot in Zirkussen, möchte aber zunächst an die Bevölkerung appellieren, sich über die Wildtierhaltung zu informieren.
Trotz der harschen Kritik vermerkt Hardy Weisheit einen großen Erfolg des Gastspiels in Regensburg und meldet, dass circa 70 Prozent der Plätze bereits durch den Vorverkauf belegt wären. Auch das Angebot für einen Aufpreis hinter die Kulissen zu blicken, sorgt für positive Meldungen durch das Publikum.