„Fairdient“? Regensburg sammelt unbezahlte Überstunden
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Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten beklagt mehr als 5 Millionen Stunden an geleisteter Arbeit ohne entsprechende Vergütung. Als Antwort auf Forderungen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes läuft nun die Kampagne „#fairdient“ an.
Wenn Regensburg richtig schuftet, kommt ein Überstunden-Berg heraus: Rund 5,2 Millionen Arbeitsstunden haben die Beschäftigten im vergangenen Jahr zusätzlich geleistet. Davon 2,8 Millionen Überstunden zum Nulltarif –ohne Bezahlung. Das geht aus dem „Überstunden-Monitor“ hervor, den das Pestel-Institut im Auftrag der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) erstellt hat. Die Überstunden entsprechen einem gesammelten Verdienst von etwa 70 Millionen Euro.
Mehr als 100.000 Überstunden in 2018
Allein in Hotels und Gaststätten leisteten die Regensburger Beschäftigten im vergangenen Jahr rund 141.000 Überstunden. Das hat das Pestel-Institut auf Basis des Mikrozensus berechnet. Dabei wird von bundesweiten Durchschnittswerten ausgegangen. Demnach waren 45 Prozent aller in Regensburg geleisteten Überstunden im Gastgewerbe unbezahlt. Für 2018 bedeutet dies –bei 12 Euro Lohnkosten pro Stunde für den Arbeitgeber – 752.000 Euro, die nicht ausgezahlt wurden.
„Von der Küchenhilfe im Hotel bis zum Kellner im Biergarten: Wer im Gastgewerbe arbeitet, ist auf jeden Euro angewiesen. Dabei sind 56 Prozent dieser Arbeitsplätze in Regensburg Minijobs“, sagt NGG-Geschäftsführer Rainer Reißfelder. Das Problem der 450-Euro-Kräfte: Sie dürfen keinen Euro hinzuverdienen. „Also werden die Überstunden entweder gar nicht oder schwarz bezahlt –bar auf die Hand. Statt Minijobber mit 450 Euro abzuspeisen, sollte das Gastgewerbe endlich mehr Menschen regulär beschäftigen und ordentlich bezahlen“, fordert Reißfelder.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband hingegen setzt sich nicht für den Abbau von Minijobs ein, sondern für eine skalierte Anpassung der 450-Euro-Grenze an den Mindestlohn.
Arbeitszeitgesetz sorgt für Schwierigkeiten
Mit seiner Gastgewerbe-Kampagne „#fairdient“ unterstützt die NGG die rund 6.300 Beschäftigten in den Hotels, Restaurants und Gaststätten in Regensburg. Dabei sind unbezahlte Überstunden nicht die einzige Baustelle im Gastronomiegewerbe: Denn laut der Gewerkschaft dränge der Deutsche Hotel-und Gaststättenverband (Dehoga) die Bundesregierung, die Arbeitszeiten noch flexibler zu machen. Vorschlag des Dehoga ist es, von einer täglichen auf eine wöchentliche Arbeitszeit umzustellen. Dadurch soll insbesondere durch die flexible Einteilung von Arbeitszeiten über die momentane Regelung hinaus mehr Freiraum geschaffen werden. Die Kampagne „Wochen-Arbeitszeit“ weist explizit darauf hin, dass es sich hierbei nicht um eine Erhöhung der Gesamtarbeitszeit handeln soll, sondern um eine geänderte Verteilung. Auch Überstunden sollen bezahlt werden. „Es geht darum, das Arbeitszeitgesetz zu durchlöchern. Ziel der Arbeitgeber ist es, die Höchstarbeitszeit auf bis zu 13 Stunden pro Tag auszuweiten“, kritisiert Geschäftsführer Reißfelder.
Das Hotel-und Gaststättengewerbe könnte durch eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit an Attraktivität einbüßen. „Gerade junge Menschen werden dadurch verschreckt. Und das bei der – im Branchenvergleich – ohnehin schon besonders niedrigen Ausbildungsquote“, sagt Reißfelder.
Der Geschäftsführer warnt abschließend: Mehr arbeiten zu müssen, bedeute immer auch ein höheres Gesundheitsrisiko. „Schlafstörungen, Erschöpfung, Rückenschmerzen und sogar Arbeitsunfälle können die Folge sein.“ Die bestehende Regelung der Arbeitszeit sei deshalb aus Sicht der Gewerkschaft ein wichtiger Schutz der Beschäftigten.