Enkeltrick – wie Senioren um ihr Erspartes gebracht werden
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125 Mal haben Betrüger im Jahr 2020 allein in der Oberpfalz mit dem sogenannten Enkeltrick zugeschlagen. Wir haben bei der Polizei nachgefragt, wer dahintersteckt, warum die Masche so erfolgreich ist und wie sich ältere Menschen davor schützen können.
Betrügerische Anrufe haben 2020 auch in der Oberpfalz deutlich zugenommen. Mit über 1.500 Fällen hat sich die Zahl der Strafanzeigen im Vergleich zum Jahr 2019 fast verdoppelt. 125 Mal haben Betrüger im Jahr 2020 in der Oberpfalz mit dem sogenannten Enkeltrick zugeschlagen. In 744 Fällen gaben sich die Täter als Amtsträger wie Polizeibeamte aus. Bayernweit gab es 2020 mindestens 21.060 Fälle von Telefonbetrug. Die Beute: satte 14,1 Millionen Euro. Die Telefonanrufe erfolgen meist aus dem Ausland wie etwa der Türkei oder Polen, sodass die eigentlichen Täter meist unentdeckt bleiben. Lediglich die jederzeit austauschbaren Geldboten befinden sich vor Ort.
Die Opfer der Betrugsmasche? Vor allem ältere Menschen. Immer wieder versuchen Kriminelle auch in Regensburg, mit zum Teil perfiden Tricks an das Vermögen von Senioren zu kommen. Einer der bekanntesten ist der sogenannte Enkeltrick. Wir haben uns mit Franziska Meinl, Polizeioberkommissarin beim Polizeipräsidium Oberpfalz, über die Masche unterhalten und nachgefragt, wie sich gerade Senioren vor einem Betrug schützen können.
Im Raum Regensburg und generell auch in der Oberpfalz häufen sich Betrugsfälle mit der Enkeltrick-Masche. Welche Punkte sind typisch für diese Art von Betrug? Und wer steckt hinter dieser Masche?
Meinl: Vorwiegend handelt es sich um organisierte Banden. Die Täter gehen arbeitsteilig vor: Neben einem anonymen Anrufer gibt es Personen, die für das Abholen des Geldes verantwortlich sind. Beim Enkeltrick-Betrug rufen Betrüger dann insbesondere ältere Menschen an und geben sich am Telefon als Enkel, Enkelin oder als anderweitig Verwandter aus. Dabei täuschen sie eine finanzielle Notlage oder Engpässe vor – wie ein Wohnungskauf oder ein Unfall. Sie fordern eine große Summe an Bargeld und beschreiben die Lage als äußerst dringlich. Nicht selten kommt es bei Opfern so zu einem Vermögensschaden im fünfstelligen Eurobereich.
Was macht diese Betrugsmasche so erfolgreich?
Meinl: Betrüger organisieren sich häufig in sogenannten Callcentern, bei denen Telefonbücher meist nach altdeutschen Nachnamen durchforstet werden. So erreicht man häufig ältere Personen, die in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkter sind. Des Weiteren wird die emotionale Bindung zwischen Opfer und Enkel auf perfide Weise ausgenutzt, sodass Senioren oder Seniorinnen gefühlsbestimmt handeln. Ein weiterer Aspekt ist, dass nur bedingt auf ältere Menschen eingewirkt werden kann, da sie oftmals alleine wohnen.
Die Enkeltrick-Masche funktioniert schon seit vielen Jahren. Weshalb haben Betrüger damit immer noch so viel Erfolg? Und wie hat sich die Masche in den vergangenen Jahren weiterentwickelt?
Meinl: Betrüger sind in ihrem Tun sehr erfinderisch und versuchen mit aller Flexibilität und emotionalen Täuschungsmanövern an Vermögen oder Wertgegenstände anderer zu gelangen. Bei der Begehungsweise muss eine Unterscheidung zwischen dem klassischen Phänomenbereich des Enkeltrick-Anrufs und der Begehungsweise unter Einsatz des Schockanrufs vorgenommen werden.War es zu Beginn des Auftretens des Phänomens überwiegend die klassische Begehungsweise, indem ein Verwandtenverhältnis und eine allgemeine finanzielle Notlage vorgespielt wurden, so ist nun eine Verschiebung hin zur Begehungsweise unter Verwendung des Schockanrufs zu verzeichnen. Bei der Begehungsweise des Schockanrufes wird ein Unglücksfall oder unausweichliche Zwangslage wie ein Haftbefehl, ein Autounfall oder eine gesundheitliche Notlage durch den vermeintlichen Verwandten vorgespielt, um von dem Angehörigen finanzielle Leistungen zur Beseitigung dieser Notlage zu empfangen.
Mit welchen weiteren Betrugsmaschen werden ältere Menschen noch um ihr Erspartes gebracht?
Meinl: Generell kann zu der Begehungsweise des Enkeltricks die Aussage getroffen werden, dass diese Begehungsweise leicht rückläufig ist. Aktuell findet verstärkt der Phänomenbereich des „Falschen Polizeibeamten“ oder des „Falschen Bediensteten“ Verwendung. Die Täter geben sich hierbei als Polizeibeamte oder Staatsanwälte aus und versuchen durch Vortäuschung von diversen Umständen von dem Angerufenen Bargeld oder anderweitige Wertgegenstände zu erlangen.
Wie kann die Polizei den Betrügern auf die Schliche kommen?
Meinl: Sobald der Oberpfälzer Polizei derartige Fälle angezeigt werden, werden alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, um an die Täter zu gelangen. Wichtig ist dabei, dass Betroffene sich schnellstmöglich bei der Polizei melden und Anzeige erstatten. Nur so können sinnvolle Ermittlungsansätze gewonnen werden. Durch intensive Präventionsbotschaften und anlassbezogenen Warnmeldungen möchte die Polizei bereits im Voraus auf Betrüger aufmerksam machen, sodass es erst gar nicht zu einer Geldübergabe kommt. Besondere Wirkung hat bereits das Sensibilisieren von Bankmitarbeitern und Angehörigen gezeigt, die hellhörig geworden sind und das Opfer entsprechend frühzeitig gewarnt oder über die Masche aufgeklärt haben.
Noch eine abschließende Frage: Wie kann sich jeder Einzelne von uns vor dieser Betrugsmasche schützen?
Meinl: Seien Sie misstrauisch, wenn sich Anrufer am Telefon nicht selber mit Namen melden. Raten Sie nicht, wer anruft, sondern fordern Sie Anrufer grundsätzlich dazu auf, ihren Namen selbst zu nennen. Seien Sie auch misstrauisch, wenn sich Personen am Telefon als Verwandte oder Bekannte ausgeben, die Sie als solche nicht erkennen. Erfragen Sie beim Anrufer Dinge, die nur der richtige Verwandte oder Bekannte wissen kann. Außerdem sollten Sie keine Details zu Ihren familiären und finanziellen Verhältnissen preisgeben. Lassen Sie sich nicht drängen und unter Druck setzen. Nehmen Sie sich Zeit, um die Angaben des Anrufers zu überprüfen. Rufen Sie die jeweilige Person unter der Ihnen lange bekannten Nummer an und lassen Sie sich den Sachverhalt bestätigen. Wenn ein Anrufer Geld oder andere Wertsachen von Ihnen fordert, dann besprechen Sie dies mit Familienangehörigen oder anderen Ihnen nahe stehenden Personen.
Übergeben Sie des Weiteren niemals Geld oder Wertsachen wie Schmuck an unbekannte Personen. Kommt Ihnen ein Anruf verdächtig vor, informieren Sie unverzüglich die Polizei unter der Nummer 110. Und sollten Sie bereits Opfer eines Enkeltricks geworden sein, zeigen Sie die Tat unbedingt bei der Polizei an. Dies kann der Polizei helfen, Zusammenhänge zu erkennen, andere Personen entsprechend zu sensibilisieren und die Täter zu überführen. Es ist zudem ratsam, wenn Sie Ihren Vornamen im Telefonbuch abkürzen lassen. Aus Herta Schmidt wird dann beispielsweise H. Schmidt. So können die Täter Sie gar nicht mehr ausfindig machen. Zum Ändern eines Telefonbucheintrags können Sie sich an die Telekom wenden. Und nicht zuletzt: Bewahren Sie Ihre Wertsachen wie höhere Geldbeträge und andere Wertgegenstände nicht zu Hause auf, sondern auf der Bank oder im Bankschließfach.
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