Sie sind schön und tödlich. Viele Pflanzen, die der Mensch aufgrund seiner Schönheit in seinen Vorgärten und Parks kultiviert, sind nicht nur hochgiftig, sondern sehen essbaren Kulturpflanzen zum Teil zum Verwechseln ähnlich. Diese Pflanzen sollten sie kennen.
Die Natur hat in Millionen von Jahren die unterschiedlichsten Pflanzenarten hervorgebracht. Nur einen kleinen Bruchteil davon hat sich der Mensch im Laufe der Geschichte nutzbar gemacht und entweder aufgrund von Nährstoffen oder Schönheit in seiner Nähe kultiviert. Viele Pflanzen, die der Mensch wegen ihrer Schönheit bewundert, sind dabei aber nicht nur hochgiftig. Manche sehen essbaren Kulturpflanzen sogar zum Verwechseln ähnlich.
Der Großteil der Giftpflanzen ist in den tropischen Gefilden beheimatet. Doch auch in Deutschland existieren Pflanzen, die ein tödliches Potential in sich tragen. Zahlreiche Giftpflanzen hat sich der Mensch ihrer Schönheit wegen in den Vorgarten oder in die eigenen vier Wände geholt. Andere verlocken vor allem Kinder mit appetitlich aussehenden, aber tödlichen Früchten. Um sich selbst und andere zu schützen, sollte man die gefährlichsten Pflanzen im heimischen Garten kennen.
Seidelbast (Daphne mezereum)
Der Echte Seidelbast gedeiht nicht nur in heimischen Laub- und Mischwäldern ausgezeichnet. Aufgrund seiner auffallend rosafarbenen Blüten wird der bis zu einen Meter hochwachsende Strauch auch gerne im Garten gepflanzt. Verhängnisvoll für Kinder können allerdings die im Juli bis August reifenden roten Beeren werden. Diese ähneln in Farbe und Form den sehr geschmackvollen Johannisbeeren und enthalten in ihren Kernen das Gift Mezerin. Doch auch in der Rinde ist das wirkungsvolle Gift Daphnetoxin enthalten, weshalb alle Pflanzenteile bei Verschlucken giftig sind.
Nach dem Konsum von Pflanzenteilen und Beeren kommt es nach einem Brennen im Mundraum zur Schwellung von Mundschleimhäuten, Zunge und Lippen, gefolgt von Erbrechen, Durchfall und Krämpfen im Verdauungstrakt. Im Verlauf der Vergiftung werden Nieren und das Zentralnervensystem angegriffen. Schwindel, Kopfschmerzen sowie eine Erhöhung der Körpertemperatur und der Herzfrequenz sind die Folge. Der Tod tritt durch einen Kollaps des Herzkreislaufsystems ein.
Für Kinder gelten vier bis fünf Beeren bereits als tödlich, bei Erwachsenen zehn bis zwölf.
Herbstzeitlose (Colchicum autumnale)
Heimisch in fast allen Teilen Europa findet man die Herbstzeitlose vor allem auf feuchten Wiesen. Ihr rosa- bis lilafarbener Blütenstand erinnert an die Blüten des Safran-Krokus, die im Frühling austreibenden Blätter sehen dem Bärlauch gefährlich ähnlich. Da die Blüten erst im Oktober zum Vorschein kommen, besteht hier beständige Verwechslungs- und somit auch Vergiftungsgefahr. Das in der Herbstzeitlose vorkommende Gift Colchicin wirkt dabei ähnlich wie Arsen.
Nach dem Konsum von Pflanzenteilen, insbesondere von Samen, kommt es binnen zwei bis sechs Stunden zum Brennen im Mund gefolgt von ersten Schluckbeschwerden. Im Verlauf der Vergiftung kommt es zu Übelkeit, Erbrechen, Krämpfen im Verdauungstrakt und blutigem Durchfall. Der Tod tritt durch Atemlähmung oder Kreislaufversagen ein.
Für Erwachsene gelten zwei bis fünf Gramm Samen bereits tödlich. Die Samen sind zwar rund 20 Mal giftiger als die Blätter, dennoch können 60 Gramm frische Blätter einen Erwachsenen töten.
Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum)
Der Riesenbärenklau, auch Herkulesstaude genannt, stammt aus dem Kaukasus und wurde aufgrund seiner imposanten Erscheinung als Zierpflanze eingeführt. Ihr starker Wuchs, ihr anspruchsloses Wesen sowie ihre erstaunliche Reproduktionsrate haben dazu geführt, dass sich der Riesen-Bärenklau in Europa und Deutschland ausgebreitet hat. Die Pflanze erreicht im zweiten Wuchsjahr bereits Wuchshöhen von bis zu zwei Metern. Auffällig sind die 30 bis 50 Zentimeter großen Doldenblüten an den Trieb-Enden.
Der Riesen-Bärenklau ist zwar nicht giftig im eigentlichen Sinne, dennoch birgt der bei Verletzung austretende Pflanzensaft Gesundheitsgefahren für Mensch und Tier. Die im Pflanzensaft enthaltenen Furocumarine verursachen schwerwiegende phototoxische Reaktionen auf der Haut. Kommen die betroffenen Stellen mit Sonnenlicht in Kontakt, zeigen sich je nach Empfindlichkeit Hautreizungen sowie blasenbildende Dermatitis und großflächige Verbrennungen ersten und zweiten Grades. Ebenso können Fieber, Schweißausbrüche und Kreislaufschocks auftreten. Um Furocumarine auf die Haut aufzutragen, reicht in manchen Fällen bereits ein einfaches Berühren der Blätter.
Goldregen (Laburnum anagyroides)
Aus dem Süden Europas als Ziergehölz importiert stellt der Goldregen nur wenig Anspruch an Boden und Klima. Aufgrund seiner Wuchshöhe von fünf bis sechs Metern und seiner auffällig gelben, traubenförmigen Blütenstände wird er gerne in Parkanlagen und Gärten gepflanzt. Gefährlich für Kinder wird der Goldregen durch seine giftigen, bohnenähnlichen Hülsenfrüchte. Obwohl sämtliche Pflanzenbestandteile des Goldregens giftig sind, konzentriert sich vor allem in den Samen das sehr giftige Alkaloid Cytisin.
Nach dem Konsum von Pflanzenteilen und Samen kommt es zunächst wie beim Nikotin zur Erregung des Zentralnervensystems, die wiederum während des Vergiftungsverlaufs in eine Dämpfung des Zentralnervensystems umschwenkt und zu Lähmungen sowie Atemlähmung führen kann. Typische Symptome der Erregungsphase sind Übelkeit, vermehrter Speichelfluss, Krämpfe der Verdauungsorgane sowie heftiges Erbrechen kurz nach dem Konsum.
Tödliche Vergiftungen sind aufgrund des schnell auftretenden, heftigen Erbrechens eher selten. Für eine tödliche Dosis reichen jedoch bereits die Samen von drei bis fünf Schoten.
Tollkirsche (Atropa belladonna)
Die Schwarze Tollkirsche bevorzugt nährstoffreiche, kalkhaltige Böden in Laub- und Mischwäldern und gilt in weiten Teilen Europas und Bayern als heimisch. Da sie starken Lichteinfall bevorzugt, trifft man sie vor allem an Lichtungen und Waldrändern an. Sie kann aber auch auf landwirtschaftlichen Brachflächen mit geeigneten Böden auftreten. Ihre Wuchshöhe von zwei Metern macht sie bereits von weitem sichtbar. Nach der Blütephase von Juni bis September bildet die Schwarze Tollkirsche hochgiftige grüne Früchte aus, die sich im Zuge ihrer Reife schwarz verfärben. Da die Beeren der Tollkirsche süßlich schmecken, bergen sie vor allem für Kinder eine Gefahr. Toxikologisch relevant sind die Stoffe Atropin, Scopolamin, Apoatropin, Belladonnin und Scopoletin. Neben den Beeren sind auch Blätter, Samen und Wurzeln hochgiftig.
Nach dem Konsum von Pflanzenteilen kommt es zuerst zu plötzlicher Mundtrockenheit, Rötung des Gesichts und Erweiterung der Pupillen, gefolgt von einer zunehmenden Einflussnahme der Tropan-Alkaloide auf das Zentralnervensystem. Seh- und Sprachstörungen, Halluzinationen sowie Verwirrtheits- und Hitzegefühl nehmen im Verlauf der Vergiftung zu. In der Endphase nehmen Erregung, Körpertemperatur und Vorhofflimmern weiter zu, bis es zum plötzlichen Koma mit abfallender Köpertemperatur und abflachendem Puls kommt. Der Tod tritt durch Atem- und Herzstillstand ein.
Als tödlich für Kinder gelten bereits drei bis vier Beeren, bei Erwachsenen zehn bis zwölf.
Pfaffenhütchen (Euonymus europaea)
Das Pfaffenhütchen, auch Gewöhnlicher Spindelstrauch genannt, ist nahezu in ganz Europa verbreitet und vor allem in mitteleuropäischen Wäldern mit feuchtem, lehmigem Boden zu finden. Das Pfaffenhütchen wird oft als Erosionsschutz bei der Ufer- und Böschungssanierung verwendet. Nach der weißen Blüte im Mai und Juni entwickelt das Pfaffenhütchen ab August die namensgebenden, an ein Birett erinnernden rosa bis roten Früchte. In den vierlappigen Früchten befinden sich orange leuchtende Samen, die nach Aufplatzen der Früchte gerade für Kinder interessant aussehen und verzehrt werden können. Gerade in den Samen konzentriert sich das Gift Evonin.
Nach dem Konsum von Samen setzen die ersten Vergiftungserscheinungen erst nach rund 15 Stunden ein, was eine Identifizierung der Vergiftungsursache sehr erschwert. Die Vergiftung geht mit Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Krämpfen im Verdauungstrakt einher. Weitere in den Früchten enthaltene Gifte können zu Schädigungen der Leber und Niere sowie zu Kreislaufstörungen mit Benommenheit und Kreislaufkollaps führen. Ein tödlicher Ausgang ist möglich.
Als tödlich gelten höhere Dosen von 30 bis 40 Früchten.
Rizinus (Ricinus communis)
Die in Nord-Afrika und dem Nahen Osten beheimatete Staude findet ihren Weg zumeist nur als Zierpflanze zu uns. Insgesamt handelt es sich beim Rizinus um ein bis zu zwei Meter hohes, imposantes Gewächs. Ihre übergroßen handförmigen Blätter weisen eine tiefe grünblaue Färbung auf, die Stängel und Blattvenen sind hingegen rotbraun. Die Fruchtstände sind in zwei Ebenen unterteilt. An der Spitze befinden sich distelartige, intensiv rote Blüten, direkt darunter kleinere gelbe Staubgefäße. Nach der Blüte zwischen Juli und September bildet der Rizinus rote, haarige Früchte. Diese sehen nicht nur interessant aus, die darin enthaltenen Samen schmecken zudem leicht süßlich. In den Samen befindet sich eines der potentesten natürlichen Gifte: Rizin.
Nach dem Konsum von Samen kann es zu einer Latenzzeit von mehreren Stunden bis Tagen kommen. In der Regel kommt es vier bis acht Stunden nach Verzehr zunächst zum Brennen in Mund und Rachen gefolgt von Übelkeit, blutigem Erbrechen und blutigem Durchfall samt Krämpfen im Verdauungstrakt. Die Schädigung von Leber, Niere, Magen und Darm führt zu hohem Fieber. Der Tod tritt nach etwa 48 Stunden durch Kreislaufkollaps oder Lähmung des Atemzentrums ein.
Als tödlich gelten ein Milligramm Rizin pro Kilogramm Körpergewicht. Dies entspricht ein bis sechs Samenkörnern bei Kindern und bis zu 20 beim Erwachsenen. Die Literatur verweist auf Fälle, bei denen ein Samen bereits zum Versterben eines Erwachsenen ausgereicht hat.
Maiglöckchen (Convallaria majalis)
Der robuste Frühlingsblüher ist in ganz Deutschland verbreitet und wird aufgrund seiner weißen Blüten auch als Zierpflanze gerne in Gärten, Parks und Töpfen gepflanzt. Die Gefahr, die vom Maiglöckchen ausgeht, liegt wie bei den Herbstzeitlosen in der Verwechslungsgefahr zum Bärlauch. Zumal die Maiglöckchen sowohl im Umfeld als auch zur selben Zeit austreiben. Erst wenn das Maiglöckchen zwischen April und Juni blüht, lässt es sich für Laien offensichtlich als solches vom Bärlauch unterscheiden. Nach der Blüte trägt das Maiglöckchen kleine rote Beeren als Früchte. Giftig sind alle Pflanzenteile, besonders Blüten und Beeren. Für die Vergiftungserscheinungen sorgen 38 verschiedene Glycoside, die bereits bei äußerem Kontakt Hautreizungen auftreten lassen.
Nach dem Konsum von Planzenteilen kommt es neben Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zu Herzrhythmusstörungen, Schwindel, Sehstörungen und Brustbeklemmung. Der Puls sowie der Blutdruck steigen im weiteren Verlauf der Vergiftung an. In Extremfällen tritt der Tod durch Herzstillstand ein.
Eine genaue tödliche Dosis ist wissenschaftlich nicht dokumentiert.
Blauer Eisenhut (Aconitum napellus)
Der Blaue Eisenhut ist in europäischen Gebirgen und Mittelgebirgen beheimatet und gedeiht dort vor allem an Bachufern, Auwäldern und Feuchtwiesen. Aufgrund der kräftigen, lila gefärbten Blüten findet er immer wieder als Zierpflanze Verwendung. Alle Eisenhutgewächse sind stark giftig, der Blaue Eisenhut zählt dabei zur giftigsten Pflanze Europas. Aufgrund seiner Giftigkeit wurde er nicht nur als beliebtes Pfeilgift verwendet, zahlreiche Volksnamen wie „Würgling“, „Hundstod“ oder „Wolfsgift“ verweisen auf die tödliche Wirkung. Alle Pflanzenteile sind stark giftig und verursachen bei kürzerem Kontakt Hautreizungen wie Brennen oder Prickeln. Bei längerem Kontakt kommt es zu Taubheit, Lähmungserscheinungen oder Herzklopfen. Neben zahlreichen giftigen Alkaloiden sorgen geringe Mengen des Hauptalkaloids Aconitin für einen schnellen Tod binnen 30 bis 45 Minuten.
Nach dem Konsum von Pflanzenteilen kommt es zuerst zu Vergiftungserscheinungen des Mundraums: Brennen und Prickeln von Lippen und Zunge schlagen in Taubheit und Lähmung des Mundraums um. Im weiteren Verlauf der Vergiftung kommt es zu Übelkeit, Krämpfen im Verdauungstrakt sowie zu Ohrensausen, Schwindel, nervöser Erregung und Herzrhythmusstörungen. Der Tod tritt in der Regel durch eine Lähmung der Atmung ein.
Als tödlich gelten drei bis sechs Milligramm des Alkaloid Aconitin. Das entspricht zwei bis vier Gramm der Wurzel.