Der Bundestag hat vergangenen Freitag im Rahmen eines neuen Infektionsschutzgesetztes eine Teil-Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeberufe beschlossen. Wie dadurch auftretenden Problematiken entgegen gewirkt werden und warum zukünftig auch ein Tierarzt eine Impfung gegen das Corona-Virus verabreichen kann.
Am vergangenen Freitag, dem 10. Dezember, beschloss der Bundestag den gemeinsamen Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID 19. Im Rahmen dessen wurde auch eine Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegepersonal verabschiedet. Das bedeutet, dass ab Mitte März 2022 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen, in denen Personengruppen behandelt werden, die besonders durch COVID 19 gefährdet sind, eine vollständige Impfung oder eine Genesung nachweisen müssen. Das gilt unter anderem für Pflegeheime, Arztpraxen und Krankenhäuser.
In namentlicher Abstimmung stimmten 569 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, 79 lehnten ihn ab. Es gab 38 Enthaltungen. In zweiter Lesung hatten die Koalitionsfraktionen und die Unionsfraktion für den Gesetzentwurf gestimmt, die AfD dagegen, die Linksfraktion enthielt sich.
Hohe Verantwortung für Personal in Pflegeberufen
Der Gesetzentwurf der drei Koalitionsfraktionen sieht vor, dass Personen, die in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätig sind, entweder geimpft oder genesen sein oder über ein ärztliches Zeugnis verfügen müssen, dass das Bestehen einer Kontraindikation gegen eine COVID 19 Impfung bezeugt. Das heißt, dass den Personen aufgrund bestimmter Umstände, beispielsweise weil sie unter einer speziellen Krankheit leidet, kein Corona-Impfstoff verabreicht werden kann.
Im Gesetzesentwurf heißt es hierzu, dass dem Personal in Gesundheitsberufen und Berufen, die Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen betreuen, eine besondere Verantwortung zukomme, da es intensiven und engen Kontakt zu Personengruppen mit einem hohen Infektionsrisiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf habe.
Ab wann gilt die Impfpflicht?
Darüber hinaus sei ein verlässlicher Schutz vor dem Coronavirus durch eine sehr hohe Impfquote beim Personal in diesen Berufen sehr wichtig. Für bestehende und bis zum 15. März 2022 einzugehende Tätigkeitsverhältnisse müssen aus diesem Grund bis spätestens Mitte März Impf- oder Genesenen-Nachweise vorliegen. Auch neue Tätigkeitsverhältnisse können ab dem 16. März 2022 nur bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises eingegangen werden.
Nachweise, die ab dem 16. März 2022 durch Zeitablauf ihre Gültigkeit verlieren, müssen innerhalb eines Monats nach Ablauf der Gültigkeit bei der Einrichtungs- oder Unternehmensleitung durch Vorlage eines gültigen Nachweises ersetzt werden.
Betreten der Einrichtung untersagt
Bestehen Zweifel an der Echtheit oder inhaltlichen Richtigkeit des vorgelegten Nachweises, kann das Gesundheitsamt Ermittlungen einleiten. Einer Person, die trotz der Anforderung keinen Nachweis innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder der Aufforderung zu einer ärztlichen Untersuchung nicht folgt, kann es untersagt werden, die Räume der Einrichtung oder des Unternehmens zu betreten oder dort tätig zu werden.
Impfungen vom Tier- oder Zahnarzt
Da bereits vor dem Beschluss der Teil-Impfpflicht eine sehr hohe Nachfrage nach Auffrischungsimpfungen, aber auch nach Erst- und Zweitimpfungen bestand, ist aus Sicht der Fraktionen schnelles Handeln notwendig. Um diesen Bedarf zu decken, können neben Ärztinnen und Ärzten auch Zahnärzte und Zahnärztinnen, Tierärzte und Tierärztinnen sowie Apotheker und Apothekerinnen Schutzimpfungen gegen das Coronavirus für einen vorübergehenden Zeitraum vornehmen – wenn sie die fachlichen Voraussetzungen erfüllen.
Zur Aufrechterhaltung stationärer Versorgung
Die neue einrichtungsbezogene Impfpflicht und die Erweiterung des Kreises der impfberechtigten Personen sollen auf ihre Wirksamkeit und Reformbedürftigkeit hin überprüft werden, heißt es weiter. Aufgrund eines zunehmenden Infektionsgeschehens sei es notwendig, die stationäre Versorgung von Patientinnen und Patienten, die aufgrund einer Corona-Infektion stationär behandelt werden müssen, durch zusätzliche Maßnahmen sicherzustellen. Gleichzeitig müsse gewährleistet sein, dass die reguläre stationäre Versorgung von nicht an COVID 19 erkrankten Patientinnen und Patienten weiterhin im medizinisch notwendigen Umfang stattfinden kann.
Finanzieller Ausgleich für Krankenhäuser
Um negative finanzielle Folgen und Liquiditätsengpässe für Krankenhäuser zu vermeiden, die planbare Aufnahmen, Operationen und Eingriffe in medizinisch vertretbarer Weise verschieben oder aussetzen, stellt der Bund den Krankenhäusern kurzfristig einen finanziellen Ausgleich zur Verfügung. Diese Regelung tritt in Kraft, wenn bei diesen Krankenhäusern ein Belegungsrückgang im relevanten Zeitraum eintritt.
Sonderregelung für virtuelle Betriebsversammlungen wieder eingeführt
Schließlich werden die am 30. Juni 2021 ausgelaufenen pandemiebedingten Sonderregelungen zur Durchführung virtueller Betriebsversammlungen und Versammlungen der leitenden Angestellten sowie der Durchführung von Sitzungen der Einigungsstelle, der Heimarbeitsausschüsse und der Gremien nach dem Europäischen Betriebsräte-Gesetz sowie dem SE-Beteiligungsgesetz und SCE-Beteiligungsgesetz befristet bis zum 19. März 2022, mit Möglichkeit der einmaligen Verlängerung durch Beschluss des Deutschen Bundestages, wieder eingeführt.
Streit um Krisenmanagement – Ampel wird kritisiert
In der Schlussdebatte stritten Regierungs- und Oppositionsfraktionen erneut über das geeignete Krisenmanagement in der sich zuspitzenden Gesundheitsnotlage. Vertreter der Opposition warfen der neuen Ampel-Regierung vor, halbherzig gegen die steigenden Infektionszahlen vorzugehen. Nach Ansicht von SPD, Grünen und FDP haben die Länder hingegen einen ausreichend großen Instrumentenkasten, um angemessen auf die aktuelle Lage zu reagieren.
„Die Pandemie ist keine Gelegenheit für Parteipolitik“
Der neue Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach appellierte an die Opposition, sich in dieser Notlage einer Zusammenarbeit nicht zu verweigern. „Diese Pandemie ist eine Aufgabe für uns alle und keine Gelegenheit für Parteipolitik.“ Er fügte hinzu: „Wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Das oberste Ziel sei der Schutz der Bevölkerung. „Wir werden daher alles tun, um diese Krise schnell zu beenden.“
Als aktuelle Herausforderung benannte Lauterbach, die „Delta-Welle“ zu brechen und gleichzeitig eine „Omikron-Welle“ zu verhindern. Mit der Nachschärfung des Infektionsschutzgesetzes hätten die Länder alle nötigen Instrumente gegen die Ausweitung der Pandemie in der Hand.
Nachbesserungen der Schutzinstrumente notwendig
Lauterbach ging auch auf Kritik ein, wonach die neue Bundesregierung die Schutzvorkehrungen ständig nachbessern muss. „Die Verbesserung eines Gesetzes ist nicht ehrenrührig“, sagte der Minister und fügte hinzu, es sei richtig, die Schutzinstrumente an die aktuelle Lage anzupassen. Er wandte sich aber gegen einen Überbietungswettbewerb von immer schärferen Auflagen. Vielmehr müssten die Schutzvorkehrungen konsequent eingesetzt und kontrolliert werden.
Mit Blick auf das Weihnachtsfest versprach Lauterbach, er wolle sich dafür einsetzen, dass ein sicheres Fest möglich werde. Dazu müsse das Impftempo zulegen, an mangelndem Impfstoff solle es nicht scheitern. Lauterbach versicherte: „Ich weiß, dass wir das schaffen werden.“
Von der Impfpflicht betroffene Personengruppen
Eine vollständige Übersicht über den Personenkreis, der von der einrichtungsbezogenen Impfpflicht betroffen ist, können Sie hier im Paragraf 20a des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionssschutzgesetz – IfSG) nachlesen.
Deutscher Bundestag / RNRed