Fast 37.500 Tier- und Pflanzenarten stehen derzeit auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN – und damit 28 Prozent der bislang über 134.000 bewerteten Arten. Heute stellen wir Ihnen den Baumschläfer vor.
Fast 37.500 Tier- und Pflanzenarten stehen derzeit auf der Roten Liste der Weltnaturschutzunion IUCN – und damit 28 Prozent der bislang über 134.000 bewerteten Arten. Die 1964 ins Leben gerufene Rote Liste der bedrohten Arten dient aber nicht allein als Informationsquelle über den globalen Erhaltungszustand der Tier-, Pilz- und Pflanzenwelt, sondern zugleich als Menetekel unserer biologischen Vielfalt.
Steckbrief
Name: Baumschläfer
Lateinischer Name: Dryomys nitedula
Klasse: Säugetier
Größe: etwa zehn Zentimeter
Alter: bis zu sechs Jahren
Nahrung: omnivore Ernährung, vorzugsweise Käfer, Vogeleier und Beeren
Verbreitung: Mittel- und Osteuropa bis nach Asien
Lebensraum: Laub-, Misch- und Nadelwälder
Ein niedliches Tier, das mit seinen großen Knopfaugen besticht: Der Baumschläfer hat zumindest ein sehr einprägsames „Gesicht“. Besonders an dem stirnbandartigen Fellstreifen, der sich von den Augen zu den Ohren zieht, kann man den Bilch leicht erkennen. Jedoch werden die wenigsten sich damit auseinandersetzen müssen, ob nun ein Baum- oder Gartenschläfer vor ihnen sitzt. Denn bei dieser Bilchart handelt es sich um die seltenste in ganz Deutschland. Die letzte Sichtung in Bayern ist ein Jahrzehnt her – das hängt leider wie so oft mit dem schwindenden Lebensraum zusammen.
Nachtaktiv und ortstreu
Selbst wenn der Bestand der Baumschläfer in Bayern größer wäre, würde man sie dennoch kaum sichten können. Denn die Bilche pflegen einen nachtaktiven Lebensstil und sind tagsüber selten unterwegs. Ihre Zeit verbringen sie am liebsten in den Wäldern, die von den mitteleuropäischen Gebirgen bis nach Asien reichen. Dort baut sich der Baumschläfer seine Nester – auch „Kobel“ genannt – oder besetzt Baumhöhlen, in denen er es sich gemütlich macht. Obwohl er sich in jeder Art Wald gerne aufhält, sind ihm feuchte, schattige Laubwälder die liebsten. Sollte er sich doch im Nadelwald wiederfinden, sollten wenigstens einige niedrige Sträucher vorhanden sein, in denen er sich nachts umherbewegen kann. Und hat er sich einmal eingelebt, dann verlässt er sein Revier auch nicht mehr so schnell – denn der Baumschläfer gilt als ortstreu. Daher wird es auch problematisch, sobald das Habitat des Bilchs schrumpft.
Störungen im Ökosystem: Wenige Änderungen mit vielen Folgen
Trockene Frühlinge, heiße Dürresommer: Die Wälder Bayerns haben mit einigen Auswirkungen des Klimawandels zu kämpfen. Dadurch sind folglich auch die tierischen Bewohner des Waldes betroffen und damit auch der Baumschläfer. Unabhängig davon, dass der Klimawandel großen Einfluss auf das Ökosystem des Waldes nimmt, spielen hier auch menschliche Eingriffe in die Natur eine große Rolle. Denn auch der Baumschläfer war besonders betroffen, als die bayrischen Forste zu Monokulturen wurden und der Buschbestand entfernt wurde. Damit fehlt den Kleintieren wichtiger Lebensraum, in dem sie nicht nur nisten können, sondern auch ihr Futter suchen müssen. Gerade in den kalten Jahreszeiten ist die Beschaffenheit des Lebensraumes für den Baumschläfer ausschlaggebend – denn vor dem Winterschlaf müssen genügend Futtervorräte angeschafft werden.
Wie schützt man, worüber man kaum etwas weiß?
Das Ende vom Lied? Auch wenn die Lebenserwartung der Baumschläfer bei bis zu sechs Jahren liegt, erleben nur wenige ihren dritten – geschweige denn ihren zweiten – Geburtstag. Denn durch die schlechten Voraussetzungen kommen viele Jungtiere untergewichtig aus dem Winterschlaf. Das nimmt auch Einfluss auf die Erhaltung des Bestandes: Baumschläfer werden erst in ihrem zweiten Lebensjahr geschlechtsreif und werfen nur einmal pro Saison. Die Folge: Die Tiere, die geschwächt aus dem ersten Winterschlaf erwachen, erleben nur eine Balzperiode, bevor sie nach dem zweiten Winterschlaf meist schon sterben.
Um dem entgegenzuwirken, stehen Baumschläfer unter dem Schutz der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie. Diese besagt, dass schützenswerte Tiere weder getötet noch deren Lebensstätten beschädigt werden dürfen. Jedoch ist gerade bei Tieren wie dem Baumschläfer, dessen kleine Population auf verschiedene Regionen Bayerns verstreut ist, kaum festzustellen, ob sein Habitat beispielsweise durch Rodungen faktisch betroffen ist. Da selten bekannt ist, dass Baumschläfer in bestimmten Regionen hausen, kann auch nicht eingeschätzt werden, ob eventuelle Eingriffe ihren Lebensraum einschränken.
Letzte Sichtung 2010 - aber Hoffnung bleibt
Wie in so vielen anderen Fällen bedrohter Tiere auch lässt sich das Verschwinden des Baumschläfers auf menschliches Eingreifen in der Natur zurückführen. Zwar wird versucht, mit Regelungen und Richtlinien die Folgen vergangener Handlungen einzudämmen, jedoch wächst der Bestand der Baumschläfer kaum weiter. Die letzte Sichtung erfolgte dabei 2010 im Landkreis Rosenheim, als eine Mutter mit Jungtieren in einem Nistkasten gefunden wurde. Derartige Funde geben Hoffnung, dass die heutigen Bemühungen in der Zukunft noch Früchte tragen könnten.
RNRed