Dass Kinder bis dato keine Treiber der Pandemie waren, bestätigten die Ergebnisse der bayernweiten Langzeitstudie „COVID Kids Bavaria“. Für dieses hatten sechs bayerische Universitätskliniken das Infektionsgeschehen in Schulen und Kindertagesstätten untersucht.
Ab Sommer 2020 haben sich sechs bayerischen Universitätskliniken an einer Studie zum Infektionsgeschehen in Schulen und Kindertagesstätten beteiligt: Augsburg, Erlangen, München (LMU und TUM), Regensburg, Würzburg. Gefördert worden ist das Projekt vom Bayerischen Wissenschaftsministerium, um die Auswirkung der Öffnung von Schulen und Kindertagesstätten wissenschaftlich zu begleiten. Dabei lag der Fokus auf der Gesundheit der Kinder.
In einer Pressekonferenz im Münchner Presseclub am 20. Januar 2022 stellten auf Einladung von Wissenschaftsminister Bernd Sibler, der Direktor der Klinik für Kinderheilkunde am LMU Klinikum Prof. Christoph Klein sowie der Abteilungsleiter für Infektiologie der Klinik für Kinderheilkunde Prof. Dr. Johannes Hübner die zentralen Ergebnisse vor.
Über 2.500 Kinder teilgenommen
Im Rahmen der „COVID Kids Bavaria Studie“ wurde bayernweit multizentrisch in einer offenen Kohortenstudie die Verbreitung von SARS-CoV-2 in 99 Kindertagesstätten (Kitas) und 48 Grundschulen untersucht. Insgesamt hatten sich 2.568 Kinder (1.337 Kinder in Grundschulen, 1.231 Kinder in Kitas) und 1.288 Erwachsene (466 Grundschullehrkräfte, 822 Erziehende in Kitas) zur Teilnahme bereit erklärt.
„Großes Puzzleteil für die Gesamtschau auf Corona“
In drei aufeinanderfolgenden Erhebungen (Oktober 2020, November/Dezember 2020, März 2021) wurden insgesamt Proben von 7.062 Rachenabstrichen PCR-basiert auf SARS-CoV-2 getestet. Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler betont anlässlich der Präsentation der Ergebnisse: „COVID Kids Bavaria ist ein weiteres großes Puzzleteil für die Gesamtschau auf Corona. Die Studie ist aufwändig konzipiert, nimmt ganz Bayern in den Blick und liefert so eine umfassende Datenbasis.“ Durch Forschungsarbeiten wie diese und den ständigen Austausch mit Expertinnen und Experten erhalte die Politik eine wissenschaftlich fundierte Basis, um die pandemische Situation auch bei Kindern noch besser beurteilen zu können.
Kluge Entscheidungen nur durch Fachkenntnisse
Er hebt zudem hervor: „Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten unermüdlich daran, das Virus besser zu verstehen. Sie sind mit ihrer Expertise wertvolle und unverzichtbare Ratgeber für die Staatsregierung. Besonnene und kluge Entscheidungen trifft nur, wer auf fachlichen Rat hört. Und das tun wir.“
Lediglich 13 Proben positiv
Die Daten zeigen, dass es in den Erhebungsphasen keinen Ausbruch in den Kinderbetreuungsstätten gegeben hat. Lediglich 13 Proben waren positiv. Die Inzidenzen korrelierten mit der Gesamtinzidenz in Bayern. Diese Untersuchungen legen also nahe, dass Kinder keine „Treiber des pandemischen Geschehens“ waren.
Verzerrende Effekte durch niedrige Teilnehmerzahl
Nicht alle der eingeladenen Personen haben allerdings zugestimmt, an der Studie teilzunehmen. Daraus können sich verzerrende Effekte ergeben. Prof. Dr. Johannes Hübner, Studienleiter bei COVID Kids Bavaria, erklärt, „dass damals noch Einzeltestungen vorgenommen worden sind. Heute würde man aufgrund des aktuellen Kenntnisstandes Pooltestungen verwenden, was möglicherweise zu einer höheren Teilnehmerzahl geführt hätte.”
Antikörper-Untersuchung bestätigt Ergebnis
Allerdings sei jede Studie ein „Kind ihrer Zeit”, wie beide Studienleiter betonen, dies gelte umso mehr in dem sehr dynamischen Infektionsgeschehen einer Pandemie. Neben den virologischen Untersuchungen wurde auch eine sogenannte Seroprävalenzerhebung durchgeführt. Dabei werden in Blutproben Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen. Die Ergebnisse decken sich mit anderen, bayernweiten Studienergebnissen (z.B. der Fr1da Studie) und legen daher nahe, dass es zu keinen größeren Verzerrungen in der Erhebung kam.
Psychologische und soziale Auswirkungen
Die umfangreichen Daten zu den psychologischen und sozialen Auswirkungen des pandemischen Geschehens sind noch in der statistischen Auswertung. Laut den beiden Ärzten und Wissenschaftlern lassen sich die Erkenntnisse nicht unmittelbar auf die aktuelle Omikron-Variante des Coronavirus übertragen, da die Infektionsdynamik sich von dem der damals vorherrschenden Wildtypvariante unterscheidet.
Prof. Christoph Klein, ebenfalls Studienleiter bei COVID Kids Bavaria, unterstreicht die gute Zusammenarbeit dieser Studie: „Hier hat die akademische Kindermedizin in Bayern in guter Kollegialität an einem Strang gezogen.“
Ein Manuskript mit den Daten ist beim Preprint-Portal www.medrxiv.org eingereicht.
Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst / RNRed