In einem Pilotprojekt haben Roboter-Hersteller und Spezialisten für Künstliche Intelligenz den Einsatz von High-Tech-Robotern als Pflege-Assistenten im Klinikalltag erprobt. Wie der Praxistest ausgefallen ist und was für einen langfristigen Einsatz noch optimiert werden muss.
Roboter, die das Gepäck von Reha-Gästen direkt aufs Zimmer bringen, intelligente Rollatoren, die Klinikpatienten zum Bluttest oder zur nächsten Behandlung begleiten und High-Tech-Roboterarme, die nach einer Operation bei pflegerischen Tätigkeiten assistieren: Was heute noch nach Science-Fiction klingt, könnte nach Meinung von Experten bereits in fünf Jahren Wirklichkeit sein.
In einem groß angelegten, rund dreijährigen Pilotprojekt haben Roboter-Hersteller und Spezialisten für Künstliche Intelligenz jetzt den Praxiseinsatz erprobt. Modernste Robotertechnik kam im Alltag einer echten Klinik – einer Fachklinik der bayerischen Johannesbad Gruppe mit Sitz in Hartkirchen im Landkreis Passau – mit realen Patienten und Mitarbeitern zum Einsatz. Den Praxistest haben die High-Tech-Roboter auf jeden Fall bestanden, wenn auch an bestimmten Stellen noch Optimierungsbedarf besteht.
Patienten und Mitarbeitende begeistert
Die Interaktion zwischen Mensch und Technik war der Fokus des Projekts „Intuitiv“, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund zwei Millionen Euro förderte und finanzierte. Das Fazit fällt äußerst positiv aus: „Wir haben festgestellt, dass Patienten und Mitarbeitende der Klinik sehr begeistert auf unsere robotischen Systeme reagiert haben“, sagt Karsten Bohlmann, einer der Koordinatoren.
Know-how verschiedener Firmen
An dem komplexen Forschungsprojekt arbeiteten verschiedene Unternehmen mit: unter anderem ek robotics, ein Hersteller und Systemintegrator von High-Tech-Transportrobotik, Gestalt Robotics, ein Dienstleister für Industrieautomatisierung sowie Human Factors Consult, ein Gestaltungs- und Auslegungsspezialist von technischen Systemen und Softwareschnittstellen. Die Johannesbad Fachklinik Saarschleife in Mettlach – eine der neun Fach- und Rehakliniken der aus Ostbayern stammenden Johannesbad Gruppe – stellte die Versuchsumgebung sowie die freiwilligen Probanden für die Praxis-Anwendung. Dr. Rolf Mayer, langjähriger Chefarzt der Orthopädie, betreute das Projekt auf Seiten der Klinik. Er zieht eine positive Bilanz: „Aus der Praxis heraus haben sich drei Anwendungsbereiche ergeben, in denen wir das Pflegepersonal entlasten könnten“, so Dr. Mayer.
Unterstützen verschiedene Bereiche der Pflege
Ein speziell entwickelter Transport-Roboter begleitete als intelligenter „Kofferträger“ die Gäste nach dem Check-In ins Zimmer. Ein zweiter Roboter, ein computergesteuerter, autonomer Rollator, holte Patienten ab und begleitete sie zu den Therapien und Sprechstunden innerhalb des Hauses. Zudem assistierte ein Roboter-Arm bei pflegerischen Tätigkeiten. Das Ziel des Projekts: ein vertrauensvolles Miteinander von Roboter und Mensch zu testen, um zukünftig einen Roboter-Einsatz in Pflegeeinrichtungen etablieren zu können. „Kommunikation und Interaktion sind dafür die zentralen Elemente“, erläutert Bohlmann.
Sozial-intelligente Assistenten
Die Herausforderung ist dabei außerordentlich komplex: In der sozialen Interaktion der Roboter mit den Patienten im Alltag spielten Faktoren wie die Dynamik der Annäherung, die Erkennung, das Vergleichen von Personen und auch das Verstehen der Umgebung eine große Rolle. Als Teil des Projekts entstand eine Plattform für sozial-intelligente Assistenten: „Inhaltlich ging es darum, dass abstrakte Forschung in die Praxis und, in unserem Fall, an den Patienten bestmöglichst herangebracht wird, was im Bereich der Anwendungsforschung nicht selbstverständlich ist“, betont Dr. Mayer.
Klinik-Einsatz bereits in wenigen Jahren?
Das Feedback der Patienten auf die automatischen Helfer war außerordentlich positiv: „Das hat sehr gut funktioniert und für mich war das ein ganz tolles Erlebnis“, sagte einer der Probanden. „Unsere Vision ist es nun, diese technischen Systeme zu realen Produkten weiterzuentwickeln, die die Menschen in ihrem Alltagsleben unterstützen“, sagt Projektkoordinator Bohlmann. Er sieht einen tatsächlichen Klinik-Einsatz von Transport- und Assistenzrobotern wie dem autonomen Rollator in Deutschland bereits in ein paar Jahren – im Zeitfenster zwischen 2025 und 2030 – als realistisch an.
Menschen sollen sich mit Robotern „anfreunden“
Dennoch seien die High-Tech-Roboter, die in der Johannesbad Fachklinik zum Einsatz kamen, Prototypen und noch nicht serienreif, wie Bohlmann verdeutlicht. Neben der technischen Weiterentwicklung wollen die Experten die Mensch-Roboter-Interaktion weiter optimieren. Denn die Menschen sollten sich mit den Robotern schließlich „anfreunden“ und sich mit ihnen „wohlfühlen“. Die Ergebnisse aus dem Praxistest liefern dafür eine wertvolle Grundlage.
obx-news / RNRed