Die Anlage des Botanischen Gartens an der Universität Regensburg öffnet wieder seine Pforten. Neben den Außenanlagen steht auch das Gewächshaus wieder für Besucher offen.
Der Botanischen Garten an der Universität Regensburg öffnet am Ostersonntag, den 17. April 2022, wieder für den Publikumsverkehr. Mit veränderten Öffnungszeiten lädt der Garten am Ostersonntag zum Spazieren und Entdecken ein.
Besucherfreundlichere Öffnungszeiten
Um den Garten einem erweiterten Kreis von Besucherinnen und Besuchern näherbringen zu können, wurden für die Öffnungszeiten laut Universität Regensburg für die Sommersaison von Montag bis Mittwoch um jeweils zwei Stunden erweitert. Jetzt kann der Freilandbereich bis 18.00 Uhr besichtigt werden. Außenbereich und Gewächshäuser laden also ab Ostersonntag zu einem Spaziergang ein.
Öffnungszeiten des Botanischen Gartens
Öffnungszeiten des Freilandes
Vom 14. April bis 13. Oktober 2022
- Montag bis Mittwoch 07.00-18.00 Uhr
- Donnerstag 07.00-15.30 Uhr
- Freitag 07.00-14.00 Uhr
- Samstag geschlossen
- Sonntag 11.00-18.00 Uhr
Öffnungszeiten der Gewächshäuser
- Montag bis Donnerstag 07.00 – 09.15 Uhr, 09.45 – 12.00 und 12.45 – 15:00 Uhr
- Freitags 07.00 – 09.15, 09.45 – 12.00 Uhr
Zum Schutz vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus gilt in den Gewächshäusern Maskenpflicht; im Freiland kann auf die Maske verzichtet werden. Der Eintritt in den Botanischen Garten in kostenlos, Spenden kommen den Pflanzungen und der Pflege der Anlage zu Gute.
Highlights im Außenbereich: Küchenschellen, Dreiblattlilien und Hundszahlilien
Die beinahe frühsommerlichen Temperaturen im März haben die Frühjahrsvegetation gewaltig vorangetrieben, sodass der Kälteeinbruch Ende März den Pflanzenwuchs nur noch sachte bremsen konnte. Im Freiland sind derzeit die Küchenschellen (Pulsatilla) sehenswert, von denen sich einige Arten bereits in Blüte befinden. Besonders viele Küchenschellen beherbergt das erst vor wenigen Jahren entstandene Felsengartenrevier im unteren Bereich des Botanischen Gartens. Highlights sind hier die von den Küsten des Ochotskischen Meeres stammende Ajan-Küchenschelle, Pulsatilla ajanensis, und die Daurische Küchenschelle, Pulsatilla dahurica, aus Ostasien.
Abteiltung Amerika lockt mit Lilien
Sehenswert ist auch ein Besuch der geografischen Abteilung Amerika, denn dort entfaltet die artenreiche, ostamerikanische Laubwaldflora gerade ihren Blütenreigen. Die ostamerikanischen Laubwälder gelten als ein Rückzugsgebiet sogenannter Tertiärrelikte, zu denen auch die gerade mit der Blüte beginnenden Dreiblatt- (Trillium) und Hundszahnlilien (Erythronium) gehören. Momentan sind schon die gelbblühende Amerikanische Hundszahnlilie (Erythronium americanum) und die weißblühende Oregon-Hundszahnlilie (Erythronium oregonum) zu sehen. Trotz des charakteristischen Aussehens von Dreiblattlilien (Trillium) mit drei Blättern, drei Kelchblättern und drei Kronblättern, gibt es eine gewisse Diversität an Blütenformen und Farben, welche die Anpassungen an unterschiedliche Bestäuber widerspiegeln: So werden weißblühende, Nektar produzierende Arten von Hummeln und Bienen besucht und bestäubt, während die braunroten Arten mit Gerüchen nach verfaultem Fleisch oder Pilzen aufwarten, um Fliegen oder Pilzmücken als potenzielle Bestäuber anzulocken. Von den weißblühenden Arten sind zurzeit Trillium chloropetalum und von den braunroten Arten Trillium angustipetalum in Blüte.
Besondere Pflanzen in den Gewächshäuser
Zur Wiedereröffnung des Botanischen Gartens am Ostersonntag werden zusätzlich zum Freilandbereich auch die Gewächshäuser zugänglich sein. Rund 550 qm Gewächshausfläche, gefüllt mit botanischen Sehenswürdigkeiten, warten auf die Besucherinnen und Besucher. Ein besonderer Sammlungsschwerpunkt, der sich in den letzten Jahren im Gewächshaus herausgebildet hat, ist die Pflanzengattung Nepenthes, die auch als Kannenpflanze bezeichnet wird. Von den etwa 100 bekannten Arten, deren Verbreitungsschwerpunkt im Indomalaiischen Bereich zu finden ist, kultiviert der Botanische Garten 24 Arten, die größtenteils im Gewächshaus 1 zu finden sind. Besonderes Merkmal dieser Pflanze sind ihre an den Blattenden gebildeten Kannen, die an Trinkhörner erinnern. Der schwedische Botaniker Carl von Linne, klassisch gebildet, belegte diese Pflanzengattung mit der aus dem griechischen stammenden Bezeichnung Nepenthes. Die schöne Helena, aus dem Homerschen Epos Odysse, griff zu einem Trunk namens „Nepenthes“ um Groll, Kummer und allen Verdruss vergessen zu machen. Historiker sind der Ansicht, dass der griechische Nepenthes-Trunk ein opiumhaltiges Getränk darstellte, dass den antiken, griechischen Kriegern vor Schlachten verabreicht wurde, um sie mutiger und schmerz-unempfindlicher zu machen. Die Kannen der fleischfressenden Pflanzengattung Nepenthes hingegen sind mit Verdauungssäften gefüllt, die auf ihre Weise ebenfalls allen Kummer der in ihnen gefangenen Lebewesen auflösen. Das Beutespektrum der Kannenpflanzen ist breit gefächert: Während Weißrandblättrige Kannenpflanzen (Nepenthes albomarginata) Termiten zu Hunderten vertilgt, bieten die bis 30 cm großen Kannen der Gestutzten Kannenpflanze (Nepenthes truncata) Möglichkeiten kleine Säugetiere wie Mäuse zu vertilgen. Nicht nur die Größe der Kannen, sondern auch die Form und Färbung zeigen sich als Experimentierfeld der Natur. Verblüffend sind hierbei die Kannen der Toilettenschüssel-Kannenpflanze (Nepenthes jamban), deren Form sich schon im Namen widerspiegelt.
Von Fledermäusen bestäubt
Auffälligste Pflanze im Haus 1 ist zurzeit Freycinetia insignis, eine sogenannte Kletterschraubenpalme aus Java. In unorthodoxerweise produziert die Pflanze an unterschiedlichen Stellen entlang des gesamten Stammes Blüten. Diese sind wenig auffällig und sitzen in kleinen Kolben zusammen. Um ihren Bestäuber anzulocken, sind die Blüten von großen, fleischigen, ziegelroten Hochblättern umgeben, die eine erstauliche Attraktivität ausstrahlen. In ihrer Heimat wird die Kletterschraubenpalme von Fledermäusen bestäubt, denen die Hochblätter als Nahrung dienen. Die erste Freycinetia wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts vom Botaniker und Marineapotheker Charles Gaudichaud-Beaupré während einer dreijährigen Weltumsegelung mit dem französischen Schiff Uranie entdeckt. Der Kapitän des Schiffes hieß Claude de Saulses de Freycinet, zu seinen Ehren benannte der Botaniker die Pflanze Freycinetia. Augenfällig in Haus 1 ist auch Vanda tricolor, deren eigenartig geformte Blüten lila Tupfen auf weißem Grund aufweisen.
Australische Abzug-Pflanzen
Im Haus 2 blüht erstmalig ein Vertreter einer besonderen australischen Gattung, der sogenannten Abzug-Pflanzen (Stylidium). Zu sehen ist die rosa blühende Stylidium debile. Ähnlich wie bei den Orchideen sind Griffel und die zwei Staubblätter zu einem Säulchen verwachsen. Das Säulchen ragt aus dem Blütenmund weit heraus und ist wie eine unter Spannung stehende Schleuder zurückgebogen. Besucht ein Insekt die Blüte, so springt das Säulchen nach vorne und betupft den Rücken des Insekts mit Pollen. In einem späteren Blütenstadium, wenn die Blütennarbe am Säulchen aufnahmebereit ist, erfolgt auf die dieselbe Weise die Abnahme des Pollens vom Insektenrücken.
Universität Regensburg / RNRed