Ostbayerns Handwerk fürchtet Dauerbaustellen und Megastaus „über mehrere Jahrzehnte“ durch die jetzt vorgestellten Pläne zur Sanierung des Pfaffensteiner Autobahntunnels bei Regensburg. Mindestens 13 Jahre sollen die Arbeiten dauern.
Seit Jahren gilt er als größtes Nadelöhr für den Verkehr im gesamten ostbayerischen Raum. Rund 60.000 Fahrzeuge nutzen den Tunnel bei Regensburg derzeit pro Tag. Einen echten Bypass, etwa bei Sperrung einer der zwei Röhren, gibt es nicht. Die Folge: Regelmäßig kommt es bereits heute dort zum Verkehrsinfarkt. Was hinzu kommt: Der Tunnel, 1977 eröffnet, ist dringend sanierungsbedürftig. Die bundeseigene Autobahn GmbH hat jetzt ihre Pläne präsentiert, wie sie die Mammutsanierung stemmen will.
Vorbild südlicher Abschnitt
In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr haben sich die Experten der Autobahn GmbH auf eine der drei Varianten festgelegt, die Ausbauvariante: Nach der mehrere Jahre dauernden Umsetzung kann der A 93-Verkehr im Tunnel Pfaffenstein dann so geführt werden, wie es heute bereits auf dem südlichen Abschnitt der Autobahn zwischen dem Autobahnkreuz Regensburg und der Anschlussstelle Regensburg-Pfaffenstein der Fall ist. Hier sind seit 2007 die Seitenstreifen als sogenannte Verflechtungsstreifen zwischen den Auf- und Abfahrten der Anschlussstellen im Stadtgebiet für den Verkehr nutzbar. Die Weiterführung der Verflechtungsstreifen zwischen Regensburg-Pfaffenstein bis Regensburg-Nord sollen nach der Generalinstandsetzung den Verkehrsfluss weiter verbessern. Bisher sind die Verflechtungsstreifen in diesem Abschnitt wegen der geringen Breite der Tunnelröhren nicht vorhanden. Dies macht den Tunnel Pfaffenstein zum Nadelöhr der A93 im Raum Regensburg. Jedoch ist der Pfaffensteiner Tunnel der Autobahn 93 die wichtigste Nord-Süd-Verbindung von München nach Berlin.
Kostenpunkt 140 Millionen
Durch die Planung und Umsetzung der Ausbauvariante wird der Tunnel Pfaffenstein künftig breitere Fahrbahnen haben - statt 9 Meter heute werden sie 12,5 Meter breit. Hierzu werden nach Abschluss der, so heißt es in der offiziellen Pressemitteilung der Autobahn GmbH, „komplexen Planungsphasen“ die beiden bestehenden, rund 880 Meter langen Tunnelröhren nacheinander aufgeweitet. Der Haken dabei: Mit Blick auf vergleichbare Infrastrukturprojekte müsse mit „mindestens 13 Jahren“ Planungs- und Bauzeit gerechnet werden. Die Kosten belaufen sich dabei auf mindestens 140 Millionen Euro.
Widerstand aus der Wirtschaft
Bei der ostbayerischen Wirtschaft rufen diese Pläne Widerspruch und Kopfschütteln hervor: „Eine Entscheidung war dringend nötig, nun ist sie zwar da, doch zufriedenstellend ist sie noch keineswegs“, sagt Dr. Georg Haber, der Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz. Er moniert: „Zu viele drängende Fragen bleiben mit der Entscheidung für die Ausbauvariante offen.“ Bei vielen wichtigen Punkten bleiben die Entscheidungsträger wichtige Antworten schuldig, kritisiert der Handwerkspräsident. „Brauchen wir wirklich eine fünfjährige Planungsphase? Was passiert mit dem Verkehr in der sehr langgeplanten Umsetzungszeit? Wie wird mit weiter entstehenden Problemen und dem zusätzlichen und sich dann verlagernden Verkehr auf den Straßen umgegangen?“, fragt Haber. Denn die Verkehrsbelastung in und um den Tunnel sei schon jetzt deutlich zu hoch. Regelmäßig hätten laut Haber schon kleinere Probleme verheerende Auswirkungen auf die Straßen in Regensburg. „Alles steht“, sagt er. Und das stelle auch die Handwerker gerade in Zeiten großer Nachfrage und knapper Ressourcen vor viele weitere Probleme.
Der Handwerkspräsident verdeutlicht: „Homeoffice ist für unsere Branche keine Option.“ Der Heizkessel lasse sich eben nicht per Fahrrad oder Bus zum Kunden bringen. „Für uns ist es aktuell keine Lösung, Antworten auf die drängenden Fragen erst später zu geben, wenn die Probleme noch größer und unerträglicher für Bürger, Mitarbeiter und Betriebe werden und weitere Schlüsselprojekte dann vielleicht immer noch nicht fertig sind“, erklärt der Präsident der ostbayerischen Handwerkskammer.
Verkehrs-Chaos vermeiden
Die jetzigen Planungen dürfen nach Worten Habers nicht dazu führen, dass Ostbayern mit aufgeschobenen Maßnahmen „über mehrere Jahrzehnte in Dauerbaustellen und Megastaus“ versinkt. „Das kann und darf sich ein Wirtschaftsstandort wie die Region Regensburg auf Dauer nicht mehr leisten“, so der Kammerpräsident. Unter den ungelösten Problemen würden zu viele Betriebe in der Oberpfalz bis hinein nach Niederbayern leiden. Viele Unternehmen „werden in Zukunft den Problembereich Regensburg meiden“, fürchtet er. „Das kann für eine prosperierende Region wie Regensburg nicht die Lösung sein.“
obx News / RNRed