Wartezeiten von über zehn Jahren auf ein Spenderorgan sind Realität in Deutschland. Anlässlich des Tags der Organspende zeigt das Universitätsklinikum Regensburg den aktuellen Forschungsstand auf und erklärt, warum sich jeder Gedanken über einen Organspendeausweis machen sollte.
In ganz Deutschland warten Betroffene derzeit auf eine Organspende. Dabei betragen die Wartezeiten auf ein Spenderorgan zum Teil über zehn Jahre, was für viele Betroffene zu lange ist. Anlässlich des Tags der Organspende am vergangenen Samstag, den 04. Juni, gibt das Universitäre Transplantationszentrum Regensburg des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) einen aktuellen Überblick über die Lage in Deutschland, zeigt den Forschungsstand sowie mögliche Alternativen auf und erklärt, warum es so wichtig ist, sich Gedanken über einen Organspendeausweis zu machen.
Nierentransplantation statt Dialyse
In Deutschland sind aktuell rund 100.000 Patienten auf eine chronische Dialysebehandlung angewiesen, um überleben zu können. Dies bedeutet drei Mal pro Woche für mehrere Stunden an die Dialyse. Jede Woche. Auch wenn in Deutschland alle Betroffenen Zugang zu qualitativ hochwertiger Therapie erhalten, bedeutet die Dialyse auf Dauer ein kontinuierliches Fortschreiten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie eine enorme Einschränkung der Lebensqualität. Die bessere Alternative mit einer höheren Lebenserwartung und –qualität wäre daher eine Nierentransplantation.
30 Prozent warten vergebens
Aufgrund des immer noch größer werdenden Organmangels können aktuell allerdings nur noch weniger als 2.000 Nierentransplantationen jährlich durchgeführt werden. Davon erfolgen rund 1.500 Transplantationen nach einer postmortalen Organspende. Und obwohl nur noch 6.600 Patientinnen und Patienten zur Transplantation gelistet sind, wartet jede Patientin und jeder Patient im Normalverfahren im Schnitt bereits zehn Jahre. 30 Prozent der Wartelistenpatienten warten sogar vergebens.
Nicht einmal jeder Tausendste spendet
„Auch am Transplantationszentrum Regensburg sind die Transplantationszahlen rückläufig. Waren 2010 noch über 80 Nierentransplantationen möglich, so wurden die letzten Jahre jeweils nur noch weniger als 50 Patienten transplantiert“, ergänzt Professor Dr. Bernhard Banas, Leiter des Universitären Transplantationszentrums Regensburg am UKR. Grund für diese Situation ist die niedrige Organspenderate in Deutschland, 2021 gab es insgesamt nur 933 Organspender. Professor Banas macht deutlich: „Das heißt, nicht einmal jeder tausendste Verstorbene spendete seine Organe. In anderen europäischen Ländern sind es zwei- bis viermal mal so viele.“
Suche nach Alternativen
Notwendig ist deshalb auch die Suche nach Alternativen.Eine Option zur postmortalen Organspende ist die Nierenlebendspende. Deutschlandweit wurde dieses Verfahren 2021 475 Mal durchgeführt. PD Dr. Daniel Zecher, Internistischer Programmverantwortlicher Nierentransplantation am UKR, führt aus: „Viele Dialysepatienten und deren Angehörige stellen sich bei uns im Transplantationszentrum explizit mit der Bitte um Durchführung einer Lebendnierentransplantation vor.“
Aufklärung und Langzeit-Betreuung bei Nierenlebendspende
Diese ist in Deutschland streng reguliert und nur bei bester Gesundheit des potentiellen Lebendspenders möglich. „In Regensburg erfolgen knapp ein Drittel aller Nierentransplantationen nach einer Nierenlebendspende. Eine bestmögliche Aufklärung und Langzeit-Betreuung sowohl der Spender als auch der Empfänger sind dabei von entscheidender Bedeutung. Denn auch, wenn man bei entsprechend strenger Auswahl der Spender mit einer Niere sehr gut leben kann, ist die Nierenfunktion niedriger als vor der Spende. Es muss deswegen streng darauf geachtet werden, dass die Spender nicht durch Entwicklung von Übergewicht oder Bluthochdruck im Laufe ihres Lebens die eigene Nierengesundheit gefährden. Daher ist eine gründliche Nachsorge der Spender von größter Bedeutung und wird gerade hier am UKR von den beteiligten Ärzten sehr ernst genommen“, führt PD Dr. Zecher weiter aus.
Übertragungen von Tierorganen auf Menschen
Aber auch an weiteren innovativen Lösungen wird intensiv geforscht. Ob man in wenigen Jahren Nieren nachwachsen lassen kann, ist heute noch unklar. Klinische Realität sind seit kurzem erste Xenotransplantationen, das heißt, Übertragungen von Tierorganen auf den Menschen. Deutschland ist hier in der Forschung mit führend, eine Anwendung in der Klinik ist allerdings noch in weiter Ferne.
Organspendeausweis: eine Entscheidung, die Leben retten kann
Zum Tag der Organspende formulieren Professor Banas und PD Dr. Zecher daher den dringenden Appell: „Bitte machen Sie sich zu Lebzeiten Gedanken, ob nach Ihrem Tod Organe entnommen werden dürfen, damit andere Patienten weiterleben können. Und bitte teilen Sie dies Ihren Angehörigen mit und dokumentieren Sie Ihre Entscheidung auf einem Organspendeausweis.“
Universitätsklinikum Regensburg / RNRed