Warum so ein paar Würmchen – zumindest in unseren Breitengraden – kein großes Problem darstellen und welche es da so gibt, erklärt Dr. Heinz Lehman im folgenden Gastbeitrag.
Allein das Gefühl, unerwünschte und zugegeben ziemlich eklige Mitbewohner im Körper zu haben, dürfte schon scheußlich genug sein. Zudem kann einen dann ein schlechtes Gewissen wegen mangelnder Hygiene plagen. Muss aber nicht sein, denn damit hat ein Wurmbefall in aller Regel nichts zu tun. Denn je höher der Hygienestandard einer Population ist, desto schwieriger ist eine Ansteckung. In Deutschland sind deswegen nur noch wenige Wurmarten verbreitet, die im Ansteckungsfall meist keine weitreichenden Spätfolgen verursachen.
Die bekanntesten Wurmarten sind lange symptomlos und können bei Entdeckung problemlos medikamentös behandelt werden. Kindergarten- und Grundschulkinder sind am häufigsten betroffen und schmuggeln die kleinen Parasiten in den heimischen Familienbetrieb mit ein. Doch von welchen Würmern sprechen wir eigentlich? Im Folgenden stellen wir die am weitesten verbreiteten Arten in den hiesigen Gefilden vor:
Madenwurm (Enterobius vermicularis, Oxyuris vermicularis)
Dabei handelt es sich um einen parasitär lebenden Fadenwurm, der sich weltweit in den Eingeweiden einnistet, vor allem in Gebieten mit gemäßigtem Klima und am liebsten bei Kindern. Die Aufnahme erfolgt meist fäkal-oral, das heißt durch Gegenstände oder Nahrungsmittel, die mit Fäkalien verunreinigt sind oder durch Reste von Fäkalien an der Körperoberfläche, beispielsweise an den Händen, mit denen die Eier der Würmer zum Nächsten weitergereicht werden.
Da die Eier recht klein sind, können sie auch aus Versehen eingeatmet werden, zum Beispiel beim Ausschütteln von Kleidung oder Bettwäsche. Aus dem so aufgenommenen Ei schlüpfen schon nach etwa sechs Stunden die ersten Larven. Sie machen sich auf den Weg zum Dünndarm und setzen sich dort an der Wand fest. Nach etwa zwei bis drei Wochen sind die Würmer ausgewachsen, geschlechtsreif und besitzen ihre längliche, weiße Form.
Männchen bringen es auf etwa drei Millimeter Körperlänge, während Weibchen es bis auf stattliche 13 Millimeter bringen können. Hat sich ein Weibchen gepaart, schlüpft es vor allem nachts aus dem Enddarm und legt in den Analfalten seine Eier ab. Dies führt zu einem unangenehmen Juckreiz an genannter Stelle. Sollten diese Eier abfallen oder abgekratzt werden, sind sie an der Luft noch bis zu drei Wochen überlebensfähig. Häufig werden betroffene Kinder aufgrund ihrer Klagen über nächtlichen analen Juckreiz ausgemacht oder die Würmer werden im Stuhl oder um den After herum entdeckt.
Der Madenwurmbefall ist nicht so gefährlich wie der anderer Wurmarten, da diese sich nicht in den Blutkreislauf begeben oder sich an anderen Organen wie dem Darm festsetzen.
Spulwurm (Ascaris lumbricoides)
Diese Wurmart ist vor allem in Ländern mit niedrigen Hygienestandards verbreitet. Die unreifen Eier werden zunächst vom betroffenen Wirt mit dem Stuhl ausgeschieden und müssen daraufhin einige Zeit in der Erde reifen, bevor sie den nächsten Wirt befallen. Meist erfolgt die Aufnahme über durch Erde verunreinigte Lebensmittel wie Salat, Obst oder ungekochtem Gemüse.
Die reifen Eier können so in den Dünndarm gelangen, wo sie ausreifen. Dann bohren sie sich durch die Darmwand und gelangen in den Blutkreislauf, von dem sie sich zur Lunge transportieren lassen. Dort angekommen werden sie hochgehustet und zumeist erneut geschluckt. In der Folge entwickeln sie sich im Darm zu geschlechtsreifen Würmern, deren Eier über den Darm ausgeschieden werden, um womöglich so entdeckt zu werden. Aufgrund des Reifungsprozesses unter der Erde ist keine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch möglich.
Bei schwerem Befall kann es zum Teil zu heftigen Symptomen kommen: Starker Hustenreiz, krampfartige Bauchschmerzen, Darmverschlüsse, allergische Reaktionen der Haut und der Atemwege können mögliche schwere Folgen eines Befalls sein.
Bandwürmer
Zu diesen zählen verschiedene Arten wie der Fischbandwurm (Diphyllobothrium datum), der Hundebandwurm (Echinococcus granulosus), der Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis), der Rinderbandwurm (Taenia saginata) und der Schweinebandwurm (Taenia sollum). Diese Plattwürmer werden durch den Verzehr von verunreinigten Lebensmitteln wie Fleisch oder Fisch, Waldbeeren oder Pilzen oder generell am Boden wachsenden Gemüse- oder Obstsorten aufgenommen. Auch Haustiere, die sich ihren Auslauf mit Wild- oder Weichtieren teilen, können die Eier im Fell mit nach Hause tragen.
Im Darm reifen die Eier zu geschlechtsreifen Würmern, die sich untereinander vermehren und erneut Eier legen. Diese werden ausgeschieden und gelangen zunächst durch erneuten Verzehr durch einen Zwischenwirt in dessen Darm. Dort entstehen Larven, die die Darmwand durchdringen, um sich durch den Blutkreislauf im gesamten Körper zu verteilen. In bestimmten Organen angekommen entwickeln sie sich in kleinen flüssigkeitsgefüllten Bläschen, den Finnen, weiter. Durch Verzehr des mit Finnen verseuchten Fleisches des Zwischenwirtes, kommt es im Endwirt zur erneuten Entstehung geschlechtsreifer Würmer.
Die Symptome bei Befall können ähnlich wie die bei Spulwurmbefall aussehen. Bei einem Befall mit dem Hunde- oder Fuchsbandwurm kann es auch zu schweren Verläufen kommen. Ersterer kann sich in der Lunge festsetzen und dort Beschwerden verursachen, letzterer hingegen greift die Leber an und kann dort im Verlauf für schwere Gewebeschäden sorgen. In seltenen Fällen kann es durch die genannten Bandwurmarten zu einer sogenannten Echinokokkose kommen. Denn der Befall mit Finnen kann in seltenen Fällen auch die Nieren, das Gehirn oder die Knochen betreffen und durch ein zum Teil tumorähnliches Wachstum schwere Gewebsschäden verursachen. Diese Finnen sind durch Medikamente oftmals nicht ausreichend therapierbar und müssen sodann chirurgisch entfernt werden.
Um eine Ansteckung zu vermeiden, sollten folgende Regeln beherzigt werden:
- Der Rohverzehr von Fleisch und Fisch sowie von mit Fäkalien gedüngtem Gemüse und Obst sollte vermieden werden.
- Beeren und Waldpilze vor Verzehr immer möglichst gründlich mit Warmwasser reinigen.
- Nach dem Gang zur Toilette und nach dem Spielen im Freien ist insbesondere bei Kindern auf Händewaschen zu achten.
- Auch Haustiere sollten nicht mit rohem Fleisch gefüttert werden und Fell und Kot regelmäßig auf Wurmbefall, im Zweifel durch den Veterinärmediziner, kontrolliert werden.
Hausarzt aufsuchen
Sollten sie passende Symptome oder Nachweise bei sich selbst oder Familienmitgliedern entdecken, suchen Sie am besten den Hausarzt Ihres Vertrauens auf und lassen Sie sich über das nötige Prozedere informieren. Es wird alles nicht so heiß gegessen, wie es gereinigt werden sollte und in Nullkommanix haben sie die kleinen Mitbewohner nachhaltig beseitigt!
Wir hoffen, bei Ihnen ist weder im wörtlichen noch im übertragenen Sinne „der Wurm drin“ und wünschen einen entspannten Start in den Sommer!
Gastbeitrag Dr. med. Heinz Lehmann