Prof. Dr. Michael Sterner von der OTH Regensburg ist überzeugt, ohne Importe aus dem Ausland die Gasspeicher in Deutschland zu zwei Dritteln füllen zu können. Mit welchem Ansatz er das schaffen will und warum das von ihm geleitete Forschungsprojekt ORBIT daher aktuell für den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft nominiert ist.
Die Gasspeicher in Deutschland zu zwei Dritteln füllen – ohne Importe aus dem Ausland, dafür mit heimischem, grünem Gas und unter Nutzung der bestehenden Gasinfrastruktur: Prof. Dr. Michael Sterner von der OTH Regensburg hält das für möglich und realistisch. Das von ihm geleitete Forschungsprojekt ORBIT ist jetzt für den Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft 2022 in der Kategorie anwendungsorientierte Forschung nominiert worden. Sterner hofft, dass die Nominierung ein „Signal an die Politik ist, dass heimisches, grünes Gas etwas wert ist“.
Für schnelle Versorgungssicherheit und Klimaschutz
Sterner ist sich sicher: Mit der von ihm mitentwickelten Technologie lassen sich die Erträge aus Biogasanlagen verdoppeln. „Wenn wir schnell Versorgungssicherheit und Klimaschutz haben wollen, dann ist das die Option der Wahl“, sagt der Ko-Leiter der Forschungsstelle für Energienetze und Energiespeicher (FENES) an der OTH Regensburg.
Im Projekt ORBIT geht es im Kern um den Einsatz einer Power-to-Gas-Anlage im industriellen Maßstab. Archaeen – das sind Mikroorganismen – übernehmen die zentrale Aufgabe der Methanisierung und wandeln Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff in Methan und Wasser um. Michael Sterner erläutert es plastisch: „Die Mikroorganismen verfuttern CO2 und Wasserstoff zu Methangas. Das ist genau das, was wir brauchen, um das bereits vorhandene Netz der Gasversorgung nutzen zu können.“
Gemeinsam von der Grundlagenforschung zur Anwendung im Realbetrieb
Im ersten Teil des Forschungsprojekts ORBIT war es dem Professor und zahlreichen Kooperationspartnern wie den Universitäten Regensburg und Nürnberg-Erlangen gelungen, binnen drei Jahren von der Grundlagenforschung zur Anwendung im Realbetrieb zu gelangen. Dabei arbeiten alle deutschen Hersteller der Biomethanisierung gemeinsam an der Weiterentwicklung zusammen. In ORBIT II wird der Bioreaktor, in dem die Archaeen arbeiten, unter anderem um einen Elektrolyseur erweitert und in eine skalierbare Containerlösung umgebaut.
Bereits Standort für Feldtest gewählt
Standort für den Feldtest der erweiterten Methanisierung ist das Klärwerk in Pfaffenhofen an der Ilm. Die Anlage dort wir ausschließlich mit vor Ort erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen versorgt. Alle Stoff- und Energieströme werden vor Ort genutzt, das erhöht Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Über die Bürgerenergie-Genossenschaft Pfaffenhofen wird die Bevölkerung in das Projekt eingebunden.
Nominierung sei „ein Ritterschlag der Gaswirtschaft“
Michael Sterner macht keinen Hehl daraus, dass es auf dem Weg zum Einsatz der Technologie im großen Stil noch Forschungsbedarf gibt. Aber er macht deutlich: „Wenn wir das vorhandene Potenzial nutzen würden, über unsere ORBIT-Technologie und Power-to-Gas, dann könnten wir locker zwei Drittel unser Gasspeicher füllen mit heimischem, grünem Gas und damit auch mehr Unabhängigkeit in der Gasversorgung schaffen.“ Die Nominierung für den Innovationspreis sei daher „ein Ritterschlag der Gaswirtschaft und ein deutliches Signal an die Politik, diese Technologien in den Krisenzeiten mehr in den Fokus zu nehmen und umzusetzen“.
Partner im Forschungsprojekt ORBIT II sind die Universität Regensburg mit dem Lehrstuhl für Mikrobiologie und dem dort angesiedelten Archaeenzentrum, der Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg sowie die Industrieunternehmen Ostermeier H2ydrogen Solutions GmbH und Schott AG.
„Ideen und Mut zum Wandel“ ausgezeichnet
Ob ORBIT II tatsächlich ausgezeichnet wird, steht am 12. Oktober 2022 fest. Dann wird der Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft in Berlin verliehen. Gefördert werden sollen laut Veranstalter „Ideen und Mut zum Wandel, um unser Energiesystem hin zur Klimaneutralität zu transformieren“. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert.
OTH Regensburg/Michael Heberl