Neben angeborenen Lymphödemen leiden viele Patientinnen und Patienten auch nach einer Tumoroperation an der oft sehr schmerzhaften Erkrankung, die die Lebensqualität stark einschränkt. Neben Behandlungen wie Lymphdrainagen eröffnet die Supermikrochirurgie nun ganz neue Möglichkeiten, Lymphödeme zu behandeln.
Der Krebs ist besiegt, doch das Leid geht weiter: rund ein Viertel aller Brustkrebspatientinnen erkrankt nach einer Operation an einem Lymphödem. Am Caritas-Krankenhaus St. Josef finden diese Patientinnen Hilfe. Deshalb werden im deutschlandweit einzigen zertifizierten Zentrum für Lymphchirurgie neben Behandlungen wie Lymphdrainagen weitere Behandlungsmöglichkeiten angeboten. Mit Hilfe moderner Supermikrochirurgie können Lymphknoten transplantiert oder Lymphgefäße umgeleitet werden.
Bei Operation oder Chemotherapie beschädigt
„Etwa vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem Lymphödem. Dieses kann angeboren sein, ist aber in der Mehrheit der Fälle eine schwerwiegende Nebenwirkung einer Tumoroperation, bei der Lymphknoten oder Lymphgefäße entfernt oder aufgrund von Chemotherapie beschädigt worden sind“, erklärt Dr. Norbert Heine. Er ist Leitender Oberarzt im Team von Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl, dem Direktor der Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie.
Betroffene können Beruf und Alltag oft nicht mehr bewältigen
Ist das Lymphsystem gestört, kann die Lymphflüssigkeit nicht mehr abfließen und staut sich im umliegenden Gewebe. Die betroffenen Gliedmaßen – nach einer Brustkrebsoperation sind das die Arme, nach einer Operation im Bauchraum die Beine – werden schwer und schwellen an. Mit der Zeit verstärken sich die Symptome und die Patienten leiden zunehmend unter Schmerzen. Im fortgeschrittenen Stadium sind Patienten mit einem Lymphödem von der krankhaften Veränderung so beeinträchtigt, dass sie ihren Beruf oder auch ihren Alltag kaum mehr bewältigen können.
Mit bloßem Auge kaum zu erkennen
„Bis vor wenigen Jahren konnten wir so feine Strukturen nicht operieren. Daher blieben Betroffenen nur konservative Maßnahmen wie Lymphdrainagen und Kompressionsbehandlungen. Doch diese reichen in vielen Fällen nicht aus, die Patienten leiden weiter“, erklärt Dr. Heine. „Mit der Lymphchirurgie haben sich in den letzten Jahren ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Wir sind seitdem in der Lage, Lymphknoten zu transplantieren, oder mit einer sogenannten lympho¬venösen Anastomose noch intakte Lymphgefäße mit Venen zu verbinden und so die Flüssigkeit, die ins Gewebe sickern würde, in den Blutkreislauf umzuleiten. Auch eine Kombination beider Verfahren ist möglich“, berichtet der Plastische Chirurg. Die Lymphflüssigkeit kann danach wieder frei fließen, die betroffenen Extremitäten schwellen ab und die Patienten gewinnen ein großes Maß an Lebensqualität zurück.
Das OP-Verfahren wird jedoch nur in wenigen großen Zentren in Deutschland angeboten. Dafür brauche es laut dem Krankenhaus St. Josef in Regensburg nicht nur modernste Technik – von hochauflösenden Fluoreszenzkameras bis hin zum Spezialmikroskop, das allein mehr als eine halbe Million Euro kostet. Es brauche auch fachlich große Expertise. „Wir bewegen uns hier im Bereich der Supermikrochirurgie. Die Lymphgefäße haben einen Außendurchmesser von 0,5 bis 1 mm. Der Faden, mit dem wir nähen, ist mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen“, sagt Dr. Heine.
Als Zentrum für Lymphchirurgie zertifiziert
Seit kurzem ist das Zentrum als erstes in Deutschland nach DIN EN ISO zertifiziert. „Gerade bei so feinen Strukturen spielt Qualität eine entscheidende Rolle. In zertifizierten Einrichtungen können sich Patienten sicher sein, dass stetig an Prozessen und Strukturen gearbeitet wird, um das bestmögliche Behandlungsergebnis erzielen zu können. Daher nehmen wir den Aufwand, der damit verbunden ist, gern in Kauf.“
Betroffene können unter der Rufnummer 0941/782 3111 einen Termin in der Sprechstunde des Zentrums für Lymphchirurgie vereinbaren.
Krankenhaus St. Josef / RNRed