An Endometriose – also Wucherungen von Gewebe außerhalb der Gebärmutter – erkranken etwa zwei bis 15 Prozent aller Frauen während ihrer geschlechtsreifen Lebensjahre. Damit zählt Endometriose zu den häufigsten gynäkologischen Erkrankungen. Trotzdem ist darüber noch wenig bekannt und im Schnitt vergehen in Deutschland immer noch sechs bis acht Jahre, bis die Krankheit diagnostiziert wird.
Entstehung der Krankheit noch nicht umfassend geklärt
Doch was ist Endometriose? „Bei den Wucherungen handelt es sich zwar um gutartige Gewebeansammlungen, viele Betroffene leiden allerdings unter starken Schmerzen. Auch an einem unerfüllten Kinderwunsch ist nicht selten eine Endometriose schuld“, berichtet Dr. med. Heidi Gößlinghoff, Frauenärztin und Kinderwunschexpertin.
Der Begriff Endometriose leitet sich vom lateinischen Wort Endometrium für Gebärmutterschleimhaut ab. Zur Ansiedlung des gebärmutterschleimhautähnlichen Gewebes kann es außerhalb des Uterus kommen, zum Beispiel im Bauchraum oder in den Eierstöcken. Am häufigsten finden sich solche Endometrioseherde im kleinen Becken auf dem Bauchfell, den Eileitern, den Eierstöcken oder in der Gebärmuttermuskulatur. Es gibt auch Ausnahmefälle, in denen die Wucherungen in den Nachbarorganen der Gebärmutter, also Blase oder Darm, auftreten. Eine umfassende Erklärung für die Entstehung der Krankheit gibt es noch nicht. Allerdings gibt es in der Wissenschaft mehrere Erklärungsmodelle.
Micro-Verletzungen der Gebärmutterschleimhaut
„Nach der Transplantationstheorie entsteht Endometriose aus Gebärmutterschleimhautzellen, die sich außerhalb der Gebärmutterhöhle ansiedeln. So wandern Endometriumzellen im Regelblut über Eileiter in die Bauchhöhle oder über Lymph- und Blutgefäße in andere Organe. Auch nach Operationen an der Gebärmutter kann eine Verschleppung der Zellen zu Endometrioseherden führen“, erklärt Dr. Gößlinghoff. Nach der Metaplasietheorie entstehen Endometrioseherde aus Zellen, die während der embryonalen Entwicklung die Bauchhöhle auskleiden und die Fähigkeit behalten, sich infolge besonderer Reize wie weiblicher Hormone zu verändern. Nach der Archimetratheorie ist Endometriose Folge einer Erkrankung der Gebärmutter, bei der es zu Micro-Verletzungen der Gebärmutterschleimhaut kommt. Im Rahmen der Wundheilungsprozesse kommt es zu einer Aktivierung von Stammzellen, die in die Muskelwand der Gebärmutter oder durch den Eileiter in den Bauchraum gelangen und sich zu Wucherungen entwickeln.
Schwangerschaften reduzieren Risiko
Wichtigster Risikofaktor für Endometriose stellt die Menstruation dar. Vor allem Frauen, die früh ihre Regelblutung bekommen und spät in die Wechseljahre gehen, haben ein erhöhtes Risiko. Gleiches gilt für Frauen mit kurzen Blutungsabständen oder langer Blutungsdauer und jene, die von Anfang an unter extrem schmerzhaften Regelblutungen leiden. Mit jeder ausgetragenen Schwangerschaft verringert sich wiederum das Risiko, an Endometriose zu erkranken. Zu typischen Beschwerden der Krankheit zählen Regelschmerzen, Unterbauchschmerzen oder auch Beschwerden beim Sexualverkehr. Auch Organschäden wie Darmverengungen können infolge einer Endometriose auftreten, sind aber sehr selten. „Zudem stellen die Wucherungen mitunter ein mechanisches Hindernis für den Eintritt einer Schwangerschaft dar. Teilweise verkleben die Eileiter oder die Überaktivität der Gebärmuttermuskulatur, die bei Endometriose zu beobachten ist, stört den Spermien- oder Eitransport. Häufig ist auch die Eizellreserve verringert, wodurch die Wechseljahre schneller eintreten. Etwa 30 bis 50 Prozent der Frauen leiden unter einem unerfüllten Kinderwunsch“, erklärt die Frauenärztin.
Endometriose-Schmerzen lindern
Haben Ärztinnen und Ärzte einen Verdacht auf eine Endometriose, sollte eine Bauchspiegelung zur Diagnosesicherung durchgeführt werden. Im Ultraschall ist eine Endometriose nur selten zu sehen. Sollte sich hier der Verdacht bestätigen, geht es in der Therapie von Betroffenen vor allem um die Verbesserung der Lebensqualität – durch die Behandlung von Schmerzen oder ungewollter Kinderlosigkeit. Denn eine Heilung der Krankheit ist bisher nicht möglich. Um die Schmerzen der Patientinnen zu lindern, bieten sich medikamentöse Therapien mit Schmerzmedikamenten oder Hormonen an. Letztere bremsen oder verhindern sogar das Wachstum beziehungsweise die Neuansiedlung von Endometrioseherden. Durch eine operative Entfernung des Gewebes können Schmerzen reduziert und die Fruchtbarkeit etwas verbessert werden. Außerdem liegt ein Vorteil darin, dass die chronische Entzündung abebbt und damit ein Stressor verschwindet, der sich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirken kann.
Kinderwunsch im Fokus
Endometriose verringert die Fruchtbarkeit von Frauen um 50 Prozent. Doch grundsätzlich können sie schwanger werden. „Gerade bei jüngeren Patientinnen mit einer mäßigen Endometriose kann es manchmal reichen, den Zyklus zu beobachten und die fruchtbaren Tage zu identifizieren. Außerdem unterstützt auch ein gesunder Lebensstil den Kinderwunsch der Betroffenen“, sagt Dr. Gößlinghoff und ergänzt: „Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte sind reich an Nähr- und Ballaststoffen, die helfen können, den Körper zu entgiften. Durch Omega-3-Fettsäuren, die beispielsweise in Fisch, Leinöl, Walnüssen oder Chia-Samen enthalten sind, lassen sich Entzündungen mitunter reduzieren. Alkohol und Koffein können die Symptome von Endometriose hingegen verschlimmern und Lebensmittel mit Omega-6-Fettsäuren und Transfetten wie raffinierte Öle, Fast Food oder verarbeitete Lebensmittel fördern Entzündungen im Körper sogar.“
Bei einigen Frauen erfüllt sich der Kinderwunsch trotz gesundem Lebensstil und Geduld auch nach längerer Zeit nicht. „In diesen Fällen ist es sinnvoll, sich für die weitere Abklärung an eine Kinderwunschklinik zu wenden. Dort lässt sich untersuchen, ob die Endometriose gegebenenfalls gar nicht der Grund für die Unfruchtbarkeit ist beziehungsweise wie sich der Kinderwunsch trotz Endometriose erfüllen lässt“, sagt Dr. Gößlinghoff abschließend.
Borgmeier Public Relations / RNRed