Egal ob körperlich oder psychisch: Häusliche Gewalt ist in auch in Bayern immer noch weit verbreitet. Darum veranstaltete der Regensburger „Runde Tisch gegen häusliche Gewalt“ einen großen Fachtag zum Umgangsrecht im Kontext häuslicher Gewalt. Dabei wurden Vorträge gehalten, Kontakte geknüpft und Konzepte für die Zukunft vorgestellt.
Die Organisation „Runder Tisch gegen häusliche Gewalt“ in Regensburg führte am 24. Mai einen Fachtag zum Umgang mit häuslicher Gewalt durch. Denn leider ist es auch heute noch eine Tatsache, dass es in erster Linie Frauen und Kinder sind, die in häuslichen Gemeinschaften von Gewalt betroffen sind. Studien zeigen, dass in Deutschland jede vierte Frau Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Man kann außerdem davon ausgehen, dass in Deutschland jedes fünfte Kind in einem Haushalt aufwächst, in dem es regelmäßig zu Gewalt kommt. Die in Deutschland bereits seit 2018 in Kraft getretene Istanbul-Konvention verpflichtet deshalb sowohl die staatlichen Behörden als auch die Rechtspraxis, gewalttätige Vorfälle bei einer Entscheidung zum Sorge- oder Umgangsrecht zu berücksichtigen.
Fachtag ausgebucht
Dieser Verantwortung nahm sich jetzt der Regensburger Runde Tisch gegen häusliche Gewalt an. Zum Fachtag waren insbesondere Familienrichterinnen und Familienrichter, Anwältinnen und Anwälte, Fachkräfte der Jugendämter, Erziehungsberatungsstellen und Frauenhäuser, Verfahrensbeistände und Fachleute der Polizei eingeladen, sich intensiv mit den Folgen von häuslicher Gewalt für Kinder zu beschäftigen. Mit über 175 Anmeldungen war der Fachtag, der im Casino der REWAG stattfand, ausgebucht.
Risiko unter anderem für Depressionen und Schlafstörungen erhöht
Dr. Sandra Dlugosch vom Sozialdienst Katholischer Frauen in München schilderte in ihrem Vortrag anschaulich, in welchem Netz aus Angst, Ohnmacht und Hilflosigkeit Kinder und Jugendliche gefangen sind, die häusliche Gewalt miterleben müssen. Sie sind nicht nur dabei, wenn ihre Väter ihre Mütter psychisch unter Druck setzen, demütigen oder es gar zu körperlichen Übergriffen kommt, sondern sie sind auch selbst unmittelbar von der Gewalt betroffen und durch die miterlebte Gewalt in ihrer Entwicklung gefährdet. Studien zeigen, dass für diese Kinder das Risiko signifikant erhöht ist, in ihrem Leben zu erkranken oder erhebliche soziale Nachteile zu erleiden. So ist insbesondere das Risiko für Schlafstörungen, Depressionen, Angstzustände, posttraumatische Belastungszustände, aber auch kognitive Beeinträchtigen deutliche erhöht.
Spezieller Leitfaden zum Schutz der Kinder
Im Anschluss an diesen Vortrag klärte Ulrike Sachenbacher, Abteilungsleiterin am Familiengericht München, darüber auf, welche rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Regelung von Besuchskontakten zu beachten sind, wenn es Müttern gelungen ist, sich aus der gewalttätigen Partnerschaft zu lösen. Sie berichtete auch, wie am Familiengericht München in Fällen häuslicher Gewalt versucht wird, mittels eines speziellen Leitfadens den Schutz der Kinder sicherzustellen.
Spezielles Beratungskonzept von Expertin
Schließlich stellten Ursula Geiger-Gronau von der Beratungsstelle der Frauenhilfe München und Dominik Fischer vom Männerinformationszentrum München ihr Beratungskonzept vor, das speziell auf Fälle von häuslicher Gewalt abgestimmt ist. Eltern werden im Rahmen einer zunächst getrennten Beratung – die dann behutsam zu einer gemeinsamen Beratung ausgedehnt wird – in die Lage versetzt, die Bedürfnisse ihrer Kinder zu erkennen und wieder Erziehungsverantwortung für ihre Kinder zu übernehmen. Daneben werden die von Gewalt betroffenen Frauen stabilisiert und gestärkt, sowie die Männer befähigt, Verantwortung für ihre Gewalt zu übernehmen und ihr Verhalten zu ändern.
Der Regensburger Runde Tisch gegen häusliche Gewalt will sich auch in Zukunft dem Schutz von Kindern annehmen, die von häuslicher Gewalt betroffen sind. So soll im Anschluss an den Fachtag überlegt werden, wie die Professionen, die mit häuslicher Gewalt zu tun haben, im Einzelfall noch besser vernetzt und die Verfahren optimiert werden können.
Hintergrund zum „Runden Tisch gegen häusliche Gewalt“:
Seit 2000 arbeiten verschiedene Professionen beim Regensburger Runden Tisch gegen häusliche Gewalt als Fachgremium gemeinsam daran, die Hilfsstruktur für von Gewalt betroffene Frauen im Raum Regensburg zu verbessern und durch gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit das Thema häusliche Gewalt nachhaltig in die öffentliche Diskussion einzubringen. Mitglieder des Runden Tisches sind alle in Stadt und Landkreis Regensburg am Thema „Gewalt gegen Frauen“ arbeitende Facheinrichtungen wie die Frauenhäuser, der Frauennotruf, einschlägige Beratungsstellen (u.a. der Kontakt e.V. und der Weiße Ring), Jugendämter, Gleichstellungsstellen aber auch zum Beispiel der deutsche Ärztinnenbund oder Instanzen wie die Justizbehörden und die Polizei.Stadt Regensburg/RNRed