Mehr als 300.000 EU-Bürger:innen setzen sich in einer aktuellen Petition vehement für die Ernennung eines speziellen EU-Kommissars für Tierschutz ein und fordern, die Europäische Kommission stärker in die Verantwortung für den Tierschutz zu nehmen. Deutschland kann mit Novellierung des Tierschutzgesetzes als wichtiges EU-Land eine Vorreiterrolle für Europa übernehmen.
Mehr als 300.000 EU-Bürger:innen fordern in einer aktuellen Petition einen EU-Kommissar für Tierschutz. Die von der Leyen-Kommission ist nur noch etwas mehr als ein halbes Jahr im Amt, bevor eine neue Kommission gebildet wird. Die Anhörungen dazu finden nach den Wahlen des Europäischen Parlaments 2024 statt.
Bürger sehen Europäische Kommission in der Verantwortung
Die Petition wurde am 24. Oktober von einer von GAIA (Global Action in the Interest of Animals) geleiteten Gruppe übergeben, der auch die globale Tierschutzorganisation VIER PFOTEN angehört. Die Bürger:innen fordern darin einen stärkeren Tierschutz und sehen eine „symbolische Verpflichtung" der nächsten Europäischen Kommission, diese zu ihren Kernaufgaben und -werten der nächsten fünf Jahre zu machen. Die Petition fordert weiterhin, dass dem Tierschutz mehr Bedeutung beigemessen wird, indem diese Verantwortung ausdrücklich im Namen der entsprechenden Generaldirektion und im Titel des dafür zuständigen EU-Kommissars verankert wird.
Vier Pfoten bemängelt schlechte Umsetzung
Corinna Reinisch, Programmleiterin für den Schutz von Nutztieren bei VIER PFOTEN, sagt: „Im Jahr 2024 jährt sich das erste EU-Tierschutzgesetz zum fünfzigsten Mal, und es gibt keinen besseren Weg, dieses Ereignis zu feiern, als einen Kommissar speziell für dieses wichtige Thema einzusetzen.“
Anfang dieses Monats hat die Europäische Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2024 nur einen Bruchteil der EU-Akten zum Tierschutz und zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen aufgeführt. Nur einer der vier versprochenen Legislativvorschläge zum Tierschutz, nämlich zum Transport lebender Tiere, soll umgesetzt werden.
Wünschen der Bürger sollten umgesetzt werden
„Nach dem jüngsten Rückzieher bei den Tierschutzrevisionen brauchen wir eine konkrete Zusage, dass sich die Europäische Kommission in Zukunft an den Wünschen und Bedürfnissen der europäischen Bürgerinnen und Bürger orientiert und nicht völlig aus dem Takt gerät. Wir haben immer wieder gesehen, dass die Stärkung der Tierschutzstandards ganz oben auf der Liste der Wählerinnen und Wähler steht. Ein starkes und symbolisches Bekenntnis zum Schutz von Millionen von Tieren in der gesamten EU würde sicherstellen, dass dies ein Kernpunkt der legislativen Agenda der nächsten Europäischen Kommission wäre“, so Reinisch.
Erst vergangene Woche hat die jüngste Eurobarometer-Umfrage gezeigt, dass die Bürger:innen der Europäischen Union eine strengere Tierschutzgesetzgebung in überwältigendem Maße unterstützen. Auch die deutschen Bürger:innen sind für Verbesserungen bei der Haltung von Tieren in der Landwirtschaft. So wünschen sich laut Eurobarometer-Umfrage 90 Prozent der Deutschen mehr Tierwohl. 92 Prozent sprechen sich in der Umfrage gegen Verstümmelungen wie das Schwanzkupieren bei Tieren aus und 94 Prozent wünschen sich, dass Tiere mehr Bewegungsfreiheit in den Ställen haben.
Cem Özdemir in der Bringschuld
Die aktuelle Petition und die Ergebnisse des Eurobarometers sind auch eine deutliche Bestätigung des Arbeitsauftrags an Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, bei der aktuellen Novellierung des deutschen Tierschutzgesetzes echten Tierschutz zu verankern. Deutschland kann mit einem besseren Tierschutzgesetz als wichtiges EU-Land auch eine Vorreiterrolle für Europa übernehmen.
VIER PFOTEN / RNRed