Die Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e.V. rettet seit vielen JahrenFlüchtlinge, die den gefährlichen Weg über das Mittelmeer wagen um in Europa eine neue Heimat zu finden. Doch diese Arbeit ist oftmals mit Konflikten verbunden, wie die Festsetzung der SEA-EYE 4 durch die Italienischen Behörden zeigt.
Die Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye e.V. hat am Zivilgericht von Vibo Valentia Klage gegen die jüngste Festsetzung der SEA-EYE 4 vom 30. Oktober 2023 eingereicht. Die italienischen Behörden hatten das Schiff erneut festgesetzt, da Sea-Eye sich beim letzten Einsatz geweigert hatte, den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache zu folgen. Aus diesem Grund wurde das Schiff nun zum dritten Mal in diesem Jahr mit einer Verwaltungshaft von 20 Tagen und einer Geldstrafe von rund 3.000 Euro belegt. Wie bei den vorherigen Festsetzungen haben die Seenotretter*innen von Sea-Eye Klage gegen die unrechtmäßige Festsetzung eingereicht.
Überschreitet Italien seine Befugnisse?
Sea-Eye begründet die Klage damit, dass den italienischen Behörden zu so einem Schritt gegenüber Schiffen unter deutscher Flagge die Zuständigkeit und die Befugnisse fehlen. „Nur die deutsche Flaggenstaatsbehörde könnte Sea-Eye dafür sanktionieren, dass wir uns den Anweisungen der sogenannten libyschen Küstenwache widersetzten“, sagt Gorden Isler, Vorsitzender von Sea-Eye e.V.
Sea-Eye verurteilt aggressives Vorgehen Libyscher Schiffsbesatzung
In der Klageschrift beschreiben die Anwälte von Sea-Eye, wie rücksichtslos und brutal die Besatzung eines Schiffes unter libyscher Flagge bei einem Einsatz mit circa 50 Personen in Seenot am 27.10.2023 agierte. Dabei wurde die SEA-EYE 4 unter Androhung „militärischer Gewalt“ dazu aufgefordert, das Seegebiet zu verlassen. Weiter schildert die Klageschrift „wie die Libyer gefährliche Manöver ausführten, bei denen sie sich zwischen die SEA-EYE 4 und das Boot mit den Schiffbrüchigen schoben, letzteres umrundeten und gefährliche Wellen erzeugten“.
Vorwürfe an die Europäische Union
Die Crew der SEA-EYE 4 dokumentierte mit Videobelegen eine regelrechte Hetzjagd auf die Geflüchteten durch das libysche Schiff. Nach dem lebensgefährdenden Einsatz der sogenannten libyschen Küstenwache konnten vier Personen nur noch tot aus dem Schlauchboot geborgen werden. „Es ist ausgeschlossen, dass wir die bewaffneten, brutalen Milizen Libyens als staatlichen Akteur akzeptieren. Sie sind nicht mehr als ein Konglomerat gewalttätiger, bewaffneter Gruppierungen. Europäische Behörden müssen aufhören, den Eindruck erwecken zu wollen, als hätten wir es hier mit einem Äquivalent europäischer Küstenwachen zu tun“, so Isler.
Mit der erneuten Klage sind nun drei Verfahren gegen die italienischen Behörden anhängig. Die italienischen Behörden begründeten die ersten beiden Festsetzungen damit, dass die SEA-EYE 4 jeweils nach einem ersten Rettungseinsatz weitere Rettungen durchführte. Eine Entscheidung durch die Gerichte steht noch aus.
Über Sea-Eye e. V.
Der Verein Sea-Eye e. V. wurde 2015 in Regensburg gegründet und rettet seitdem Menschen im zentralen Mittelmeer aus Seenot. Im Herbst 2020 kaufte der Verein die SEA-EYE 4 [2], rüstete sie zum bisher größten Rettungsschiff des Vereins um und schickte sie im Mai 2021 in den ersten Rettungseinsatz. Bis heute beteiligten sich insgesamt über 1.000 ehrenamtliche Sea-Eye Crewmitglieder an der Rettung von über 17.000 Menschen.
Sea-Eye e. V. / RNRed